Kolumne G-nervt: Die Welt behält ihr Gleichgewicht

Vielleicht werden nach dem G20-Gipfel in der Roten Flora die Sektkorken knallen. Aber erfolgreich werden Linke nicht sein.

Sechs Menschen posieren mit Masken von Regierungschefs der G20-Länder

Wäre „die Macht“ besser, wenn sie sich nicht in Szene setzen würde? Foto: dpa

Es bringt doch alles nichts. Seit Wochen mobilisiert die radikale Linke zu Protesten gegen den G-20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg. Mit allem, was dazu gehört: Plakate, Sticker, Graffiti, Vorträge, Facebook-­Videos, Twitter-­Accounts, Hashtags, Aktionstrainings, Brand­anschläge. Das volle Programm. Recht routiniert geht es da zu, in der radikalen Linken. Scheint so, als sei ihr die Spontanität endgültig abhanden gekommen. Man macht das halt so.

Eigentlich falle ich in die Zielgruppe. Ich kann halbwegs schnell laufen und halte nicht besonders viel vom Kapitalismus. Doch was soll der Protest bringen? Auf der Webseite von „Block G20“, einer Initiative, die mittels zivilem Ungehorsam und Blockaden gegen den Gipfel vorgehen will, kann man lesen: „Unser Ziel ist es, den Ablauf des G-20-Gipfels spürbar zu stören und die Inszenierung der Macht, die der Gipfel darstellt, zu brechen.“

Es drängt sich die Frage auf, ob „die Macht“ besser wäre, wenn sie sich nicht in Szene setzen würde. „Wir handeln in der Tradition von Block G 8 aus Heiligendamm, Dresden Nazifrei, Castor schottern, Ende Gelände oder Blockupy“, heißt es im Aufruf.

Sieht man von Dresden Nazifrei ab, hat nichts davon irgendetwas geändert. Wobei, doch – Blockupy hat immerhin dem Auftragsbuch von Carglass ein paar neue Einträge beschert. Der routinierte Protest, der sich radikal gebärdet, bleibt ansonsten folgenlos. Der Berliner Künstler Grim104 rappte einmal: „Egal, wie viel Flaschen wir auch schmeißen / Es ändert nichts / Egal, wie hart wir pogen / Die Welt behält ihr Gleichgewicht“.

Die Politik der Gipfelteilnehmer wird sich nicht ändern und der Kapitalismus nicht in sich zusammenbrechen. Selbst dann nicht, wenn superkritische Manifeste direkt vor dem Tagungsort von brennenden Barrikaden verlesen würden oder die Limousinen der Staatschefs wegen Blockaden etwas Verspätung hätten. Aber es geht ja auch nur darum, die „Inszenierung“ zu „brechen“. Also im besten Fall darum, dass neben Gipfel-Händeschütteln auch ein wenig Demo-Geschehen in der „Tagesschau“ gezeigt wird.

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Alexander Nabert war Medienredakteur der taz. 2018 und 2019 recherchierte er im Rechercheressort zu "Hannibals Schattennetzwerk": taz.de/hannibal.

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