Kolumne Generation Camper: Geschlechterkampf im Badezimmer
Keine Emanzipation der Frauen ohne ein richtiges Klo. Ein Besuch im Badezimmer-Museum Hans Grohe im tiefsten Schwarzwald.
U ff!“ stöhnt mein Begleiter, „Frauen und Bäder …“ Er denkt laut vor sich her, unschöne, frauenfeindliche Gedanken, mitten beim Sightseeing in diesem großartigen Badezimmer-Museum von Hans Grohe. Ich habe ihn hierher gelotst, in den tiefsten Schwarzwald. Wo man als Tourist eigentlich Kuckucksuhren und Bärenparks erwartet, produziert auch diese weltbekannte Spezialfirma für Bäder und Sanitär.
Es ist ein Gang durch 100 Jahre Badezimmerkultur. Man schlendert durch zeitgeistig-stilechte Szenarien. Jedes dieser Badezimmer wirkt auf mich wie die Manifestation eines zivilisatorischen Fortschritts. Menschenfreundlich, unaufhaltsam. Ein echter Aufstieg vom Außenklo zum Badeparadies.
Man betrachte die Anfänge: notdürftig vernagelter Donnerbalken neben einem Steintrog, an dem man sich notfalls waschen muss, auch bei Kälte, Sturm und Schnee. Nein, ich will niemanden bekehren – aber gerade hier fällt mir Ban Ki Moon ein, der UN-Generalsekretär, und sein beherzter Einsatz für Klos und Sanitäres. Kein Witz: An jedem 19. November ist Welttoilettentag. Ban Ki Moons Begründung: der Schutz der Frauen vor Übergriffen und Vergewaltigungen.
Jede dritte Frau auf der Welt habe keinen Zugang zu sicheren Toiletten. Frauen hätten unter geschlechtsspezifischer Gewalt, Krankheiten und unter Schamgefühlen zu leiden, wenn sie einen Platz suchen, um ihre Notdurft zu verrichten. Die „öffentliche Defäkation“, so Ban Ki Moon, müsse unbedingt beendet werden.
Von den weltweiten Problemen mit Trinkwasserversorgung weiß inzwischen alle Welt – aber was weiß man schon von den sanitären Bedingungen, der Hygiene, den Abwässern? Und den menschlichen und gesundheitlichen Folgen?
„Keine Emanzipation der Frauen ohne ein richtiges Klo!“ trumpfe ich auf, „keine Unversehrtheit, keine menschliche Würde, keine Gesundheit, keine Sicherheit!“ Ja, Badezimmer sind ein Frauenthema. Und grundlegender, als mancher Mann gern glauben möchte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rassismus der CDU
Merz will Doppelstaatler ausbürgern
Dreikönigstreffen der FDP
Lindner schmeißt sich an die Union ran
Regierung in Österreich
Warnsignal für Deutschland
Neunzig Prozent E-Autos bei Neuwagen
Taugt Norwegen als Vorbild?
Religionsunterricht
Deutschlands heilige Kuh
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Eine Frage des Vertrauens