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Kolumne Geht's nochMia san mia – und ihr seid ihr!

Jürn Kruse
Kolumne
von Jürn Kruse

Thomas Müller beschwor vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid den nationalen Schulterschluss. So ein Quatsch.

Vier Ohrfeigen ins Mia-san-mia-Gesicht: Thomas Müller am Dienstag auf dem Münchner Rasen. Bild: dpa

N ull zu vier. FC Bayern gegen Real Madrid: null zu vier! Die Münchener sind raus im Halbfinale. Gedemütigt von Ronaldo, Ramos und Pepe. Nun müssen allen voran wir Presseheinis uns kritisch fragen, ob wir wirklich alles für den Erfolg des FC Bayern und darüber hinaus für den Erfolg des ganzen Landes getan haben.

Schließlich hatte Bayerns Offensivallrounder Thomas Müller die volle Unterstützung für das Rückspiel gefordert „von allen, auch rundherum um den Verein, auch von den Medien, von der Presse. Wir sind alle Deutsche.“ Tja, Thomas, wir haben es nicht geschafft. Sorry. Lass uns uns in den Arm nehmen und gegenseitig trösten.

So ein Quatsch. Denn das einzig Gute ist – nach diesen vier Ohrfeigen ins Mia-san-mia-Gesicht –, dass uns das völlig egal sein kann, dir aber zu denken geben sollte. Du, lieber Thomas, und wir sitzen nicht in einem Boot. Wir spielen noch nicht einmal dasselbe Spiel: Du kickst, wir schreiben, fotografieren oder machen Fernsehen.

Wir stellen die Fragen, du antwortest – wenn du willst. Für alles andere, für das Mia-san-mia, hat dein Klub eine Werbeabteilung, die besser ausgestattet ist als die meisten Redaktionen in Deutschland. Die schlauen Werbefüchse ordern fürs nächste Halbfinale bestimmt wieder tolle Klatschpappen. Damit können die Fans auf den Sitzplätzen dann für diese Flutlichtspiel-Atmosphäre sorgen, die die Uefa so gerne im Fernsehen sieht und hört.

Aber wir Journalisten sind nicht dazu da, euer Hochglanzprodukt zu vermarkten. Das vergisst der eine Kollege oder die andere Kollegin manchmal. Das vergessen Sportler immer wieder. Und das haben viele Funktionäre und Vereinsbosse sowieso noch nie verstanden. Aber so ist es nun mal: Wir sind wir – und ihr seid ihr.

Immerhin erlaubte es Müller uns Journalisten am Ende seines Appells dann doch noch, Kritik zu üben, allerdings nur, „wenn wir es am Dienstag nicht schaffen sollten. Dann könnt ihr uns von mir aus zerlegen.“ Ach, Herr Müller, das hat Real doch schon zur Genüge getan.

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Jürn Kruse
Ist heute: Redaktionsleiter bei Übermedien und freier Autor. War mal: Leiter des Ressorts tazzwei bei der taz. Davor: Journalistik und Politikwissenschaft in Leipzig studiert. Dazwischen: Gelernt an der Axel Springer Akademie in Berlin.
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