Kolumne Liebeserklärung: Die Wiesn
Dirndl, zertrümmerte Maßkrüge und am Ende eine Entgiftungskur: Das Oktoberfest ist der wunderbare bayerische Ausnahmezustand.
N un bist du fast wieder vorbei, du geliebtes bajuwarisches Sodom und Gomorra. An diesem Wochenende schon wird die letzte Million Besucher aus München und der Welt den für dieses Jahr letzten Maßkrug mit köstlichem würzig-starken Wiesnbier selig leeren und womöglich am Ende, aus Wehmut, weil es doch so schön war und man eigentlich noch lange nicht nach Hause wollte, denselben zertrümmern.
Zum letzten Mal werden sich Menschen, die sich eigentlich gar nicht kennen, aber aus Platzmangel zufällig auf eine Bierbank quetschen mussten und dann von Maß zu Maß und von Prosit zu Prosit mehr und mehr lieben lernten, in den Armen liegen und gemeinsam ein „Heeeeeeey, hey, Baaaaby“ grölen.
Bald schon müssen die feschen Dirndl, in denen jede Frau, ganz gleich welcher Figur, gut aussieht, und die Hirschledernen, die den Männern etwas so charmant Kerniges verleihen, wieder zurück in den Schrank und dort ausharren und warten, bis es im nächsten September endlich wieder von Neuem heißt: O’zapft is.
Ich werde dich vermissen, du wunderbarer bayerischer Ausnahmezustand, in dem jeder Münchner Arbeitgeber nur milde lächelt, wenn man am Morgen mit Kopfschmerzen im Büro erscheint. Diese 16 Tage, an denen grundsätzlich schönes Wetter ist, als hätten die Wiesnwirte und die Stadtoberen Petrus höchstpersönlich ein ordentliches Bestechungsgeld gezahlt.
Ein herzliches „Vergelt’s Gott“ rufe ich dir zu auf den letzten Metern: für die wilden Fahrten durch den Nachthimmel, als unter mir die bunten Lichter blinkten, für die Plastikrosen, die an der Schießbude keiner mehr traf, und für die Küsse, die so herrlich nach gebrannten Mandeln schmeckten. Bis zum nächsten Jahr, geliebte Wiesn. Komm bald wieder. Ich mach’ jetzt erst mal eine Entgiftungskur.
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