Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Nervensäge im Hintergrund
Ja, Heidewitzka! Ex-Zeit-Chef Theo Sommer ist nicht nur ein schusseliger Lebemann, sondern auch noch ein Opfer der Steuerfahndung.
H allo taz-Medienredaktion! Ich melde mich heute vom Beobachtungsposten vor dem Hamburger Schöffengericht. Ich habe meinen Hochsitz extra sicher verankern lassen, damit er nicht umfällt, wenn ich mich vor Lachen schüttle, biege und krümme. Heute nämlich muss Dr. Theo Sommer, „Editor-at-Large“ der Zeit, vor Justitia seine „Einkommensverkürzungen in neun Fällen“ verantworten.
„Großer Editor“ – das lässt sich mit „Nervensäge im Hintergrund“ übersetzen und wird für all jene verwendet, die mal Chefredakteur waren und nun beratend und schreibend aus dem Ruhesessel in das tägliche Geschehen hineinfuchteln. Bevor Theo Sommer „Großer Editor“ wurde, war er viele Jahre kleiner Editor bei der Zeit, also Chefredakteur. Und Herausgeber.
Heute ist er immer noch Herausgeber der ein oder anderen politischen Zeitung, frönt so mancher „freiberuflichen Tätigkeit“. Und einige davon hat er in den Jahren 2007 bis 2011 dem Finanzamt zu melden „vergessen“. Aus „Schusseligkeit“. „Oder Schlamperei“ hat er versäumt, „eine einzige Einkommensquelle anzugeben“. So sind Steuerschulden von rund 500.000 Euro entstanden.
Das jetzt noch mal in Slowmotion: Von den vielen freien Tätigkeiten hat er über Jahre eine vergessen. Die Steuerschuld daraus beläuft sich auf 500.000 Euro – was zu der Frage führt, wie groß wohl das Einkommen aus dieser Quelle war? Eine Million? 1,2 Millionen?
Nein, keinen Sozialneid schüren
Und da er ja wohl für andere Nebentätigkeiten Steuern gezahlt hat … Nein, ich will keinen Sozialneid schüren, schließlich hat der Schusselsommer das Geld bereits zurückgezahlt. „Und zwar unter Inkaufnahme großer Opfer für meine Altersversorgung und die meiner Frau“, wie es im Hamburger Abendblatt stand.
Ja, Heidewitzka! Da ist nicht nur einer schusselig, da ist auch noch einer ein Lebemann der alten Garde. Eine Million in fünf Jahren durchgebracht, und das zusätzlich zur Rente, die bei einem kleinen Editor auch nicht knapp sein dürfte.
Aber vielleicht täusche ich mich auch, und einer, dessen Nebeneinkünfte in fünf Jahren so hoch sind, dass 500.000 Euro Steuern fällig sind, hat in seinen Berufsjahren gar nichts angespart und kein Eigentum erworben. Einfach weil er es vergessen hat.
Der hat sein Geld in der Lohntüte erhalten. Und die irgendwo hingelegt. Und vergessen. Geld verliehen. Und vergessen. Es verschenkt. Und das vergessen. Theo, Theo, Theo! Und nun die Altersvorsorge. Von der Frau. Ich hoffe, er muss nicht noch den Hund verkaufen.
Alle sind natürlich mächtig empört
Ebenso hübsch wie das Altersvorsorgedrama von der Elbe ist, was sich in München abspielt. Der ADAC hat seine LeserInnen beschissen und die Zahlen bei Leserbefragungen gefälscht. Was natürlich alle mächtig empört.
Und vielleicht endlich, endlich dazu führt, dass mal der Autojournalismus angeguckt wird. Die Zeit, in der Briefumschläge mit Geld auf den Zimmern der ans schöne Ende der Welt geflogenen Journalisten liegt, soll ja vorbei sein.
Aber dass es in diesem Zweig meiner Branche sauber zugeht, glaubt ja nicht einmal Schneewittchen. Zumal die Autobranche eine der letzten großen Anzeigenkunden der Zeitungen und Zeitschriften ist. Also, ihr Qualitätsobjekte, ran an die Geschichte!
Das Thema Altersvorsorge hat noch einen zweiten Akt: Pünktlich zum Jahresanfang kommt ein Brief, der meine künftigen Bezüge aufführt. Läge die Summe, die ich als altes Ömchen im Monat haben werde, auf dem Boden, Herr Sommer würde sich noch nicht einmal bücken. Und damit zurück nach Berlin!
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