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Kolumne EbenSchöner Zelten

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

Flüchtlinge in Zelte stopfen gilt hierzulande als „menschenwürdig“. Kein Wunder. Hierzulande gilt Zelten auch als Menschenrecht.

3 qm Deutschland. Foto: dpa

H eißes Sommerwochenende in Deutschland und unter Zeltdächern wird gekühltes Bier getrunken, Pferden und Fußballspielern beim Rennen und Kindern und Nachbarn beim Planschen zugeguckt. Am Kaulsdorfer See trat das Böse nur mal ganz kurz in Form eines dicken deutschen und nackten Mannes auf, der zwei tobende Kinder anfauchte: „Aufe Fresse oder was?“

Flüchtlinge, die nicht an Badeseen, auf Sportanlagen oder Bierfesten Schatten suchend unter Zelten stehen, sondern vor und zwischen Zelten bei saharistischen Temperaturen darauf warten müssen, dass eine Behörde ihre Wartenummer ausruft und ihre Anträge bearbeitet, kriegen noch ganz anderes zu hören.

Dass zu viele Flüchtlinge den Deutschen (NPD) oder dem Kapitalismus in Deutschland (DIE WELT) unwürdig sind und die Zeltstädte nicht sehr schön, aber auch nicht sehr „menschenunwürdig“ sind (Sächsisches Sozialministerium).

Kann man ernsthaft auch nur einen Moment lang denken, dass es menschenwürdig ist, in einem Zeltlager unter ärztlich attestierten, mangelnden hygienischen und medizinischen Bedingungen zu leben? Ist es menschenwürdig, wenn man sich vor Eintritt in ein Zeltlager erstmal von einem Arzt in den Mund gucken lassen muss?

Zelten gilt in Deutschland als Menschenrecht. Dem Campingweltmeister Deutschland ist nichts selbstverständlicher als ein Leben in einem überwachten Zeltlager. Tausende Deutsche fahren jedes Jahr tausende Kilometer Auto, um auf Parkplätzen in Natur- und Bratwurstnähe ihre Zelte nebeneinander zu stellen, Zäune drumrum zu bauen, Überwachungskameras dranzuhängen, fünf Meter hohe Deutschlandfahnen aufzustellen und jeden, der die strikten Campingplatzregeln nicht einhält mit „Aufe Fresse oder was?“ anzufauchen.

Menschenwürdig ist ein Kampfbegriff, mit dem auch jene gefüttert werden, die bei der „Abfertigung“ von Flüchtlingen am liebsten die Stopp-Taste drücken würden. Ein Leben zwischen Dixie-Klos, Müllbergen und Essenschlangen, in dem man sich mit hunderten einen Wasserhahn teilen muss, wird man aber nicht mehr lange als menschenwürdig verkaufen können, wenn es sich nicht um den freiwilligen und freizeitvergnügten Aufenthalt in Wacken oder auf der Grav-Insel handelt.

Es wäre doch ganz schön, könnte der Kapitalismus einfach auch mal andersrum fies sein. Zu denen, die bestimmen können, ab wann es menschenunwürdig genug geworden ist, um Menschen in einem menschenleeren Land wie Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern ein paar Wohnungen herzurichten.

Man stelle sich einfach mal vor, am Eingang eines Campingplatzes in Dänemark oder Kroatien würde diesen Deutschen jemand sagen: „Entschuldigung, aber Sie kommen aus einem sicheren Herkunftsstaat. Wir können Sie nicht reinlassen. Unsere Zeltplätze sind voll. Wir können sie leider nicht mehr menschenwürdig unterbringen.“

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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2 Kommentare

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  • In vielen Flüchtlingslagern mögen die Zustände schlimm sein, aber es fehlt einfach an entschlossenen Reaktionen und Handlungen der Politik. Unsere Nachbarin ist Ärztin und hilft ehrenamtlich. Sie sagt auch die Helfer tun was sie können aber es fehlt schlichtweg an finanziellen Mitteln und Personal um die Menge an Flüchtlingen optimal unterzubringen und versorgen zu können.

  • "Man stelle sich einfach mal vor, am Eingang eines Campingplatzes in Dänemark oder Kroatien."

     

    Weil ... Flucht is ja sowas wie Urlaub, nich?