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Kolumne Generation CamperIch bin dann mal religiös?

Pilger sind sich ja sehr ähnlich. Doch religiös sind sie nur vereinzelt. Schwer deshalb, eine Doktorarbeit in Religion über sie zu schreiben.

Die Bibel liest er wohl nicht Foto: imago/Blickwinkel

S chlagwörter wie „Selbstfindung“, „spirituelles Interesse“, „Auszeit“ oder „Entschleunigung“ sind medial omnipräsent, wenn es um den spanischen Jakobsweg geht. Man meint, damit alles über Pilger zu wissen. Bis jemand auf die Idee kommt, seine Doktorarbeit in Religionswissenschaften über den Zusammenhang von Pilgern und Backpacking zu schreiben.

Wie der Schweizer Tommi Mendel, der mit „Common Roads“ die Schlussfolgerung nahelegt: Nichts passt so richtig. Denn Pilger und Backpacker sind sich ähnlicher, als man denkt. In ihren Beweggründen, ihren Leidenschaften, ihrer Reisepraxis. Beide, so Mendel, speisen sich aus ideologischen und politischen Abgrenzungen und Aufbrüchen der 1960er Jahre, beide Gruppen sind konsumresistent, aber schätzen umso mehr zwischenmenschliche Kontakte. Eine konfessionelle Religiosität findet sich in beiden Gruppen nur vereinzelt.

Und nicht nur das: Auch ihre Wege kreuzen sich. Tommi Mendel berichtet von Spanien-Pilgern, die zu Aschrams nach Indien weiterreisen, und umgekehrt von Backpackern, die nach ihrem Asientrip in Spanien wandern gehen. Oder auf anderen internationalen Pilgerwegen wiederauftauchen, etwa dem japanischen Shikoku Henro. Und auch buddhistische Pilger werden in Spanien gesichtet. Unterschiede sind vor allem historischer Art.

Galt Backpacking immer als Jugendphänomen, so ist es – zumindest auf dem Camino in Spanien – längst ein Mehrgenerationenmodell. Ein weiterer Unterschied: Echte Drifters sind Historie. Wer heute auf Backpackerrouten in Laos und Kambodscha unterwegs ist, denkt kaum ans Aussteigen, sondern an einen Break, den man sich leistet – meist zwischen zwei Lebensabschnitten.

Heute, meint Toni Mendel, sind alle Touristen. Nach der Lektüre seiner Arbeit ist aber auch klar: Pilger und Backpacker bilden eine ganz besondere touristische Spezies. Eigentlich eine gute Nachricht: Die Träume vom anderen Reisen sind längst nicht ausgeträumt. Sie werden gelebt.

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