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Kolumne Generation CamperEierlegende Wollmilchsau

Seit ich mit der GPS-App auf Wanderschaft gehe, bin ich Technik-Fan. Ich verlaufe mich nicht mehr. Nur mein Freund ist nicht begeistert.

Technik sei Dank: Jetzt muss man auch nicht mehr auf die Schilder achten. : imago/Stefan Schwenke

E r liebe das Unerwartete, sagt der agile Freund. Angst vorm Verlaufen? Das gehört doch dazu, so sei das wahre Rucksackwandern! Ich wollte ihm eigentlich nur von meiner Reisebegleitung, meinem iPhone erzählen. Seit ich diese genialische GPS-App installiert habe, bin ich Technik-Fan.

Und ich verlaufe mich nicht mehr. Meine Distanz zu dem kleinen elektronischen Universaltalent ist dahin, ich liebe es neuerdings wie eine eierlegende Wollmilchsau.

Ob ich noch auf dem richtigen Weg bin, wo ich den nächsten Cappuccino erwarten kann, wo Nord und Süd und oben und unten sind, ich kann mich verorten. Und das ist wunderbar. Orientierungslosigkeit mitten im Wald und Gewaltmärsche vorm Dunkelwerden – das war früher.

Soziologin und Autorin, sie lebt eigentlich in Frankfurt, fährt aber am liebsten mit dem flotten Campmobil durch das Land. Ab und an hält sie an, um zu wandern. Kontakt: Chburghoff@aol.com

Wenn der Wanderweg unter Wasser steht, wenn die Markierungen weg sind, wenn ich überhaupt die Nase voll habe und einfach nur auf dem kürzesten Weg zum nächsten Bett will, dann ist das alles kein Problem, denn ich weiß jetzt, wo es langgeht.

Mein Freund hat gut reden und wahrscheinlich ist er einfach nur nostalgisch: Er verliert Kompetenz. Er hat mehrere Wanderbücher verfasst und das zu einer Zeit, als an GPS noch gar nicht zu denken war. Ein Profi.

Ich profitiere jetzt (Danke!) von den Aktivitäten der Internetgemeinde, die auf einschlägigen Webseiten unzählige GPS-Tracks vom kleinsten Rundweg bis zu den großen Fernwanderwegen zum Download ins Netz gestellt hat. Was ich brauche, schicke ich auf meine App und lade dann die Karten dazu.

Alles offline, versteht sich. Denn das ist das Schöne daran: Auch ohne Internetverbindung und selbst ohne Mobilfunknetz (kostengünstig, vor allem im Ausland) kann ich mich jederzeit orientieren.

Natürlich weiß ich, dass mich dieses kleine elektronische Monster immer mehr im Griff hat, dass es mich transparent für die Interessen von Menschen macht, denen ich weder ihre Macht noch mein Geld zugestehen möchte. Ob ich will oder nicht: Sie finden mich. Überall und jederzeit. Aber Hand aufs Herz: Wenn es wirklich nötig ist, will doch jeder Outdoorfan schnellstens gefunden werden.

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