Kolumne Der rechte Rand: Hommage an den NSU
Die Hamburger Rechtsrock-Band Abtrimo hat in der eigenen Stadt keine Auftrittsmöglichkeiten. Aber in der Szene ist sie überregional bekannt.
I n der bundesdeutschen Rechtsrockszene ist „Abtrimo“ eine feste Größe. Doch in Hamburg spielte die selbsternannte „Political incorrect Skinhead Rock“-Band mit Proberaum in Barmbek in den vergangenen Jahren nicht. Es fehlten die Räumlichkeiten – nicht das Personal. Die Band um den Gitarristen Christian Oest wird von einer 20 Personen umfassenden Crew bei ihren Auftritten begleitet, die sich um die Musiker kümmern und auch gleich den Saalschutz übernehmen.
Im Dezember 2010 haben die Rechtsrocker die Band gegründet. Die erste Demo-CD erschien 2012 beim Label „Skinhead Service“. Ein Jahr zuvor hatte sie ihr erstes Konzert gegeben. Mittlerweile tritt Abtrimo bei Szeneevents in Frankreich und den USA auf. Mit der Hamburger Rechtsrockband „Likedeelers“ veröffentlichten sie 2012 ein Album mit dem Titel „Norddeutscher Untergrund … Der erste Streich“. Eine offensichtliche Hommage an das knapp ein Jahr zuvor aufgeflogene Kerntrio des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. In dem Bekennervideo, das Zschäpe nach der Selbsttötung ihrer „Uwes“ versendete, läuft die Comic-Figur Paulchen Panter und verharmlost die gezeigten Morde als „Streiche“.
Die Bandmitglieder kommen wie das NSU-Trio aus demselben Milieu zwischen rechtsextremer Skinhead-Szene und dem internationalen „Blood & Honour“-Netzwerk (B & H). Im Jahr 2000 verbot das Bundesinnenministerium die deutsche Division von B & H. „Honour & Pride“(H & P) entstand. Der Sänger von Abtrimo, Marcel Koschnick, kommt von den „Skinheads Uelzen“, die beste Kontakte zu H&P unterhalten. Seit Jahren organisieren sie konspirative Konzerte.
Der führende Aktivist von H & P, Oliver Manila, richtete als einer der ersten offiziell angemeldete Open-Air-Events für die Szene aus. Bei dem Rechtsrockkonzert mit mehreren Bands in Nienhagen traten Abtrimo mehrmals auf. Zu den Events, die bis 2014 jährlich stattgefunden haben, kamen bis zu 1.800 Rechtsrockfans.
In Hamburg geht der Verfassungsschutz (VS) davon aus, dass Abtrimo die einzige Rechtsrockgruppe der Stadt ist. Das subkulturelle Milieu des Rechtsextremismus schätzt der VS auf etwa 110 Personen. Welche Fans Abtrimo unterstützen, wurde beim Prozess gegen den Rechtsextremen Stephan K. deutlich. Er wurde wegen eines Sprengstoffanschlags am S-Bahnhof Veddel zu zehn Jahren Haft verurteilt. Vor dem Landgericht Hamburg sagten Freunde der Ex-Freundin von K. aus, die sich nach eigenen Angaben im Umfeld der Band bewegten. Sie seien aber nur „normale Leute mit gesundem Patriotismus“.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung