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Kolumne Die eine FrageKann Trump etwas Gutes haben?

Kolumne
von Peter Unfried

Trump zu verhindern, darf nicht bedeuten, seine Wählerschaft zu bekämpfen – ihre Probleme und Wünsche müssen gehört werden.

Wie ticken seine Wähler? Foto: reuters

A ls der Polizeiwagen in die Cedar Street einbiegt, schmeißt der Dude vor dem Café Pergolesi eilig sein Piece in einen Busch. Jetzt findet er es nicht mehr. Ein zweiter Graukopf steht von seinem Verandaplatz auf und fängt auch an, in dem Busch rumzukramen.

„Here it is“, sagt er nach zwei Minuten Geraschel. „Thanks, man“, antwortet der Piecebesitzer. Dann rauchen sie das Zeug gemeinsam weg. Auf dem Bürgersteig. Im Garten des Cafés ist Rauchen verboten.

Dieses Surf- und Collegetown an der Westküste nahe dem Silicon Valley gilt als superentspannt, identitätspolitisch hyperliberal und superlinks. Aber die Polizei ist überall und hat das größte Gebäude der Stadt.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump braucht sich hier nicht zu bemühen. Wie ja in ganz Kalifornien nicht, weil der Staat eh an die Demokraten geht. Aber praktisch nirgendwo hängt ein Schild für Hillary im Fenster. Die entsprechenden Plätze sind immer noch besetzt mit „Bernie 2016“. Manchmal sieht man ein „Vote Democrat“.

Ein global gefährlicher Kandidat

Das kommt mir wie eine Distanzierung von der Frau vor, die man wählt. Es ist also eine ideale Wahl für ein progressiv-moralisches Milieu im permanenten Entlarvungsmodus. Hier eine erfahrene Mainstream-Kandidatin, der man Opportunismus, Geldgeilheit, Eliten-Dienerschaft vorwerfen kann. Dort ein global gefährlicher Kandidat, der neben allem anderen auch noch alle identitätspolitischen Fortschritte sabotiert. Und der eine politisch und ökonomisch abgehängte Wählerschaft mobilisiert, indem er ihre Vorurteile bedient.

Die zwei reflexhaften Reaktionen sind: alle zum bösem Establishment zu erklären – außer sich selbst. Oder einen moralischen Endkampf gegen rechts auszurufen und mit Stinkefingern zu argumentieren, wie der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel. Beides ist falsch.

Wenn man hier die grauhaarigen Babyboomer in ihren Prius zum unabhängigen Bookshop fahren, über den Bio-Farmers Market gehen oder auf das All-Gender-Klo im Museum rennen sieht, dann sieht man, wie seit 1968 die individuelle Freiheit vorangekommen ist, durch ein funktionierendes Einhergehen von Kapitalismus und identitätspolitischer Progressivität.

Identitätspolitische Sauereien

Aber eben nur für manche. Die Latinos in den miesen Dienstleistungsjobs pendeln aus einer grauen Domestikenstadt, die nicht an der Küste liegt. Die guten Jobs werden weniger, die Einkommensschwachen und Hippie-Dudes werden zunehmend abgedrängt.

Es geht jetzt darum, Trump zu verhindern. Aber es geht auch darum, Trump als Wake up call zu akzeptieren. Und, so schwer es auch fällt, die identitätspolitischen Sauereien als Strategie zur Mobilisierung von politisch ungebildeten Menschen einzuordnen. Also nicht diese Menschen zu bekämpfen. Sondern die Strategie, die Trump von den Republikanern übernommen und zugespitzt hat.

Wenn die identitätsprogressiven Kapitalisten, also wir, auf Trumps brutale Verrohung mit einem brutalen Moralwettbewerb antworten, dann wird das die Polarisierung vorantreiben.

Vielleicht sollten wir moralische Priusfahrer daher den Mitbürger nicht als unanständigen, weißen Trash verdammen, sondern uns ernsthaft mit dessen Problemen, Wünschen und Träumen beschäftigen. Die enthalten sicher nicht die All-Gender-Toilette, aber sie bestehen auch nicht primär darin, ethnische Minderheiten zu diskriminieren. Sondern in: anständiger Arbeit, anständiger Bezahlung, dem Gefühl von Teilhabe. Ernsthafte Minderheitenpolitik plus Politik für die weiße, abgehängte Landbevölkerung hinzukriegen, das scheint unmöglich.

Seien wir realistisch und versuchen es.

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7 Kommentare

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  • Also, bei allem Unbehagen über Trump: Er sagte neulich, daß es mit ihm keine weiteren 'RegimeChanges' geben würd. DAS fände ich eine gute Nachricht, denn dieses arrogante Gehabe, anderen Staaten mit Waffengewalt eine USA-genehme Regierung 'aufzudrängen', ist absolut unmöglich. Ach ja, für all' die vielen Völkerrechtsexperten, die es noch kürzlich bei uns gab: das ist auch Völkerrechtswidrig (Einmischung in die inneren Angelegenheiten) !!

  • Der US-Kongress wird Trump weitgehend ausbremsen, wie er weiland schon Reagan ausgebremst hat und später Obama.

     

    Haben Menschen in Deutschland, die gegen Trump sind, ihr Herz wirklich bei den amerikanischen Unterprivilegierten, bei den Opfern von Rassismus und Migrantenfeindlichkeit, oder haben sie nur die reibungslose Abwicklung der Geschäfte mit den USA im Kopf, für die Clinton Garantin gewesen wäre?

    • @Khaled Chaabouté:

      Ich denke in erster Linie übernehmen sie ihre Meinung schlicht aus dem Konsens der Mainstream-Medien. Auf die Art hat man schnell ein paar Kommentare zur Hand mit der man sich mal an einer Diskussion beteiligen möchte, und hat nicht den Aufwand sich eine eigene Meinung bilden zu müssen.

  • "Hyperliberal" und dann darf man nicht im Garten rauchen. Da scheint etwas mit der Selbstwahrnehmung in dieser elitären Subkultur nicht zu stimmen.

  • Es ist vollkommen gleichgültig, wer Präsident bzw. Präsidentin der USA wird! Die Präsidentschaften von Bill Clinton und Barack Obama habe ich sehr bewußt erlebt. Beide demokratische "Hoffnungsträger", die von ihren großen Plänen nichts oder kaum etwas umsetzen konnten, die auch an der menscheitsbedrohenden Politik des einzig verbliebenen Imperiums, den USA, allenfalls in "Stilfragen" etwas geändert haben - Clinton konnte immer so mitfühlend gucken und Obama gescheit daherreden. Das war aber schon alles und hat kein Bißchen an der Wirtschaftsmacht- und Kriegspolitik des Imperiums geändert. Hillary Clinton ist eine glühende Befürworterin dieser Politik. Deshalb denke ich, daß Trump zum Popanz aufgebaut wird. Regierte er, würde der "Stil" eben rüpelhafter. Die Oligarchie der Reichen, welche den Staat der USA spätestens seit dem Staatsstreich von 1963 (Mord an JFK) vollkommen beherrscht, würde selbst den "Klassengenossen" Trump auf den rechten Pfad zurückleiten, falls er gegen ihre Interessen handeln sollte. Wirklich, es ist piepegal, wer das Imperium als Marionette der herrschenden Klasse "leitet" - und ich erwartete von linken Medien, daß sie über Strukturen, Interessenlagen, politisch-wirtschaftliche Verflechtungen und vor allen den Weg des Geldes in der US-Politik aufklärten (bekanntlich auch in der Terrorismus-Forschung der Königsweg).

    • @Albrecht Pohlmann:

      Nein, es war BISHER egal, wer Präsident wurde. Bei Trump ist das anders, der ist nicht nur rüpelhaft, sondern geradezu untragbar und völlig unberechenbar. Man muss kein Freund von Hillary Clinton sein, um in ihr das erheblich kleinere Übel zu sehen. Trump wäre eine Katastrophe nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt. Der Kerl ist einfach inkompetent und bauchgesteuert genug, um die Welt gewollt oder ungewollt ins Chaos zu stürzen.

      • @Mustardman:

        Nachdem seit gut 60 Jahren die Mehrheit aller Kriege, Bürgerkriege, Hungersnöte und Epidemien direkt oder indirekt durch US-amerikanische Außenpolitik verursacht wurde wäre ich schon interessiert daran in welches "Chaos" ein Präsidentschaftskandidat Trump die Welt noch stürzen sollte. Vor allem solange er ganz explizit ankündigt die Hauptursachen für Gewalt und Armut (amerikanische Besatzung und globaler Freihandel) ganz explizit abzuschaffen.

         

        Sein sie doch mal explizit, und nennen sie mal ein paar angekündigte Entscheidungen von Trump die für Menschen außerhalb der USA tatsächlich Nachteile haben könnten.