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Kolumne Gangneung StyleDer Guru der Church of Olympia

Kolumne
von Markus Völker

Der Gemeinde des quasi-religiösen IOC kann man sich kaum entziehen. Dem Oberguru fehlt es an Charisma, doch dafür bietet sie Einmaliges.

Oberpriester der Church of Olympia Thomas Bach bei der Predigt Foto: ap

V ielleicht 400 Meter vom Mediendorf entfernt trifft man auf die Zeugen Jehovas. In ihrer mobilen Auslage präsentieren sie jene Standardwerke, die man so ähnlich auch aus Deutschland kennt. Etwas weiter haben sich zwei Frauen aufgebaut, die Beutel mit der Aufschrift „Jesus is you“ verteilen. Mädchen werben anderntags für ein christliches Jugendwerk. An der Curling-Halle residiert die World Mission Society Church. Es kann kein Zufall sein, dass sie alle in der Nähe von Olympia auf Mission sind. Sie müssen eine Verwandtschaft mit der Church of Olympia spüren.

Es mögen keine direkten Glaubensbrüder sein, deren Nähe sie da suchen, aber Olympia als quasireligiöse Gemeinschaft – die größte in diesen Tagen – hat sie angezogen wie Motten das Licht. Man glaubt in der Church of Olympia an den Erfolg, an Leistung, aber auch an das Gute, das die Welt zu einem besseren Ort machen soll. Dieser Anspruch ist so speziell wie die Idee, das Schicksal werde von einem höheren Wesen gelenkt.

Die Church of Olympia wirbt mit einem Heilsversprechen, ihre Eschatologie ist die nächste Flower Ceremony. Der Messias ist nicht fern, er steht immer schon im Starthäuschen der Abfahrtsstrecke, er sitzt immer schon auf dem Rodel. Die Church of Olympia hat einen Oberguru, Thomas Bach. Der ist ein Meister des Schwafelsprech. Er sagt etwas, und man weiß sofort: Das kann so nicht stimmen. Das ist Propaganda, Phrase.

Opferbereite Kirchgänger

Das Unklare und Widersinnige gehören zwangsläufig zur Church of Olympia, denn sollte Bach von Korruption, Doping und Kommerzialisierung reden? Spricht ein katholischer Priester über Kindesmissbrauch und Frauenquote? Komisch nur, dass sie in der Church of Olympia so einen völlig uncharismatischen Typen an der Spitze dulden. Da hat die normale Kirche mehr drauf. Aber die Church of Olympia hat dafür etwas Einmaliges zu bieten: eine opulente Bildwelt, gegen die Michelangelo mit seinen Fresken nicht anstinken kann.

Es gibt viele Jünger in der Church of Olympia. Zuerst sind da die Sportler, die der Church ihre Gesundheit opfern. Dafür werden sie von den olympischen Instanzen mit Edelmetall belohnt. Das ist, auf den ersten Blick, ein lächerlich schlechtes Geschäft. Man kann mit 40 – Claudia Pechstein ausgenommen – nicht mehr krauchen, hat aber, wenn man Glück gehabt hat, eine Goldmedaille im Schrank liegen.

Zum Heer der Jünger gehören viele Journalisten, TV-Zuschauer und Sportfans. Irgendwie sind wir alle drin in der Church of Olympia. Das Schöne: Sie ist nicht mal kirchensteuerpflichtig. Amen.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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