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Kolumne Knoblauchzone #3Im politischen Koma

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

An der Gedenkfeier im Konzentrationslager nimmt Ministerpräsident Milanovic nicht teil. Der Konkurrenzkampf zwischen rechts und links schüre Intoleranz.

In Omis wird ein Denkmäler für Facebookgründer Mark Zuckerberg aufgestellt. Und es gibt Knoblauch. Bild: ap

W enn es hier im Feuilleton mal nicht um Miroslav Krleza, den einzigen kroatischen Schriftsteller von Weltrang geht, den außerhalb von hier auch niemand mehr kennt, dann geht es um Literatur, die irgendwas mit hier zu tun hat.

So interessieren in Kroatien die kürzlich veröffentlichten Tagebücher von Richard Burton, weil der US-Schauspieler sich auf zwei Seiten an seinen Aufenthalt im sozialistischen Jugoslawien erinnert, als er 1971 Tito in dem Partisanenfilm „Sutjeska“ spielte. Hervorgehoben wird aber, dass er die Herkunft seiner beiden liebsten Kollegen am Set nicht nennt: kroatisch.

Burton hat dies wahrscheinlich schlicht vergessen. Hier aber gehört es zum guten Ton der Erinnung, alles was gut ist, auch beim Namen zu nennen: kroatisch. Nur was nicht passt, wird vergessen. Zum Beispiel die einzige unabhängige Zeitung, die dieses Land jemals hatte, Feral Tribune, vor 20 Jahren, im Juni 1993 gegründet, konsequent antinationalistisch und wegen Reportagen über Kriegsverbrechen und Korruption hundertfach mit Klagen überzogen und deswegen 2008 pleitegegangen.

Bild: Wolfgang Borrs
Doris Akrap

ist taz-Redakteurin und aktuell drei Monate lang als Stipendiatin in Slowenien und Kroatien. Dort verfolgt sie den Countdown des kroatischen EU-Beitritts – am 1. Juli wird das Land der 28. Mitgliedsstaat der Europäischen Union.

Auch nicht mehr erinnern muss man nach Meinung von Ministerpräsident Milanovic an die Opfer der kroatischen Faschisten. An der Gedenkfeier im Konzentrationslager Jasenovac nahm er nicht teil, weil der „Konkurrenzkampf“ zwischen rechts und links bloß „Intoleranz“ schüre.

Erinnert wird stattdessen auf dem Zagreber Friedhof Mirogoj in Anwesenheit hochrangiger Politiker an die kroatische Basketballlegende Drazen Petrovic, der ebenfalls vor 20 Jahren verstarb.

Die Regierung, die Medien, der am Sonntag zum 6. Mal wiedergewählte Bürgermeister Bandi(ti)c … Zagreb ist derzeit wenig inspirierend. Während die Provinz gerade aufwacht: In Split unterstützt der neue Bürgermeister die Homosexuellen-Parade, die sein Vorgänger verhindern wollte.

Ein paar Kilometer weiter, in Omis, werden nicht wie andernorts Denkmäler für Staatsgründer Tudjman, sondern eines für Facebookgründer Mark Zuckerberg aufgestellt. In den drei Wochen bis zum EU-Beitritt liegt Zagreb im politischen Koma. Da kann auch die staatliche Rundfunksendung „Abenteuer Veränderung“ nichts dran ändern.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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7 Kommentare

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  • A
    Anna

    @Sorge um Hunger in Deutschland

     

    Oh,das sind sicherlich berechtigte Sorgen.Heimatliebe durch "scharfe" Kritik im Glauben als "objektiv" zu gelten ,Rausch des Weltbürgertums,die "guten alten Zeiten" vor dem Krieg und so...

  • P
    Prior

    Frau Akrap hat lediglich die Sache auf den Punkt gebracht. Kroatische Gesellschaft ist auf die wahren europäischen Werte insgesamt widerstandfähig.

  • SU
    Sorge um Hunger in Deutschland

    @Sorge um Zukunft Deutschlands

    was ist denn die EU-Zone?

    Wussten Sie schon das die Eurozone nicht das gleiche ist wie die Europäische Union?

     

    Allerdings entstehen für Deutschland gravierende Nachteile durch den Beitritt Kroatiens.

    Z.B. die kroatische Lidl Tochter wird sicherlich wegen den weggefallenen Zöllen viel mehr Deutsche Markenbutter nach Kroatien verkaufen.

    Diese wird dann logischer Weise in deutschen Geschäften fehlen.

    Armes Deutschland. Wengen diesen Kroaten wird es noch zur Hungersnot kommen.

     

    @Anna

    mit "...die einzige unabhängige Zeitung, die dieses Land jemals hatte..."

    meinte die Authorin sicherlich folgendes:

    Da sich die meisten kroatischen Zeitungen in deutschem oder österreichischem Bestiz befinden, was der Authorin als offensichlicher Kroatienexpertin sicherlich nicht entgangen ist, wollte man an dieser Stelle eigentlich andeuten, dass sich Investionen aus EU Ländern gegen die Medienfreiheit im Ausland richten.

    Gelungen, subversiv, selbstkritisch. Gratuliere, Taz.

     

    Zuckerberg Staute in Omis, LOL!

  • SU
    Sorge um die Zukunft der TAZ-Kolumnen

    @ Sorge um Zukunft Deutschlands

    solche rechtspopulistischen kommentare sind widerlich und es wundert mich, dass dieser kommentar überhaupt veröffentlicht wurde.

     

    bzgl. des artikels: ich muss schon sagen, dass die autorin sich nicht gerade in qualitätsjournalismus auszeichnet. wer nicht mit den menschen spricht, sich nicht tatsächlich um verständnis bemüht, sondern sich lieber in vorurteilen suhlt, sollte nicht schreiben. wenn es um die schlichte reproduktion von klischees geht - bitte, dann aber bei der B...

  • SU
    Sorge um Zukunft Deutschlands

    Sorry, aber das denke ich im Moment.

     

    Wenn immer mehr Länder, arme Länder, nicht demokratische Länder in die EU Zone aufgenommen werden, desto schlimmer wird es für unsere Bevölkerung werden.

    Sind die Grenzen offen, wie hier Kroatien, dann kommen alle die wieder hierher, die drüben keine Arbeit, kein Geld haben, alle die Deutschland für viel Geld abgeschoben hat.

    Hilft uns das, wird die Arbeitslosigkeit der deutschen Bevölkerung dadurch weniger, werden damit noch Möglichkeiten zu schaffen sein das unsere Renten steigen,

     

    Nein, all das wird für uns immer weniger. Wir werden sehen, was wir davon haben, zu Multi-Kulti zu sein, zu viele (Armuts)länder um jeden Preis in der EU Zone aufgenommen zu haben.

  • A
    Anna

    Nach zwei Monaten in Kroatien weiß man natürlich was "die beste und unabhängigste Zeitung aller Zeiten" ist (sie war natürlich herrlich,aber Sie,liebe Authorin,könnten nicht einmal ansatzweise wissen was da drin stand,oder was eben in anderen Zeitungen geschrieben wurde-Sie waren nämlich nicht dabei),was der Premierminister denkt (sic!),wer,wie und wo aufzutauchen hat.

     

    Ich werde Sie gerne aufklären.Der Premierminister wollte lediglich verhindern,dass billige politische Punkte durch Gedenkfeier,sei es in Jasenovac,sei es in Bleiburg (wo jedes Jahr an die Opfer der Partisanen gedenkt wird)gesammelt werden.

    Mit Drazen hat das ganz und gar nichts zu tun und es ist nahezu erbärmlich,dass dazwischen eine Verknüpfung hergestellt wird.

     

    Die Info über ein Denkmal für Mark Zuckerberg in Omis ist nirgends zu finden-Google Translate kann zwar Worte übersetzen,mit Semantik tut sich die Maschine aber schwer-die Aussage wurde im Wahlkampf bloß als SCHERZ verwendet.

    Und ja,Split ist keine Provinz,aber da waren Sie ja noch nie,nicht wahr?

     

    Was hat der Film "Sutjeska" mit vergessen zu tun?Was hat man da vergessen?Die Schauspieler,die Regie?was hat das ganze mit einer Zeitung zu tunTja,rein gar nichts,dachte ich mir schon...

  • I
    ion

    Hm, OK, Frau Akrap, dann werde ich also doch noch mal einen Lk zu Ihrem Artikel schreiben, den ich in gewisser Weise für zu be-lustig-end empfinde, aber leider der politischen Relevanz & Brisanz nicht Rechnung trägt, denn weder gehe ich davon aus, dass der EU-Beitritt Kroatiens einer echten ‘Demokratisierung’ des Landes, noch, dass es der ‘Idee’ der EU dienlich sein wird, sondern vielmehr steht zu vermuten, dass von einem solchen EU-Mitglied erweiterte Gefahr für die Stabilität jener ausgeht – politisch und wirtschaftlich. Dieser Dauer-Prozess der Einfluss-Erweiterung der EU bis nach China(?) hat m.M.n. endlich zumindest so lang aufzuhören, wie die gesamtwirtschaftliche Lage (der EU) derart instabil ist.