piwik no script img

Kolumne German NeinWarum man jetzt nichts mehr darf

Darf diese Kolumne noch German Angst heißen? Nein. Man darf ja keinen Witz mehr machen, nicht mal am Aschermittwoch. Hier steht, was man noch darf.

Nichts darf man mehr. Absolut gar nichts Foto: imago/Bernd Friedel

D as Ende der Meinungsfreiheit ist erreicht. Man darf wirklich gar nichts mehr sagen. Darf man vielleicht noch …? – Nein. Oder … – Nein! Diese Kolumne ist keine Kolumne mehr, weil man keine Meinung mehr haben darf jenseits der gesinnungsgeprüften. Darf sie noch German Angst heißen? Nein. Man darf ja keinen Witz mehr machen. Nicht mal am Aschermittwoch. Hier steht, was darf. Die einzig tolerierte Meinung im Korridor. Mehr nicht.

Man darf nichts mehr, ohne dass einem droht, dafür kritisiert zu werden. Von den falschen beklatscht. Oder ausgegrenzt. Ignoriert. Man darf als rechtsextreme Zeitung nicht mehr auf der Leipziger Buchmesse sein, ohne dass man als rechtsextrem bezeichnet wird. Man darf als Schriftsteller keine antidemokratischen und rechten Verschwörungstheorien mehr äußern, ohne dass der eigene Verlag dazu einen Tweet absetzen darf.

Als Intellektueller darf man nicht Neurechter noch Antifeminist sein, ohne dass irgendwo eine Homestory über einen erscheint. Man darf nicht einmal mehr kein Rassist sein, aber. Nein. Man darf in den Mainstreammedien keinen ureigenen Gedanken mehr, nein, nicht einmal einen originär deutschen Gedanken darf man mehr äußern. Jedenfalls keinen, der mehr ist als bloß geduldet. Es darf kein Anrecht auf eine Konsenskultur geben. Nein.

Darf man sagen, die-meisten-fliehen-nicht-vor-Krieg-und-Verfolgung-sondern-kommen-her-um-in-die-Sozialsysteme-einzuwandern-über-95-Prozent? Nein. Darf man nicht. Nicht ohne dass noch jede Provinzpostille es wiederholt. Als Professor der Geschichte darf man nicht mehr über Flüchtlinge abhaten, ohne dass einen ein Student kritisieren darf. Außerhalb der Vorlesung. Oder eine Studentin. Darf man nicht. Nicht mal ein bisschen rechtsextrem darf man sein, wo doch ganz Deutschland linksextrem ist. Im Vergleich. Kein klitzekleines bisschen rechtsextrem oder -terroristisch, ohne dass noch ein Parlament eine Extremismuskommission einberuft, die sich mit Extremismus, links wie rechts, beschäftigt. Nein.

Und eine Partei jenseits der linken Meinungsdiktatur darf es auch nicht geben. In keinem Parlament. Nicht einem. Nein. Kein Wunder, denn in den Medien, finanziert aus staatlichen Zwangsabgaben, darf man nicht damit rechnen, nur die eigene Meinung zu hören. Zu lesen. Zu sehen. Nein. Man darf nicht mehr Kameltreiber sagen, wenn man einer demokratisch gewählten Partei vorsteht, ohne dass über Konsequenzen diskutiert wird. Nicht mal gemeinsame Sache mit rechtsextremen und islamfeindlichen Gruppen darf man als Partei machen, ohne dass jemand das kritisiert. Nein.

Man darf nichts mehr sagen – und am Ende kriegt man nicht mal eine Garantie dafür, dass einem alle zustimmen. Nein. Man darf nicht mehr man schreiben, obwohl man die Anderen wie Frauen und Gedöns mit meint. Nein. Und man darf nicht mal mehr eine ganze Seite vollschreiben, wie man –. Nein. To be continued.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Sonja Vogel
tazzwei-Redakteurin
Vollzeitautorin und Teilzeitverlegerin, Gender- und Osteuropawissenschaftlerin.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Ich glaube, dass wir schon kritisch mit der Beurteilung der Meinungsfreiheit umgehen müssen. Das Problem sehe ich nicht darin, dass wir sie nicht äußern können, sondern inwiefern ein Diskurs im Anschluss stattfindet. Die AfD hätte nicht einen solchen Rückenwind bekommen, wenn nicht zumindest die Bedenken vieler Menschen bei der Flüchtlingskrise zumindest ernsthaft durchdiskutiert werden und nicht nur erklärt werden. Aber was einem nicht gefällt, wird halt von jeder Seite eher gefühlt niedergebrüllt...

  • Na Hauptsache, Sonja darf noch, wa...

  • Nur weil ich eine rechte Meinung, also die richtige, äußere, erhebe ich doch keinen Anspruch auf allgemeine Zustimmung. Diese subtile Unterstellung muß ich ganz entschieden zurückweisen. Es ist ihr gutes Recht eine andere Meinung als meine zu haben. Nur erwarten Sie nicht, daß ich Ihnen zustimme, nur weil sie beweisen können, weiter links in der Masse bei der Mehrheit zu stehen.

    • @Werner S:

      Zu glauben, es gäbe eine 'richtige' Meinung ist Zustimmung genug...

      ;)

    • @Werner S:

      wieso sollte eine rechte Meinung die richtige sein?

       

      love is the answer!!!!

  • Dieser Artikel sollte auf die Seite "die Wahrheit". Wir haben den schärfsten Rückgang der Meinungsfreiheit seit Jahrzehnten - nicht nur aber auch sehr stark in Deutschland. Sich darüber lustig zu machen, passt auf die Wahrheitsseite, denen kein Menschenrecht für Satire heilig genug ist.

    • @Velofisch:

      Meinung kommt nun mal von mein.

      Deine deinung kann nicht die meine sein.

    • @Velofisch:

      Ich fürchte, Sie haben den Text nicht verstanden.

       

      Diejenigen, die sich über den "Rückgang von Meinungsfreiheit", der angeblich passiert, beklagen, meinen damit eigentlich, dass sie ihre Meinungen, egal was sie auch sein mögen, äußern "dürfen", ohne dass jemand daran Kritik üben darf. Aber genau das wäre dann eine Einschränkung der Meinungsfreiheit.

       

      Wer Meinungsfreiheit für sich selbst einfordert, muss auch die der anderen akzeptieren. Anders funktioniert es nicht.

       

      Und das soll (so wie ich ihn verstanden habe) dieser Text illustrieren und persiflieren.