Kolumne Die Charts: "Erst Liebe? Besser nicht"

Die Charts heute mit Ballack, Matussek, Hendrix, Prokrastination, Fendrich, The Sweet und Frau Cornelius.

Peter Cornelius: In den letzten Charts (9. Oktober) waren sechs Songs versteckt, die zu erraten waren - alle von dem österreichischen Popsänger Peter Cornelius. "Du entschuldige i kenn di", "Reif für die Insel", "Der Kaffee ist fertig", "Streicheleinheiten", "Es ist nie zu spät" und "Bevor i geh". Sechs Richtige hatte niemand, daher gewinnt Eyra Schwarz mit fünf Richtigen, darunter auch einem Song, der "Zufällig" heißt. Kannte ich nicht, aber das Wort tauchte im Text - unabsichtlich - auf. Frau Schwarz Reaktion auf den Preis: "Lieber Peter Unfried, ich bin ganz und gar euphorisch, noch nie habe ich irgendwo irgendwas gewonnen! Dementsprechend verfüge ich auch nicht über die Größe eines Marcel Reich-Ranicki und werde meinen Preis sehr gerne annehmen! Zudem wir es hier ja keinesfalls mit Blödsinn zu tun haben." Eben.

Der Text der letzten Charts paraphrasierte im Wesentlichen Cornelius größten Hit "Du entschuldige i kenn di". Es geht darum, dass der Icherzähler "Peterl" seine große, unerfüllte Schulliebe mit den unbeschreibbar blauen Augen nach 15 Jahren zufällig in einem Café wiedersieht. Nach einem kleinen Smalltalk-Geplänkel probiert sie es spontan "halt jetzt" mit ihm. Ein großes, romantisches Glücksversprechen, der ewige Traum der Adoleszenz wahr geworden, dass die im Stillen und Geheimen Geliebte die Initiative ergreife und alles klarmachen möge?

Das ließ mich nicht ruhen. Daher rief ich bei Peter Cornelius an und fragte nach. Beziehungsweise zunächst sprach ich mit seiner Frau Ulrike Cornelius. Ich fragte sie: "Sind Sie die geliebte Mitschülerin, die er 15 Jahre später zufällig wiedertraf?"

Ihre Antwort: "Nein, ich bin nicht seine Jugendliebe. Dafür bin ich viel zu jung."

Und damit zu ihm.

Charts: Welches Wiener Café stand Ihnen bei der Begegnungsszene der beiden vor Augen?

Peter Cornelius: Das Café Hütteldorf. Es existiert nicht mehr.

Charts: Aber Peterl und Blue Eyes, die 15 Jahre nach dem letzten Schultag endlich ein Paar wurden, sind es heute noch?

Peter Cornelius: Wie so oft war der Wunsch zusammenzubleiben der Vater des Gedankens. Leider ist das Leben kein Wunschkonzert.

Charts: Sollte man sich denn auf den Weg machen zurück zur ersten Liebe - oder besser nicht?

Peter Cornelius: Besser nicht. Weil man wahrscheinlich glorifizierte Erinnerungen zerstört.

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DIE CHARTS IM NOVEMBER

Der kluge Satz: "Plötzlich klingt jeder Staatsmann wie Lothar Bisky." (Matthias Matussek zum antikapitalistischen Zeitgeist in der Darstellungspolitik)

Hart: Presseerklärungen von Fußballern, die mitteilen lassen, dass sie sich demnächst beim Trainer entschuldigen (Ballack) oder sich anstrengen werden, damit sie vom Trainer aufgestellt werden (Frings).

Härter: Qualitätszeitungen, die das "im Wortlaut" abdrucken.

Wort des Monats: "Prokrastination". Das meint: aufschieben statt erledigen. Weiß man seit Passigs und Lobos neuem Buch: "Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin". Aber weiß man auch, ob das eine Komplettverarsche ist? Für mich hat es sich gelohnt, weil ich endlich einen Satz aus "Fever of Love" von The Sweet verstehe: "Procrastination stole my time."

Unterschätzte Songs: "Macho Macho" - Reinhard Fendrich. Früher tabu, heute stellt man fest: George-Michael-Klau mit cleveren Lyrics: "Die Mutter ruft ihn heut noch Seppl / Doch seine Freind sogn Miami / Er war zwar in der Schul a Deppl / Doch so was stört die Frauen nie." Toll.

Album: Jimi Hendrix - "Electric Ladyland". Grade 40 geworden. Glückwunsch! Mit Dylans "All along the Watchtower", das Hendrix zu seinem Song machte. Und wo bleibt Dylan? Ein Leser mailte der taz: "Electric LaDYLANd". Zoom! Das habe ich all die Jahre nicht gesehen. Wie Klaus Lage ja in "1000 und 1 Nacht (Zoom)" in einer lieben Bekannten ("Wir waren nur Freunde …") jahrelang nicht die große Liebe sah. Bis es Zoom machte.

Fußball: Hoffenheim. Sagt jetzt jeder. Aber hier - husch, husch - haben Sie es zuerst gelesen.

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