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Kolumne Die Kriegsreporterin„Es gibt kein Gemeinschaftsgefühl“

Kolumne
von Silke Burmester

Unsere Kolumnistin heute in einem Schlapphut-Spezial: ein Interview mit einem Mitarbeiter von Gruner + Jahr. Stichwort Scheinselbstständigkeit.

Das Firmenlogo von Gruner + Jahr am Hamburger Baumwall. Foto: dpa

H allo taz-Medienredaktion!

Heute ist alles anders. Aus aktuellem Anlass. Stichwort Scheinselbstständigkeit. Schätzungsweise 30 bis 50 Prozent der Magazine von Gruner + Jahre werden durch freie Journalisten, Dokumentare, Bildredakteure, Grafiker und Schlussleser erstellt. Diese illegalen arbeitnehmerähnlichen Umstände von etwa 200 Personen muss Gruner abschaffen. Nur wie? Anstellen? Zu welchen Bedingungen? Schon zum 1. April? Der Verlag hält sich bedeckt. Ein Betroffener hat sich gemeldet. Er möchte anonym bleiben. Logo!

Gruners Pläne sind für viele eine existenzielle Bedrohung. Wo bleibt der Widerstand?

Wir sind dabei, uns zu organisieren. Aber wir sind ein Haufen um ihre Existenz besorgter Menschen, von denen viele sich wohl nicht klar darüber waren, dass sie Unternehmerinnen und Unternehmer sind, dass sie es mit einem Moloch zu tun haben, der sich nicht für sie interessiert und die nun geschockt sind, dass der anfängt, ihnen ihre Lebensgrundlage zu nehmen.

Das sind doch Journalisten. Sind die nicht informiert?

Erstens glaube ich, dass die Meisten politisch nicht besonders interessiert sind und daher auch nicht sehr streitbar. Und es gibt kein Gemeinschaftsgefühl. Man hat sich ja auch nicht gegen die Dumpingpreise gewehrt, die mittlerweile gelten.

Bei Ihren Treffen waren Anwälte der Gewerkschaften da, richtig?

Ja, von Verdi und dem DJV, auch von Freischreiber. Der hat nur den Kopf geschüttelt.

Worüber?

Weil wir so harmlos sind! Und so naiv! Weil die Leute erst ganz langsam verstehen, dass sie eventuell bald arbeitslos sind.

Ist das, weil die jung sind? Und Hefte wie Flow und Brigitte Mom machen?

Nein. Die haben Angst. Aber auch die naive Hoffnung, es werde irgendwie alles gut. Man muss sich vorstellen, man ist Redakteur und hat seit zehn Jahren mit dem Chefredakteur zusammengearbeitet, dann denkt man doch: Der findet ‘ne Lösung für mich!

Ist es nicht Sache der Verlagsleitung?

Soweit wir es jetzt wissen, bekommen die Chefredakteure ein Budget zugewiesen und sollen sehen, wen sie unter welchen Bedingungen anstellen. Das an die abzugeben, hat sicher auch den Grund, dass die Verantwortlichen für die Situation aus der Schusslinie sind. Statt ihrer geraten die Chefredakteure unter Druck.

Die Problematik der Scheinselbstständigkeit ist für Freie nicht neu. Haben sie eine Mitverantwortung für die Situation?

Ja. Viele haben das schlicht ignoriert. Und ich habe den Eindruck, es hat ein Agreement gegeben, anders ist das nicht erklärlich, dass die Behörden Gruner so lange haben machen lassen, während andere Verlage geprüft wurden.

Stimmt es, dass den Freien gesagt wurde, sie sollten eine UG oder eine GmbH gründen?

Ja, das hat ein Chefredakteur einem Freien vorgeschlagen.

Was heißt das?

Der Verlag bucht keine Person, sondern nimmt die Dienste der jeweiligen Gesellschaft in Anspruch.

Das unternehmerische Risiko wird auf die Freien übertragen?

Ja. Und wenn dann wieder jemand arbeitnehmerähnlich bei Gruner arbeitet, ist das ein Umgehungstatbestand. Wird Scheinselbstständigkeit festgestellt, ist die UG oder die GmbH dran und nicht der Verlag. Dies als Chefredakteur einem freien Mitarbeiter vorzuschlagen, ohne Beratung, ohne zu sagen, was das bedeutet, um als Verlag aus der Sache rauszukommen, ist nicht nur ein völlig unlauterer Vorschlag, das ist Aufforderung zum Rechtsbruch.

Sprachlos zurück nach Berlin.

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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9 Kommentare

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  • Die Bedingungen, unter denen freie Journalisten arbeiten, werden doch schon seit langem schleichend schlechter. Ich selbst bin vor rund fünf Jahren in eine andere Tätigkeit umgestiegen. Damals hatte ich Bauchschmerzen dabei, aber wenn ich heute sowas lese, war es doch gut so. Wer zu lange jeden Mist mitmacht, ist irgendwann selbst schuld an den Zuständen.

  • Irgendwas mit Medien......

    .

    ....aber nicht die grundlegenden politischen Rahmenbedingungen für die eigene Arbeit im Kopf und erst recht nicht beim Handeln/Schreiben. Weder bei der eigenen Situation, noch bei der eigenen Berichterstattung.....Wir sind ja Unternehmer;-((

    .

    Ohne die verpflichtende KSK, hätten viele in diesem Bereichen nicht einmal eine rudimentäre soziale Absicherung.

    .

    Bei Verdi, DJU usw. "bin ich nur", weil die den "Ausweis" verlängern:-((

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    Auf der anderen Seite sind aber gerade "Freie" bei der Konzentration der Gewerkschaften (aus welchen Gründen auch immer) massiv unter den Tisch gefallen. Wer sich die Entwicklung von z.B.der RFFU bis Verdi mal vor Augen führt, weis das, wobei es bei den ÖR im Vergleich zu den "Commercials" ja noch relativ gesittet zugeht!

    .

    Für die Inhalte ist diese Gruppe, "so sorry", die letzlich das Rückgrat jeder Berichterstattung ausmacht, unverzichtbar, wird aber von den Fest-Kollegen ofr ziemlich vernachlässigt. Vergl. dazu mal "Laufzeit" von "Hororaransweisungen" usw. ! :-((

    .

    Brummt

    Sikasuu

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    Ps. Die Solidarität, der Zusammenhalt zw. Festen&Freien ist nicht gerade berühmt trotz massiver Abhängigkeit voneinander!

    • @Sikasuu:

      "Für die Inhalte ist diese Gruppe, "so sorry", die letzlich das Rückgrat jeder Berichterstattung ausmacht, unverzichtbar"

      Scheint mir aber, als ob es für'n Fuffi mehr auch ohne Rückgrat gemacht wird.

    • @Sikasuu:

      ok - diese Machtkonzentrationskiste

       

      "…Bei Verdi, DJU usw. "bin ich nur", weil die den "Ausweis" verlängern:-((

      Auf der anderen Seite sind aber gerade "Freie" bei der Konzentration der Gewerkschaften (aus welchen Gründen auch immer) massiv unter den Tisch gefallen. …"

       

      Auch - klar - mit auf den Schirm! Ja.

      Beginnend bei Einheitsgewerkschaft

      &"Sozialpartnerschafts-Gelüge;((

      & der - öh allfälligen Abschichtung~>

      Vorweg - Die Arbeitslosen! &

      Dann alles - was hinderlich ~>

      Auf dem Weg zum Arbeitsdirektor&in

      Die VollpolsterRegierungssessel - &

      (Damit meine ich nicht - noch nicht -

      Leber Schorsch & Katzer… - but…

      (…bitte selbst einsetzen;) & weiter -

      Gibt's - doch erfolgreiche Selbstorgs.!

      Is die Eifelelse - Wer hat uns verraten!

      Aber sowas von vorne - &

      GroßKotz completto - aber tuto!!

       

      Trotzalledem - Willst du etwas - Wirklich gemacht haben!¿ - ja dann -

      Mach's selber!

  • ok & vorweg - It´s capitalism longselling - stupid! - but -

     

    "...glaube ich, dass die meisten politisch nicht besonders interessiert sind und daher auch nicht sehr streitbar..."

     

    Das glaube ich leider nicht nur -

    Sondern das weiß ich - bedauerlicherweise - &

    Nur zu genau - nämlich -

    Aufgrund etlicher facetoface Erfahrungen -

    Bis hin zu sog. Edelfedern&SchwerAngesagten!;(( ~> &

     

    Die Beiträge spiegeln das ja - klar -

    Dementsprechend - & Querbeet wider!;((

    & so denn ~>

    kurz&knackig -> Wer sich nicht wehrt - lebt verkehrt!

    • @Lowandorder:

      KLar, "wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!"

       

      Aber wissen Sie, verehrte LOWANDORDER, was das Problem an diesem „kurz&knackig“-Spruch? Das Problem ist, dass Leute, die "politisch nicht besonders interessiert" sind, meistens auch sonst nicht all zu gerne denken. Sie merken nicht einmal, wenn sie den flotten Spruch ganz schrecklichr falsch interpretieren. Sie nur furchtbar stolz auf sich.

       

      Tut mir leid, wenn ich Sie desillusioniere, LOWANDORDER, aber das Sich-Wehren ist auch bloß kein Wert an sich. Ob es einen Sinn ergibt, ob es also produktiv wirkt oder kontraproduktiv, hängt davon ab, wie die Gegenwehr aussieht und gegen wen sie sich richtet. Viel zu oft "wehren" sich angeblich unpolitische Menschen leider nicht gegen die, die für ihre Probleme verantwortlich sind, sondern gegen Leute, die gerade zufällig des Weges kommen und halbwegs ungefährlich wirken. Leider sind das häufig genau die Menschen, die Verstand und Herz haben, die also dringend gebraucht würden für eine sinnvolle Gegenwehr. Werden diese Menschen irrtümlich angegriffen, vergeht ihnen die Lust darauf, solidarisch zu sein mit den unpolitischen Dummköpfen. Das genau passiert derzeit in Deutschland wie im Rest der Welt.

       

      Woher ich das weiß? Ganz einfach: Auch ich hab "etliche[] facetoface Erfahrungen" gemacht – und darüber hinaus noch ein paar völlig gesichtslose.

      • @mowgli:

        ;)) duck duck

         

        Das mit dem ..Aber .. "

        Hab ich getz nicht verstanden;)

        • @Lowandorder:

          Na, dann sind wir ja endlich mal quitt...!

          • @mowgli:

            ;) justitia distributiva -

            Is mir zum Ausgleich -

            Auch die liebste;)