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Kolumne Knoblauchzone #2Er kann nur von Gott kommen

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

Zagrebs Bürgermeister Bandic baut Springbrunnen und füttert Kranke. Gegen den bauernschlausten kroatischen Populisten sind hunderte Strafanzeigen anhängig.

Gegen Schwule hat Bandic nichts: „Wie könnte ich? Mein Hund Rudi ist schwul.“ Bild: reuters

S üdlich der Save blüht Zagreb. Im riesigen Park Bundek ist Blumenmesse. Überall stehen Zelte, in denen Pflanzen, Bier, Burek und Cevapcici verkauft werden. Am vergangenen Sonntagabend versammeln sich dort in einem extra Zelt die politischen Freunde und Wähler des seit 13 Jahren amtierenden Bürgermeisters Milan Bandic. Der Park ist sein größter Triumph: Es war Bandic, der aus der Müllhalde Bundek wieder einen grünen Ort machte.

Es ist 19 Uhr, die zweite Runde der Lokalwahlen ist zu Ende, die Wahllokale sind geschlossen und Bandic akualisiert seinen Status bei Facebook: „Bin in Krapina bei meiner Mutter, die hier in Reha ist. Wir warten gemeinsam auf die Ergebnisse.“ Später läd er noch ein Foto von sich und seiner Mutter am Krankenbett hoch.

Split, Vukovar, Sisak, … nacheinander treffen die Ergebnisse aus den anderen Städten ein. Viele der größeren erleben an diesem Abend historische Regierungswechsel. Die Provinz hat offenbar derzeit von Populismus, Klientelismus, der dekadenten neureichen Elite und der bornierten Kriegsrhetorik der HDZ (der Partei des Staatsgruenders Tudjman) genug.

Wolfgang Borrs

ist taz-Redakteurin und aktuell drei Monate lang als Stipendiatin in Slowenien und Kroatien. Dort verfolgt sie den Countdown des kroatischen EU-Beitritts – am 1. Juli wird das Land der 28. Mitgliedsstaat der Europäischen Union.

Trotz der stark in der Kritik stehenden SDP-Regierung, werden die wichtigsten Städte künftig von Sozialdemokraten regiert. Außer Zagreb. Gut, Bandic war auch mal einer, wurde aber 2009 aus der Partei ausgeschlossen, weil er sich nicht davon abbringen ließ, bei den Präsidentschaftswahlen gegen einen anderen Sozialdemokraten anzutreten.

Bandic, der Bandit

Dieser bauernschlauste aller kroatischen Populisten – gegen ihn sind hunderte Strafanzeigen anhängig, daher auch Banditic genannt – inszeniert sich als, ach Quatsch, er glaubt, dass er der Erlöser ist: „16 Stunden“ täglich rennt er „365 Tage im Jahr“ mit „zwei Gewehren und zwei Pistolen“ durch die Stadt, stets darum besorgt, dass es seinen Zagrebern gut geht: Er baut Fontanen, Teichs, Brücken, großspurige Straßen und Hallen, küsst und füttert kranke und alte Frauen vor Kameras und Objektiven, verspricht Krankenhäuser, Kindergärten und Arbeitsplätze, geht nie mit seinen Freunden aus der Wirtschaft essen, hat sämtliche lokale Medien auf seine Seite gebracht, geht täglich joggen und bedankt sich bei jeder Gelegenheit bei Gott, der Heiligen Mutter Maria und seiner eigenen Mutter für seine Erfolge.

Er hat nichts gegen Minderheiten. Er ist „der toleranteste Mensch, den ich kenne“. Unter den Zuschauern im Zelt applaudieren auch der Vorsitzende der Kriegsveteranen der Roma und der Vorsitzende des Fußballclubs „Rom“. „Bandic ist der einzige, der was für uns tut“, erzählen sie. Gegen Schwule hat Bandic auch nichts: „Wie könnte ich? Mein Hund Rudi ist schwul.“ Vertreter der LGBT-Szene sucht man in seiner Umgebung selbstverständlich vergeblich.

Es ist kurz vor 22 Uhr. Im Festzelt warten immer noch alle darauf, dass „Batman Bandic“ endlich vor die Kameras tritt. Selbst der keinen dümmsten Schlager auslassenden Band ist das kroatische Repertoire ausgegangen und sie muss zu „Quantanamera“ wechseln. Da drängt sich eine ältere Dame mit Schild und ekstatischem Strahlen vor die Bühne.

„Ich bin ein besonderer Mensch“

„Er kann nur von Gott kommen.“ Eine Minute später erscheint Bandic tatsächlich: „Ich bin ein besonderer Mensch“, beginnt er seine vierminütige Dankesrede. Und endet: „Ihr seht mich heute zum ersten Mal mit Brille. Es war Gottes Wille, dass ich auf kurze Sicht nicht mehr so gut sehen kann. Ich bin eben weitsichtig“.

Nein, das hier ist nicht Borat sondern Bandic, der mit dümmsten Sprüchen und ein paar Blumenbeeten die Hauptstadt des Landes wie ein Provinzfürst regiert. Diesen Mann lächerlich zu machen, ihn auszulachen, hilft nicht. Er lacht ja über sich selbst. Dass Parks, Fontanen und blöde Witze die immer größer werdende Armut der Zagreber Bevölkerung nicht lindert, wissen die, die die Mülltonnen nach Pfandflaschen durchwühlen am Besten.

Außerhalb des Zeltes trifft man in Zagreb denn auch kaum jemanden, dem dieser Mann nicht peinlich ist. Allein, die Mehrheit geht nicht mehr wählen. Denn zur Alternative stand dieses Mal ein Mann, der mit dem inspirierenden Slogan warb, dass ihm „nicht alles egal“ sei.

Am Tag nach der Wahl sitzt mir in einem altbürgerlichen Kaffeehaus eine 83-jährige ehemalige Opernsängerin gegenüber. Sie zieht genüsslich an ihrer Zigarette, trinkt einen Schluck Amaretto und sagt: „Es gibt Leute, die kaufen täglich im Supermarkt irgendwas ein, um Herzen zu sammeln, damit sie einen Emaille-Topf umsonst kriegen. Wer weiß von welchem Supermarkt Bandic all die vielen Herzen bekommen hat, mit denen er die Blechnäpfe bezahlt, die er an uns verteilt.“

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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8 Kommentare

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  • P
    Prior

    Bürgermeister Bandic scheint als letztes Produkt der altbekannten zagreber Hochstaplerei zu sein. Obwohl ein Zuzügler, hat er sich an diese Tradition gut angepasst und nützt die Gelegenheit (und Gunst der Stunde), sich selbst und seine Amigos auf Bürgerkosten zu bereichern. Und das läuft auf Hochtouren.

    Der Mensch hat einfach keine Ahnung, dass eine Stadt doch kein etwa größeres Dorf ist und macht sich wie Erdogan mühe, überall wo er eine Wiese oder grüne Fläche sieht, die soll bebaut werden. Die Schulden, die er in der Stadtkasse hinterließ, wird wohl kaum jemand tilgen können.

  • DA
    Denis aus Omiš

    Um solche Kolumnen zu schreiben, muß man sich nicht wochenlang in Kroatien aufhalten.Vielleicht kommen Sie von Ihrem hohen deutschen Ross runter und schreiben etwas in ihrer Kolumne, was man nicht nach 5 Minuten Internet Recherche über Kroatien erfährt. Vielleicht versuchen Sie mal wirklich das Land und die Leute kennezulernen, wenn Sie schon mal da sind. Vielleicht erfahren wir, wie die Menschen wirklich in Kroatien über die EU denken, was Sie sich von der EU erhoffen bzw. was Ihnen Angst macht. Stimmt ja, wen interessiert es!!!! Es zählt ja eh nur, was Deutschland über die EU denkt. Wer es noch nicht verstanden hat, EU ist Deutschland, stimmts???

     

    PS: Das mit Zuckerberg Denkmal in Omiš höre ich zum ersten Mal. Wahrscheinlich auch zum letzten.

  • G
    glas

    Hab ich jetzt irgendwie nicht verstanden: Bandic ist schlimm, weil er peinlich ist?

  • B
    BulletDeluxe

    @ Che und Guan

     

    d´accord.

     

    Und was ist die Einzahl von "Fontanen"?

    Fontane?

    Will ich auch gebaut bekommen, was auch immer das ist.

  • S
    Speedsta

    Ich kenne eure Netiquette ja gut aber das ist ja

    wohl mal bodenlos... Knoblauchzone tststs.

  • K
    kritik

    Wie kann man gegen Populismus mit Populismus selbst reagieren??? Knoblauchzone? Unfassbar...

  • G
    Gregor

    Wieso "Knoblauchzone"? Soll das Ironie sein?

  • CU
    Che und Guan

    Teichs? Quantanamera? Wird hier nicht Korrektur gelesen?