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Kolumne German AngstMenschliche Wracks

Sonja Vogel
Kolumne
von Sonja Vogel

Allen Verurteilungen zum Trotz scheint der Brandanschlag als Teil der politischen Willensbildung akzeptiert zu sein.

In Budapest saßen zeitweise über 1.000 Menschen auf dem Bahnhof fest. Foto: Zoltan Balogh/MTI/ap

V ergangeneWoche war kritisiert worden, dass Merkel lange gebraucht hatte, bis sie die in Heidenau von besorgten Nazis belagerte Flüchtlingsunterkunft besuchte. Aber sie ist nicht zögerlich aus Prinzip. 1992 war sie als eine der Ersten am Brennpunkt. In Rostock-Lichtenhagen sprach sie nach den Brandanschlägen mit den kurzgeschorenen Beteiligten.

„Was würde passieren, wenn ein Vietnamese hier ein Bier trinken gekommen wäre, früher?“, fragte Merkel. „Wir hätten ihm wohl höflich klargemacht, dass er sein Bier hier nicht trinken kann“, sagte der Skin. „Hm, hm.“ – Damit konnte sich die Jugendministerin dem Eigentlichen zuwenden: „Also was ich traurig finde, ist, wenn ein Jugendlicher heutzutage ins Fernsehen möchte, ist es das Beste, er schmeißt einen Stein.“

Es gibt offensichtlich ein Übersetzungsproblem. Unterkünfte brennen täglich. Aber trotz aller Verurteilungen, scheint der Brandanschlag als Teil der politischen Willensbildung akzeptiert zu sein. Eine so engagierte Bevölkerung darf man nicht enttäuschen: Und so will de Maizière das Asylrecht weiter einschränken, den Zuzug beschränken. Gleichzeitig schlendert er durch eine Erstaufnahmeeinrichtung, streichelt ein Kind. – Was er ihm sagt?

Vielleicht: Tschüss, morgen geht’s zurück, aber sei nicht traurig, denn Geld, der „wesentliche Pull-Faktor“ für dich, gibt’s bald eh nicht mehr. – Klar, wenn sich das rumgesprochen hat, wird niemand mehr vor Krieg und Armut fliehen.

Lücke zwischen Rechtspopulismus und Rechtsterrorismus

Wenn man diesen menschlichen Wracks auf der politischen Bühne zusieht, nach Worten ringend und mit ernsten Gesichtern, meint man, sie hätten die letzten Jahre auf einem anderen Stern gelebt und kämen jetzt – nach Rostock, dem NSU, Pegida – zurück.

Fleißig arbeiten sie daran, die Lücke zwischen Rechtspopulismus und Rechtsterrorismus zu schließen: De Maizière, der den Flüchtlingen ihr Taschengeld nehmen will, Kretschmann mit seinem Faible für „sichere Herkunftsländer“, die CSU mit ihren Sonderlagern für Balkanflüchtlinge, der Pegida-Versteher Gabriel, sein Parteikollege Andreas Bausewein, der ein Schulverbot fordert – die Kolumne ist zu kurz, um jede Bösartigkeit aufzuschreiben. Und nun soll laut Merkel und Co. für die systematisch Entmenschlichten die Menschenwürde gelten?

Kein Wunder, dass in Deutschland keine Rechtsextremen im Bundestag sitzen, wenn die etablierten Parteien den Job so gut machen. Das ist die deutsche Mitte, im Rechtspopulismus vereint. „In Wahrheit sind es die undeutschesten Typen, die ich mir vorstellen kann“ – das sagt Gabriel über die ganz normalen Heidenauer Nazis und suggeriert damit, sein deutscher Populismus habe mit „denen“ nichts zu tun.

Wer daran zweifelt, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun hat, der schaut nach Budapest. Dort sitzen über 1.000 Menschen auf dem Bahnhof fest. Fast alle werden in der EU Asyl bekommen – aber die Polizei lässt sie nicht durch. Kein Rotes Kreuz ist vor Ort, keine politische Organisation, keine Angela Merkel. Die einzige Chance, welche die EU den Festsitzenden lässt: Schlepper – und die Politik wird nicht eher ruhen, bis sie die auch festgesetzt hat.

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Sonja Vogel
tazzwei-Redakteurin
Vollzeitautorin und Teilzeitverlegerin, Gender- und Osteuropawissenschaftlerin.
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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Schon seltsam wie bei 800.000 bis 1.000.000 Flüchtlingen das Linke Spektrum statt Stolz wie Osakr auf Deutschland zu sein, hinter jedem Ansatz die Zahlen in Nachhaltige Bahnen zu fühern einen kleinen Hitler sieht.

     

    Wenn ein Paar Jahre in Folge tatsächlich diese Zahlen kommen würden, dann wäre die NPD im Bundestag. Das nicht zu antizipieren ist naiv. Zu glauben da wäre Deutschland besonders schlimm auch. Das wäre in jedem Land so.

  • Endlich mal ein wirklich vernünftiger Beitrag zum Thema!

     

    Menschliche Wracks auf der politischen Bühne, jawoll!

  • Was müssen all die Flüchtlinge, die unbedingt nach Deutschland wollen, blöd sein. Wo sie hier von Rechtsextremisten erwartet werden.

    • @Heinrich Maiworm:

      Nein, was müssen Flüchtlinge verzweifelt sein, um dennoch nach Deutschland zu wollen.

      Und was müssen die Rechtsextremisten blöd sein. Weil sie Rechtsextremisten sind. Oder einfach nur blöd. Eigentlich eher zweiteres.

      • @friedjoch:

        Deutschland ist nach Schweden für die Flüchtlinge das beste Land der Welt.

  • Politische Ansichten sollen sich also ausschließlich danach richten, wie weit sie auf einer Skala von 1(rechtsextrem) bis 10 von den Forderungen der Rechtsextremen entfernt sind? Alles unterhalb der 8 ist das letzte und wer solche Positionen vertritt, unterstützt implizit Brandanschläge?

     

    Darf man den Artikel so auffassen oder haben Sie etwas anderes gemeint als Sie geschrieben haben?

     

    Pure Polemik oder ernstgemeintes, überkommenes Schwarz-Weiß-Denken?

    • @sart:

      Besser Schwarz-Weiß-Denken als Braun-Denken (naja, Denken ist bei letzterem nicht wirklich, was stattfindet).

       

      Ja, Halbrechts ist auch Rechts, Hellbraun ist auch Braun.

  • Man stelle sich mal vor, was los gewesen wäre, wenn wir damals die AKWs einfach abgefackelt hätten, anstatt uns in Wind und Regen vor die Einfahrt zu setzen. Aber, hey, andere Zeiten, andere Sitten. Es geht ja diesmal auch nur um hilfsbedürftige Menschen und nicht um die Atomindustrie...