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Kolumne Jung und dummMänner, Frauen, Masken, Sperma

Adrian Schulz
Kolumne
von Adrian Schulz

Wer ist richtig schwul? Und wie lebt es sich damit, immer unter dem Aspekt der Befüllbarkeit mit Sperma begehrt zu werden?

Sich liebhabende Menschen auf dem CSD in Berlin 2018 Foto: dpa

Wer ist bei euch der Mann?“: eine Frage aus dem Bullshit-Bingo des Schwulseins-Verhörs, zusammen mit „Das ist nur eine Phase“ und „Aber hattest du schon mal was mit einer Frau?“.

Mein Kollege und taz-Redakteur Jan Feddersen ließ in einem Kommentar für das Mannschaft Magazin keinen Zweifel an der Antwort. Ein nebulöser „Zirkel“ schließe alle Schwulen aus, die sich weigerten, „nicht mehr wie ein Macho“ auszusehen; die „partout sich äußerlich nicht weiblicher machen wollen als sie innerlich (…) ohnehin sind (…). Die Queergida belegt mithin alle mit einem Fluch, die einfach nur schwul sein wollen.“ Sie verleugne die „sexuelle Differenz“ zwischen Mann und Frau.

Mit anderen Worten: Feddersen ist der Mann. Und „Queergida“ will ihn verweiblichen. Sie „formuliert jetzt das Rollback – gegen alle jene, die in den vergangenen 50 Jahren bürgerrechtliche Fortschritte erkämpft haben“. Wie er darüber hinweggeht, dass die verfluchte „Queergida“ unter Todesdrohung der echten „Pegidas“ steht, zeigt: Feddersen hat Angst. Für ihn steht alles auf dem Spiel, für das auch er gekämpft hat. Aber wofür hat er gekämpft?

Männer sollen Männer sein und als solche gelten, auch wenn sie Männer begehren. Auch wenn sie nicht Teil der „heterosexuellen Matrix“ sind – wie Judith Butler sagen würde.

Ich als Sahnekuchen

Viele schwule Männer haben noch heute Angst vor dem Stigma der Effeminierung; einige lehnen die „Szene“ mit ihren vermuteten Glitzer- und Performancezwängen gar rundheraus ab, wollen zum Schwulsein so große Distanz wie möglich halten.

Doch was ist ein Mann? Auch diese Setzung ist eine identitäre und schließt nicht alle Schwulen gleichermaßen ein. Es gibt als männlicher Angesehene und als weniger männlich – ich bin einer von ihnen: jung, schlank, bartlos. Twink heißt der Fachausdruck und leitet sich her von mit Sahne gefülltem Kuchen.

Das ist alles kein Geheimnis. Die schwulen Normalitätsmaschinen reproduzieren unentwegt die Twink-/Bear- und Aktiv-/Passiv-Unterteilung und nahezu alle haben sie verinnerlicht. Ich lebe mit dem Wissen, dass ich immer unter dem Aspekt meiner Befüllbarkeit mit Sperma begehrt werden werde. Wer ist der Mann?

Daran gehe ich nicht zugrunde. Es macht mich nur skeptisch, wenn lautstark schwule Männlichkeit propagiert wird. Dann kann es nämlich nie „männlich“ genug sein. So geht es den „Unmännlichen“ schlecht und den „Männlichen“ auch, denn sie müssen ständig Angst haben, nicht zu genügen. Solche Reden verstärken also noch das Stigma schwuler „Weiblichkeit“, das sie zu bekämpfen vorgeben. Sie führen den Hass und vor allem Selbsthass durch die Hintertür wieder ein, den die meisten von uns beim Coming Out endlich ablegen wollten.

Denn auch dafür haben Schwulen-, Lesben-, Frauen- und Queerbewegungen gekämpft: dass man nicht mehr „Mann“ sein muss, um etwas wert zu sein. Dass man nicht mehr „Mann“ oder „Frau“ sein muss, um begehrt werden zu können.

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Adrian Schulz
Freier Autor
Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.
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24 Kommentare

 / 
  • Wenn man das Wort "Tunte"nicht mehr verwenden darf, ist dann auch das lesbische Gegenstück "Butch" ebenfalls mittlerweile tabu?

  • Kommentar gelöscht. Kritik an oder Fragen zur Moderation bitte an kommune@taz.de. Danke, die Moderation

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Was mir an der Kolumne gefällt, ist, dass sie mutig geschrieben ist. Die - nachrangige - Bewertung in Sachen Stil, Semantik und 'reine Lehre' überlasse ich gerne anderen.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      & 's Zeit - dann noch übers Wasser …

      Aber Vorsicht - die Steine sind alllang verbaut & …aber nur Mut. Jung & Gelle:



      🐰 - das wird & wenn‘s Ostern is.



      Tja - Dumm gelaafe - hm^¿*🗽GI/WZ=L

      • @Lowandorder:

        Liggers. Wobei - Wobei - du dickes 🥚

        Das sei Verwirrten der Ebene gesagt:



        Mein Freund Albert el 👅 im Origijinal



        statt m - l - schriebe - ja ja - für Liebe.

        Hier aber steht‘s - L - für Wallys Wahn!



        Der wollte gelle eine - Lahnstadt - haan!



        Doch als alls dess - L - für GI-Wetz kam!



        & alle Welt dran wütend Anstoß nahm:



        Supermarkt Dutenhofen als mittigHerz



        Da endete relativ schnell der hesseblinde Scherz.



        &



        So bleibt als derber Spott nur - HoHoHo



        Lahn - Gießen & dess ahl Elefandeklo.

        kurz - is halt alles relativ.

        • @Lowandorder:

          Mist - Antwort aaf denn Insulaner

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Kann nit verstan.

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @76530 (Profil gelöscht):

          Damit hat er die Relativitätstheorie widerlegt:

          "^¿*🗽GI/WZ=L"

          Und im Übrigen, Abteilung Schlüsselreize: "JAF" gehört auch dazu :-)

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @88181 (Profil gelöscht):

            Hä?

            "JAF"?

            Would you please welcome a man from the analog aera?!?

            • @76530 (Profil gelöscht):

              Service: JAF=Jan Feddersen.

              • 7G
                76530 (Profil gelöscht)
                @Mephisto:

                Ein Teufel, der es gut mit mir - und meiner Neugier - meint. Merci vielmals.

  • Moinmoin - 🐰 🐰 🐰 & mit olle Neuss -

    “Fröhliche Ostern - Fröhliche Western“



    &



    Faß mal zusammen - nachdem ich mir auch noch das übliche Gewörgel intell'üll di JAF JAF inne (sic) Mannschaft angetan habe!;(( würg s.u.

    & Conclusio - Sach's mal so:



    Dagegen is ja das althergebrachte Dissen unserer selbsternannten - aach so verschwiemelt-pseudoelitären Mützchen&Bändchenträgermännekes



    - vulgo - Verbindungsstudis vans Hau's!

    Also: “Chorpierhengst - Knittelbuxe - Terretorialaffe - Kletterbuxe - Sutanenlaffe“ ff (gern selbst einsetzen;) - wa! Gellewelle Wollnichwoll & Booey.



    Ha no & Milde gesprochen: - ein leis säuselnder Studentenulkquark - kerr!

    Ja! Na - Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



    Da mähtste nix! & Voll normal - Ey!



    Liggers.Randvoll di Mannschaft - wa^!^



    Njorp & nich to glöben. Lot mi an Lann'

    Na Mahlzeit - 🥘 🍳 🍻 🐰 🐰 🐰

    kurz - Sag'i ehna Prost 🥂 & …dere!

    unterm——



    m.youtube.com/watch?v=nfpF9Z-3rSw



    mannschaft.com/201...nnlich-diffamiert/

    • @Lowandorder:

      & dazu - JAF & Zisch - Mailtütenfrisch





      JAF feat. "U24"







      Die Schülerzeitungen der 1960er Jahre waren kritischer...“

      Liggers …anschließe mich.

  • Manche Themen legen anscheinend Reaktionen nahe, die entweder auf Hass oder zumindest intensiver Abneigung oder Opfervorwurf hinauslaufen.

    Meiner Meinung nach könnte sexuelle Ausrichtung gerne unter Lifestyle angesiedelt werden.

    Nachteilige Diskriminierung gehört abgestraft, aber ansonsten ist das weder eine öffentliche Aufgabe noch notwendige Information außerhalb von Klatschblättern.

    Jeder nach seiner Façon.

    Und: Jede interest group schafft sich neue Ungerechtigkeiten und Vorurteile. Das ist sogar legitim.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Sven2000:

      Was ist keine "öffentliche Aufgabe"?- Das Beenden der Diskriminierung von Homosexuellen? Eine Debatte darüber zu führen?

      • 6G
        6474 (Profil gelöscht)
        @6474 (Profil gelöscht):

        Die Frage ging @ Sven2000

  • Wenn ein Trans-Mann sich als Mann begreift ist das in Ordnung, aber wenn ein schwuler Mann sich als Mann begreift ist das reaktionär, selbst wen er darauf hinweist, dass er sich innerlich auch weiblich fühlt? Herr Schulz, wie erklären Sie uns das?

  • Schwul ist nun mal ein Mann, der Männer liebt. Egal wie feminin der schwule Mann ist, ob Tunte oder Macho. Sicher hat die Schwulenbewegung dafür gekämpft, dass man nicht mehr "Mann" sein muss, aber doch nicht dafür, dass man nicht Mann sein darf. Man sollte den Anfang von dem jetzt überall so heftig attackierten Text von Feddersen beachten. Ich denke dort wird klar, was ihn nervt. Dort wendet er sich gegen Personen, die meinen, dass generell Cis-Männer kein Teil eines queeren Projekts sein könnten. Damit werden generell schwule Männer, selbst wenn sie noch so feminin sind, aus der queeren Gemeinschaft ausgeschlossen. Als schwuler Mann soll man sich privilegiert fühlen, weil man ein Cis-Mann ist. Ganz egal ob man behindert ist, prekär beschäftigt, psychische Probleme hat, selbstmordgefährdet ist, zusammengeschlagen wird etc. man bleibt für diese Queertheoretiker jemand, der sich schuldig zu fühlen hat, weil er ein privilegierter Cis-Mann ist, ganz besonders schlimm, wenn er ein alter, weißer Cis-Mann ist. Dann hat er gefälligst die Fresse zu halten und zu schweigen.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @vulkansturm:

      "Als schwuler Mann soll man sich privilegiert fühlen, weil man ein Cis-Mann ist."

      ^Was ja eingermaßen skurril ist, wenn man mal Gesetzteslage weltweit betrachtet .

      Homosexueller männlicher Geschlechtsverkehr wird im globalen Vergleich DEUTLICH härter bestraft, als homosexueller weiblicher Geschlechtsverkehr, Übergriffe auf Homosexuelle in der Öffentlichkeit gibt es häufiger auf männliche Homosexuelle.

      Dennoch sind es bitte nicht "die" Queertheoretiker. Diejenigen die du meinst sind queer UND Verfechter der critical whiteness- Theorie.

    • @vulkansturm:

      Aha... Und wenn der schwule alte Cis-Weiße doch nicht die Fresse hält, kommt die Antifa GmbH, oder?!

      • @Primitivismuskeule:

        Ach was! Steinalte Kari - Bruno Paul -;))

        “Auf alle Fälle“



        Zwei Herren der Schöpfung vor -



        'Für Herren‘



        “Mein Herr, Sie haben mich fixiert!“ - -



        “Ist mir gar nicht eingefallen.“ — —



        “Also lüge ich —- ich bitte um Ihre Karte.“

        So geht das - Schon immer.



        Liggers & Njorp.

  • Gut geschrieben, Danke.

  • Der Text lässt sich nicht flüssig lesen, auch durch zu viel Anführungs-, Auslassungszeichen, Gedankenstriche. Formulierungen wie "Es gibt als männlicher Angesehene und als weniger männlich" sind nicht gerade geschliffen. Schade, da die durchaus interessanten Gedanken des Autors sich nur schwer erfassen lassen.