Kolumne Liebeserklärung: Dunja Hayali ist Journalistin
Ist die Moderatorin des ZDF-Morgenmagazins eine Politaktivistin? Eben nicht. Deswegen hat AfD-Chefin Frauke Petry ein Problem mit ihr.
M oment, was? Die Chefin der neuen Erfolgspartei hat Schiss vor der Moderatorin einer Morningshow? Zweimal ist Frauke Petry diese Woche einem Interviewtermin mit Dunja Hayali im ZDF-Morgenmagazin ferngeblieben. Zunächst hätte man noch glauben können, der AfD-Chefin stünde in ihrem Freudentaumel einfach nicht der Sinn nach so etwas Unglamourösen wie Verabredungen. Dann aber rückte sie raus mit der Sprache: Petry hat ein Problem mit Hayali.
An Interviews mit „politischen Aktivisten“ habe sie wenig Interesse, gab Petry am Donnerstag zu Protokoll. Dabei ist Dunja Hayali eben genau das nicht: Sie ist schlicht eine Journalistin, die sich vom rechten Rand nicht für fünf Pfennig beeindrucken lässt. Es war Ende Oktober, es herrschte Schockstarre ob des steigenden Zuspruchs für AfD.
Aber während man sich in Talkshows und Feuilletons noch darüber zerfranste, ob und wann, und wenn ja, wie man mit den Rechten überhaupt reden solle – könne, dürfe! –, stand die Reporterin Dunja Hayali mit dem Mikrofon und der Hand auf einer AfD-Kundgebung am Erfurter Domplatz und tat genau das: redete. Stundenlang.
Hayali zog sich rein, was die BürgerInnen über den Mörderislam, die Lügenpresse, die große Invasion zu sagen hatten – und lächelte. Sie sprach schließlich sogar mit Hobby-Rassentheoretiker Björn Höcke – und gab sich ihm gegenüber halb teilnahmslos, halb amüsiert, als läse ihr jemand hochmotiviert das Telefonbuch vor.
Die AfD nährt sich von der Gefechtshaltung, mit der die Mitte ihr begegnet. Je mehr AfD-Leute in Talkrunden angegiftet werden, desto souveräner wirken sie selbst. Dunja Hayalis Ruhe aber hat etwas Entwaffnendes. Ihre Strategie: Einfach mal ausreden lassen! Das macht sie zur Gefahr für Petry. Denn die AfD-Frau weiß: Wenn man sie reden lässt, wird sie früher oder später etwas von Substanz sagen müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen