Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Schleimer wichsen die Karossen
Ich stelle mir vor, WDR-Intendant Tom Buhrow ließe Sexmiezen auf Kühlerhauben posieren: Sonnencreme auf Autolack! Alles wäre im Arsch.
H allo taz-Medienredaktion!
Ich melde mich heute direkt vom Parkplatz des NDR in Lokstedt. Es ist ein Bild des Grauens und der Verzweiflung, das sich hier bietet. Aus allen Etagen sind die Schleimer und Hochschleimanwärter geeilt und wichsen und wienern die teuren Karossen der NDR-Wichtigen.
Eine Pressemitteilung der Redaktion „Markt“ hatte die brisante Information in die Welt gebracht: „Sonnencreme kann Autolack schädigen“. Eine Studie zu dem ungeheuerlichen Verdacht, dass der Sonnenschutz sich ins Blech frisst, um dort unwiederbringlich Böses zu bewirken, hatte „Markt“ eigens bei der Fachhochschule Krefeld in Auftrag gegeben.
Und richtig, einmal mit dem Schmierfilm an der Haut den Wagen berührt, alles im Arsch. Das ganze Ding kaputt. Es entstehen „Flecken“, die sich „nur noch durch Neulackierung entfernen lassen“.
Während man nun mancherorts rätselt, wie sich etwas durch Neulackierung entfernen lässt, stelle ich mir vor, dass der Neuintendant des WDR, Tom Buhrow, seinen neuen besten Freunden von der NDR-Führungsetage zum Abschied eine Freude machen wollte. Und auch zeigen, dass er das zu viele Geld, das er verdient, nicht nur für sich ausgibt.
Also hat er für einen Kalender sechs heiße Sexmiezen, die von der letzten Bordellreportage übriggeblieben sind, auf den Kühlerhauben ihrer Autos Räkelspiele machen lassen. Der „Burelli“ sollte das werden. Und weil es so heiß war, als Jim Rakete die Fotos schoss, also von oben, wurden die Tussis eingeschmiert.
Und jetzt hat der Buhrow den Salat. Alle Autos hin. Der Lack aufgequollen, „mit dicken Runzeln auf der Oberfläche“, wie Professor Thomas Brock von der FS Krefeld das Drama in der gebührenfinanzierten Studie beschreibt.
Hot-Weather-Seelen-TV auf Arte
Auch richtig hot ist es dieser Tage in meinem Fernseher hinter Knopf 9. Dort wohnt Arte und sendet den „Summer of Soul“. Und als hätten die ProgrammmacherInnen gewusst, dass wir seit Jahren mal wieder einen richtig geilen, hotten Sommer haben, senden sie abends groovigstes Hot-Weather-Seelen-Fernsehen aus.
Da möchte man sagen: „Danke, Arte!“ und noch einmal daran erinnern, dass sie ansonsten bitte davon Abstand nehmen möchten, Franzosen Sendungen zur Popkultur produzieren zu lassen. Die mögen zwar gut mit Popokultur sein, aber mit Pop, das geht gar nicht. Zuletzt haben sie ein David-Bowie-Porträt so peinlich gestaltet, dass man ihnen die Schenkel ausreißen möchte.
Weil es aktuell so langweilig im Print ist – die Verleger sind damit beschäftigt, ihre Unternehmen zu durchforsten und zu gucken, welche Objekte sie der Funke-Reste-Rampe anbieten können –, möchte ich das Augenmerk noch einmal Richtung Fernsehen lenken. Auch hier könnten in die Jahre gekommene Zirkuspferde bald zur Schlachtbank geführt werden.
Die „Lindenstraße“ etwa. So weit, so egal, hätte Erfinder Hans W. Geißendörfer mit seinem Angebot, die Produktion zweier Folgen zu finanzieren, nicht das falsche Signal gesetzt. Was, wenn jetzt all die Nervtöter auf die Idee kommen: „Ich zahl selbst!“?
Peter Scholl-Latour übernimmt die Kosten für sein Auftreten bei Anne Will. Bela Rethy zahlt, damit er jede große Fußballübertragung in Grund und Boden dummmeiern kann, Andrea Berg erwirbt 2,5 Minuten Gesangszeit in der „Tagesschau“. Guido Knopp kauft sich mit dem Hitler-Handpuppentheater auf Kika ein.
Und, und, und … auf der anderen Seite, wenn der NDR eine Studie zur Auswirkung von Sonnencreme auf der Kühlerhaube in Auftrag gibt, muss man vielleicht nehmen, was kommt. In der Hoffnung, auch für 3,80 Euro ein Stück Sendezeit zu bekommen, zurück nach Berlin!
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