Kolumne Flimmern und Rauschen: Chance verpasst
Rundfunkgebühren – für viele ist das ein Reizwort. Am Mittwoch wird das Bundesverfassungsgericht darüber befinden, ob sie rechtens sind.
Wenn Sie, geschätzte LeserIn, diese Zeilen am Mittwoch nach 10 Uhr lesen, ist die Messe schon gesungen: Das Bundesverfassungsgericht urteilt Mittwochmorgen in Sachen Rundfunkbeitrag. Offiziell geht es darum, ob das ganze Konstrukt, mit dem 2013 die bis dahin am Empfangsgerät festgemachte Gebühr und die beliebte Gebühreneinzugszentrale (GEZ) abgelöst wurden, verfassungsgemäß ist.
Dass Karlsruhe da schwerwiegende Zweifel hätte, ist nicht zu erwarten. Es geht eher um Detailfragen, die der zuständige Erste Senat bei der mündlichen Verhandlung im Mai mit verfassungsrechtlicher Gravitas als „Probleme einer gleichheitsgerechten Belastung“ umschrieb. Etwa um die Frage, ob Menschen, die gleich in zwei Wohnungen alleine hausen, weiter doppelt zahlen müssen; oder ob der Autovermieter mit den lustigen Anzeigen wirklich für alle Radios zur Kasse gebeten wird.
Medienpolitisch schwer Interessierte werden auch noch ihr Ohr ans Kleingedruckte halten und prüfen, ob es Hinweise zum laufenden Reformprozess und zur Rolle des Public Service ganz allgemein gibt. Oder ob sich irgendwelche Nebensätze zur Frage der Möglichkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung per Steuer finden – Dänemark und Schweden stellen gerade um, und die steuerfinanzierte Deutsche Welle fühlt sich hierzulande mittlerweile auch ganz normal.
Derweil erhalten aktuell eine ganze Menge Menschen Post von ihrem Rundfunk, den sie über ihre Beiträge ermöglichen – oder eben noch nicht: Mit einem erneuten Meldedatenabgleich hat der Zentrale Beitragsservice neue Adressen gefunden, denen noch kein Konto zugeordnet ist.
Medienprofi Steffen Grimberg (früher taz, NDR und ARD, jetzt MDR) bringt jeden Mittwoch Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt.
Die entsprechenden Aufforderungen, sich anzumelden, klangen zu GEZ-Zeiten immer ein bisschen wie die Ladung zur vorsorglichen Erschießung – jetzt ist der Ton milder: „Der Anlass ist, dass unter der oben genannten Adresse keine Wohnung auf Ihren Namen bei uns angemeldet ist“, belehrt das Schreiben und bittet um ausgefüllte Rücksendung mit 14-Tage-Frist. Sonst könne von Amts wegen angemeldet werden.
Das ist mitten in der Sommerferienzeit ein bisschen kühn, und überhaupt lässt sich das öffentlich-rechtliche System eine fette Chance entgehen, seinen Sinn und Zweck dem geschätzten Publikum mit ein paar noch netteren Worten nahezubringen.
Mein Ökostromanbieter schreibt auf den ersten anderthalb Seiten jedenfalls immer, was für ein guter Mensch ich bin, was mein Bezug von grüner Energie für die Welt im letzten Jahr gebracht hat, was wir Klimahelden noch alles Geiles zusammen vorhaben und – weil ich dabei bin – auch hinkriegen. Um dann dezent wegzunuscheln, dass wegen gestiegener Irgendwas die Kilowattstunde ab sofort ein paar Cent … – und man zahlt gern!
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