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Kolumne KonservativKick it like Adenauer

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Konservative von heute beklagen immer wieder den Lauf der Dinge. Es umgibt sie eine Aura des Jammerns. Wie unsexy. Das war mal anders.

Suchbild: Wo ist der knorrige Konservative? Bild: reuters

M anchmal wünsche ich mir, es gäbe noch richtige Konservative. Nicht diese Wischiwaschikonservativen wie Ursula von der Leyen, die für alles Sympathie zeigt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Sondern knorrige Kerle wie Konrad Adenauer.

„Ich bin diktatorisch, nur mit stark demokratischem Einschlag.“ Das sagte Adenauer im August 1949 seiner Bundestagsfraktion, kurz bevor die ihn zum Bundeskanzler wählen sollte. Da war ein Diktator, an den die Anwesenden sicher nicht nur gute Erinnerungen hatten, gerade mal vier Jahre tot.

Adenauer scherte das nicht. Er sicherte sich nicht rhetorisch in alle Richtungen ab. Der alte Mann wollte nicht allen Wählern gefallen, sondern einer genügend großen Anzahl von ihnen, um regieren zu können: „Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen.“ Diese knorrige Festigkeit fehlt den Konservativen des Jahres 2013.

Heute umgibt sie eine Aura des Jammers. Sie wissen bestenfalls, was sie nicht wollen. Sie beklagen den Zeitgeist, der „Wertebeliebigkeit“ befördere. Aber wofür sie stehen, wissen sie nicht.

"Das Ding ist so schlecht"

Der „Berliner Kreis“ der CDU beispielsweise. Das lockere Bündnis selbst erklärter CDU-Funktionäre wollte 2012 sein Verständnis von Konservatismus zu Papier bringen. Das „Manifest“ blieb in der Schublade. Beteiligte sollen über das Papier geurteilt haben: „Das Ding ist so schlecht, da gibt es nichts zu veröffentlichen.“

Auch große Teile der AfD eint kein halbwegs kohärentes konservatives Weltbild, sondern Affekte. Sie sehen sich permanent in der Defensive: gegenüber verlogenen Parteien, gieriger EU und noch gierigeren Banken. Diese Ansichten sind wenig originell und nicht automatisch „rechts“. Was ihnen aber große Wucht verleiht, ist die Attitüde des Bevormundeten: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!

Eine Freundin sagte mir neulich: „Männer sind sexy, wenn sie tun, worauf sie Lust haben.“ Hingegen beklagen deutsche Konservative sich 2013 über all das, was sie davon abhalte, zu tun, worauf sie Lust haben: Veggie Day, Kitaausbau, Tempolimit. Konservative wirken dann attraktiv, wenn sie einen inneren Kompass haben. Dann kann man mit ihnen streiten und sie dabei achten.

Die wenigen aber, die sich heute noch konservativ nennen, verschränken die Arme vor der Brust und schmollen, weil die böse Welt sich weigert, ihre subjektiven Ansichten als allgemein verbindlich anzusehen. Wie unsexy. Doch was erzähle ich Ihnen. Sie haben ja sicher Volker Kauder am Wahlabend gesehen.

Die Schmollkonservativen

Was all diese Schmollkonservativen nicht verstehen: In der Politik geht es nicht darum, recht zu haben, sondern recht zu behalten. Der Satz stammt nicht von mir, sondern vom ersten Bundeskanzler. Heutige Konservative würden sich mit Adenauer wohl nicht so gut verstehen.

Mal überlegen: Wer kommt dem knorrigen CDU-Patriarchen heute am nächsten? Wen interessiert sein Geschwätz von gestern heute nicht mehr, und wer ist darauf auch noch stolz? Horst Seehofer.

Horst Seehofer?! Manchmal, wirklich nur manchmal, wünsche ich mir, es gäbe noch richtige Konservative.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.
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6 Kommentare

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  • D
    D.J.

    Naja, der Adenauer konnte sich solche Sprüche leisten, weil seine antinazistische Haltung - trotz manch reaktionärer Personalentscheidungen - außer Frage stand (auch wenn es zum aktiven Widerstandskämpfer dann doch nicht gereicht hat).

     

    Was das Jammern betrifft, haben wir in den letzten Wochen kein peinlicheres Schauspiel in dieser Richtung erlebt als bei (weiten Teilen) der SPD.

    Mein Wunsch heißt somit: Nicht nur echte Konservative mit Charakter (Adenauer), sondern bitte auch echte Sozialdemokraten (Wehner) und selbstverständlich bitte auch mal wieder echte Liberale (Dahrendorf).

  • Damals: "In diesen Tagen war der Mut noch ungebrochen, war das Risiko noch hoch, waren Männer noch richtige Männer, Frauen noch richtige Frauen und kleine pelzige Wesen von Alpha Centauri noch richtige kleine pelzige Wesen von Alpha Centauri. Und alle wagten es noch, unbekannten Schrecken trotzig die Stirn zu bieten, große Taten zu vollbringen und Subjekt und Objekt durch lange und komplizierte Satzkonstruktionen so weit voneinander zu trennen, wie das noch niemand zuvor getan hatte - und so wuchs das Imperium zu seiner Größe heran."

     

    D.Adams

  • Das Gejammer kommt wahrscheinlich daher, dass Konservative die Werte, welche sie für sich reklamieren, nur als Begründung für politischen Machtanspruch verwirklicht haben. Daher ergibt sich auch der Unterschied zwischen Konservativismus und Konservatismus.

  • M
    M.A.

    Ach, und die "Linken" sind da besser?

    Auch aus der Richtung ist doch nur noch Jammern und Wehklagen zu hören, verbunden mit dem trotzigem Schrei nach "Solidarität", von der sie auch nur wissen dass sie für die bedingungslose Erfüllung ihrer momentanen Wunschträume steht.

    Carlo Schmid, Kurt Schumacher und Herbert Wehner würden ausrasten wenn sie ihre heutigen politischen Urenkel sehen müssten.

  • I
    ikke

    schön und gut, aber könnte man das Gleiche nicht auch über SPD oder Grüne sagen?

    • G
      Gast1
      @ikke:

      Ja