Kolumne Kriegsreporterin: "Bumsbude" und Mettbrötchen
Das, was sich hinter der Fassade eines Stefan Raab verbirgt, enttäuscht. Hier sitzt, ähnlich wie im Hause DuMont, kein Souverän, sondern ein kleiner, beleidigter Junge.
H allo, taz-Medienredaktion!
Was ist das wirre Spiel eines Konstantin Neven DuMonts um die Mettbrötchen-Verwechslung von und mit Stefan Raab! Hatte man gespannt zugeschaut, wie der Erbe des Kölner Medien-Imperiums DuMont Schauberg sich um seine Ämter, seine Glaubwürdigkeit, wenn nicht gar seine Zurechnungsfähigkeit redet und postet, kann man jetzt dabei sein, wenn de kölsche Jung Stefan Raab an seinen Tassen im Schrank ruckelt.
In einem in mehrerer Hinsicht fragwürdigen Artikel hatte das Relevanz-Magazin Focus (Werbeslogan: "Rums, Rums, Bums!") über den Entertainer berichtet. Und dabei so allerlei veröffentlicht, was womöglich nicht den Tatsachen entspricht. Ein Foto von Stefan Raabs vermeintlichem Mettbrötchen etwa. War früher die Bild dabei, wenn gestorben wurde, ist Focus heute zur Stelle, wenn Mettbrötchen verzehrt werden, und zeigt perfekt ausgeleuchtet "sein Brötchen" in einer "Kölsch-Kneipe".
Silke Burmester berichtet für die taz von der Medienfront.
Stefan Raab, der konsequent sein Privatleben aus der Öffentlichkeit hält, hat reagiert und eine 20 Punkte umfassende Gegendarstellung im Focus erwirkt. Die korinthenkackerhafte Manier, aus der heraus Raab jedes noch so unbedeutend erscheinende Detail richtigzustellen versucht, scheint der Haltung geschuldet zu sein, der Presse ihre Grenzen aufzuzeigen, die Geschichtenmacher mit nichts durchkommen, ein Exempel statuieren zu wollen. So weit, so nachvollziehbar.
Doch der Matsch, in den Raab dafür steigt, tut auch ihm nicht gut. Richtigstellen zu wollen, dass er Mettbrötchen stets ohne Gurkenscheiben esse und nie vor einem Modellbauschiff vom Traum einer Weltumseglung gesprochen habe, liefert ein albernes Bild. Völlig unnötig trägt Raab die Mauer seiner Unantastbarkeit ab. Das, was sich dahinter verbirgt, enttäuscht. Hier sitzt, ähnlich wie im Hause DuMont, kein Souverän, sondern ein kleiner, beleidigter Junge. Pünktlich zum Karnevalsbeginn möchte man fragen, ob die jetzt alle jeck sind, in Kölle.
An dem Reifezustand einiger Köpfe darf auch weiter nördlich gezweifelt werden. Auf Spiegel Online fragt Matthias Matussek "Was ist Leitkultur?". "Claudia Schiffer oder Hammelbraten?", fasst die Redaktion zusammen, und man will gar nicht wissen, was Matussek leitet oder wohin sich bei ihm was leitet, wenn er Claudia Schiffer sieht.
Der weniger verleitete Leser fragt sich hingegen, wie man überhaupt darauf kommt: Claudia Schiffer - Leitkultur? Was soll die denn leiten? Und wohin? Von libidinösen Erweckungsträumen einmal abgesehen. Soll die uns nach England leiten, wo sie lebt? Zum Friseur, zum Blondfärben? Zu Karl Lagerfeld? Oder war das ein Schreibfehler, und die meinten Leidkultur?
Wie gut, dass man anderswo in Hamburg noch Reelles zu schätzen weiß. Gruner + Jahr, ehemaliger Fünfsterneverlag, baut den "Tante-Emma-Zweig" seines Alles-unter-einem-Dach-Kaufhauses aus und erweitert sein Kalender- und Postkartenangebot jetzt um Produkte der Zeitschriftenmarke View.
Weil auch wir freien Journalisten uns zunehmend als Unternehmer begreifen müssen, habe ich mich gefragt, wie ich von den Großen lernen kann, ob es nicht etwas gäbe, das ich aus meinem Portfolio anbieten könnte. Und ja, das gibt es. Ich habe mir überlegt, ich verkaufe Wörter. Konventionelle und Eigenschöpfungen. Die konventionellen sind natürlich billiger. Die Eigenkreationen variieren zwischen 5 Euro und 7,50 Euro. Diese Woche im Angebot: "Extra", "ARD" und "Zurückhaltung" für je 2 Euro sowie "Dornenpinsel" und "Bumsbude" für 6 beziehungsweise 7 Euro. Gespannt auf die ersten Kunden, zurück nach Berlin!
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