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Kolumne Knoblauchzone #6„Folklore haben wir selber genug“

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

Sachertorte, Walzerkurs und Schuhplattler: Wie die Kroaten die Österreicher wieder kennenlernen sollen und warum das keinen interessiert.

„Und der Kaiser von Österreich heißt derzeit Hypo Alpe Adria“: Wenig KuK-Nostalgie in Kroatien. Bild: photocase

Z AGREB taz In dieser Woche sollten die Kroaten „Österreich (wieder) kennenlernen“. Im Zentrum Zagrebs verteilten sich am Dienstag Österreicher, um den neuen Nachbarn in der EU „willkommen“ zu heißen. Für 1,50 Euro konnte der Kroate österreichischen Kuchen und Kaffee im Hotel Dubrovnik am Zentralplatz Ban Jelacic erwerben. Kostenlos konnte der Kroate einen Walzerkurs, den Auftritt von Kärntner Schuhplattlern und einen EU-Infotisch besuchen.

Veranstaltet wurde das Ganze von „Advantage Austria“, einer Homepage der österreichischen Wirtschaftskammer, wo sich der Ausländer über die österreichischen Unternehmen und andere „Wirtschaftsnews“ informieren kann. Neben Wanner, Billa und Julius Meinl waren selbstverständlich auch die Erste Bank und die Hypo Alpe Adria Bank Sponsoren der Veranstaltung.

Viel los war nicht. Die Schlangen vor den Ämtern, die die neuen Personalausweise ausgeben, die Anträge auf Legalisierung von Bauobjekten und Arbeitslosenhilfe annehmen, waren größer.

Wolfgang Borrs
Doris Akrap

ist Redakteurin der taz am Wochenende und derzeit in Zagreb.

Schlangen hingegen sieht man jeden Tag in und vor dem kleinen Laden der legendären Zagreber Konditorei „Vincek“ auf der Ilica, ein paar Meter neben dem Ban Jelacic und auch in der Filiale am weiter östlich gelegenen Kvatric. „Ich kenne Österreich schon“, antwortet eine der Kundinnen im Vincek auf die Frage, warum sie heute nicht bei den Österreichern Kuchen kauft. „Und ich möchte auch keinen Walzer um einen EU-Infotisch tanzen. Folklore haben wir selber genug.“

Es ist auch nicht so, dass die Zagreber Cafés leer wären. An den meisten muss man vorbeigehen, weil es keinen Platz mehr gibt. Für 1,50 Euro kann man überall in Zagrebs tausenden Cafés den ganzen Tag sitzen und zwei Kaffee trinken oder, wenn man kein Geld hat, sich zu Bekannten setzen, die noch 1,50 übrig haben. Gerne auch kommen jene, die keine 1,50 übrig haben kurz vor Mitternacht. Der Kellner kommt dann an den Tisch und sagt höflich „Letzte Runde war schon, wir schließen gleich.“ „Macht nichts, dann nehm ich nur den Stuhl.“ In der Regel darf man dann sitzen bleiben.

Filetstücke für die einen, keine Sachertorte für die anderen

„Den Österreichern gehört eh schon halb Kroatien und dann geben sie nicht mal ein Stück Sachertorte raus“, antwortet ein Gast im „Café de Paris“ am Blumenplatz auf die Frage nach den Österreichern. „Wir müssen die nicht wieder kennenlernen. Wir kennen die seit über 100 Jahren. Und der Kaiser von Österreich wird für immer der König von Kroatien bleiben. Und der Kaiser von Österreich heißt derzeit Hypo Alpe Adria.“

Dass den österreichischen Banken seit den 90er Jahren die Filetstücke des Landes übertragen wurden, ist kein Staatsgeheimnis. Und wer nicht jemanden kennt, der jemanden kennt, der an dieser Art der Privatisierung ehemals staatlichen oder gesellschaftlichen Eigentums beteiligt war, hat eben auch keine 1,50 für Sachertorte übrig.

Mit Walzer und Schuhplattler jedenfalls lassen sich die Kroaten in den noch verbleibenden knapp zwei Wochen bis zum EU-Beitritt nicht mehr davon überzeugen, dass es ihnen in den Händen der Österreicher jemals besser gehen wird.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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2 Kommentare

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  • U
    uta

    die Verfasserin scheint historisch uninformiert -

    Kroatien gehörte dem ungarischen Teil der Doppelmonarchie und war von 1867-1914 brutalem Magyarisierungsdruck ausgesetzt !

  • M
    mazze

    ..... selten dümmlich-plumper klischee-

    artikel - DEN ösis gehört halb croatia :-)))

    die autorin sollte sich mal um die endemischen mafia-bankster kümmern !