Kolumne Die Kriegsreporterin: Ich hab mich verliebt. In eine andere
Gruner + Jahr vergisst, Kioskbetreiber zur Heftauslage zu briefen. Und die Kolumnistin verabschiedet sich in die Beziehungspause.
H allo taz-Medienredaktion!
Kennst Du das, wenn Dein Partner Dir vorschlägt, man sollte mal ein wenig Abstand gewinnen? Nein, nicht sich trennen, aber mal so ein wenig lockerlassen. So Richtung Beziehungspause. Damit man sich klar wird, ob man noch was voneinander will oder nicht. Kennste nicht?! Dann lernst Du es jetzt kennen. Und ja, bevor Du jetzt fragst, es gibt eine andere. Sie ist in meinem Kopf. Lange schon. Und sie geht einfach nicht weg.
Das hat aber nichts mit uns zu tun, wirklich nicht. Es ist die Idee einer Zeitschrift. Und ich glaube, ich muss es mit ihr jetzt mal ausprobieren. Also nicht gleich das ganze Programm. Noch weiß ich ja gar nicht, ob es mit ihr und mir funktionieren würde. Aber ich würde gern mal gucken, ob es überhaupt eine Option wäre, so eine Neue in meinem Leben. So drei, vier Monate Pause zwischen Dir und mir und dann sehen wir weiter. In der Zwischenzeit wird sich zeigen, ob das mit der anderen und mir was werden könnte oder ob ich mich da nur in die Idee von etwas verliebt habe.
Ja, ich finde das auch schade. Denn natürlich lieb ich Dich. Das ist gar keine Frage. Ich hätte auch gar nichts gegen eine Beziehung zu dritt. Nur weil es eventuell da die andere gibt, muss es zwischen Dir und mir ja nicht aus sein. Ich habe immer schon gesagt, dass ich Monogamie für ein verfehltes Modell halte. Das Sich-entscheiden-Müssen. Das ist völliger Blödsinn. Jeder kann mehr als eine lieben.
Ja, natürlich ist mir klar, dass das für manche jetzt ganz schön hart wird. Keine Orientierung, kein Korrektiv. Zum Beispiel Gruner + Jahr. Mein Dauersorgenkind. Die haben gerade ein Heft zweimal rausgebracht. Bis auf ein Thema ist auf dem Titel jedes Fitzelchen identisch und einmal liegt das Magazin unter Brigitte Spezial Reisen mit Kindern 2016 und einmal als Geo Saison Reisen mit Kindern 2016 da. Das Brigitte-Magazin ziert ein Als-ob-Aufkleber „In Zusammenarbeit mit Geo Saison“ und Geo Saison ziert ein Als-ob-Aufkleber „In Zusammenarbeit mit Brigitte“. Lustigerweise liegen die am Kiosk gleich nebeneinander. Wer soll den Gruners jetzt sagen: Wenn ihr schon meint, die da draußen seien Vollpfosten, denen man jeden Scheiß andrehen kann, dann brieft doch wenigstens die Kioskbesitzer dahingehend, dass sie die beiden Hefte nicht nebeneinander auslegen?
Lustiges Sparmodell
Oder Sorgenkind Nummer zwei, der kleine Walter, der Spiegel. Der hat so ein lustiges Sparmodell entwickelt. Da bekommen Leute, so schreibt das Magazin Bilanz, 100.000 Euro im Jahr dafür, dass sie nicht mehr zur Arbeit kommen. Man müsste denen wohl 125.000 zahlen, wenn sie kämen. Und da ist das ja voll ein Gewinn, wenn man diesen klugen, gebildeten, fachkundigen Leuten sagt: Schreibt mal nicht, wir kriegen das Blatt auch so voll. Weswegen unter einem 50 Zeilen langen Text manchmal zwei Dutzend AutorInnen stehen. Was, das habe ich mir erklären lassen, für deren Leistungsnachweis relevant ist. Um zu zeigen, wieviel man getan hat, ist es wichtig, überall aufzutauchen, wo man was beigetragen hat. Das wird der Grund sein, dass jeder sachdienliche Hinweis seinen Weg ins Blatt findet und immer aufgeschrieben wird, was für Schuhe jemand trägt, denn einer wird den Beitrag geleistet haben: „Meine Oma hat immer gesagt, an den Schuhen erkennt man einen Menschen.“
Ach ja, scheiße, Medienredaktion, ich fehle mir ja auch schon. Ich mach‘s jetzt so: Ich probier’ mal rum und dann melde ich mich wieder. Du musst immer dran denken: Die Neue mag zwar einen knackigeren Po haben, aber was Dich und mich verbindet, das kann uns keiner nehmen.
Und damit zurück nach Berlin!
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