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Kolumne Das TuchSpielt euer Spiel alleine

Kolumne
von Kübra Yücel

Weil 20 dumme Extremisten die Macher einer Satiresendung bedrohten, stehen wieder einmal alle Muslime am Pranger.

D amals, 2005, hat uns allen der Karikaturenstreit doch so viel Spaß gemacht - das müssen wir wiederholen! Also, auf ein Neues: In der Hauptrolle ist dieses Mal ein international bekanntes Format - die satirische Trickfilmserie "South Park" aus den USA. In ihrer 200. Jubiläumssendung zeigen sie den Propheten Mohammed und diskutieren, wie viel Mohammed man zeigen darf. Die Medienwelt wartet gespannt. Wie werden die Muslime reagieren?

Das Problem: Die Muslime spielten nicht mit. Keine brennenden Flaggen oder Konsulate. Nichts. Viele kannten die Sendung nicht und konnten auch nichts mit ihr anfangen. Den Rest nahmen sie mit Humor oder waren zwar verärgert, reagierten aber trotzdem nicht. Denn: Es geht um pure Provokation. Und Provokation ist nur dann erfolgreich, wenn man reagiert. Weshalb also Reaktion zeigen?

Schon im Juli 2001 hatte "South Park" den Propheten Mohammed gezeigt - als Teil der "Super Besten Freunde", einem Team aus religiösen Figuren, die gegen das Böse kämpfen. Neun Jahre lang war die Figur Mohammed auf der offiziellen Webseite öffentlich zugänglich, in vier Staffeln sogar im Intro zu sehen. Warum also sollte ich jetzt plötzlich "Zensur!" schreien?

Selbstverständlich gibt es Muslime, die sauer sind. Das ist auch ihr Recht. Viele fühlen sich angegriffen: Ihr Prophet, den sie selbst nicht wagen zu zeichnen, wird Gegenstand einer Trickfilmsatire. Trotzdem aber bleiben sie ruhig.

Damit wäre der diesjährige Streit fast ins Wasser gefallen, da eilte eine skurrile Gruppe aus New York herbei, die sich "Revolution Muslim" nennt. Sie besteht nach eigenen Angaben aus zwanzig Personen, die die Webseite RevolutionMuslim.com betreiben und eine extremistische Auslegung des Islams praktizieren.

Auf dieser Webseite veröffentlichten sie zusammen mit dem Bild des ermordeten Satirikers Theo van Gogh eine "Warnung" an die "South Park"-Macher: "Wir müssen Matt (Stone) und Trey (Parker) warnen, denn was sie tun, ist dumm, und sie werden für die Ausstrahlung vielleicht enden wie Theo van Gogh. Das ist keine Drohung, aber eine Warnung vor der Realität, die sie heimsuchen kann."

Da war sie endlich, die Reaktion "der Muslime". Der Sender Comedy Central zensierte prompt die Sendung, indem die Figur Mohammed mit einem "Censored"-Balken verdeckt und sein Name weggepiept wurde. Eifrig wurden in den Medien Meinungsfreiheit, Zensur, der Islam und die Muslime diskutiert. Weshalb sollten Muslime anders behandelt werden? Warum sollte ihr Prophet nicht parodiert werden dürfen?

Der vorläufig-ultimative Höhepunkt: Nach dem Motto "Jetzt erst recht!" riefen Cartoonisten und Blogger den 20. Mai zum "Jeder-Malt-Mohammed-Tag" aus.

Wow. Was ne Welle! Dabei haben wir nicht einmal mitgespielt. Und ich bin sauer. Nicht nur wegen der Mohammed-Darstellung, sondern vor allem, weil anscheinend zwanzig Personen einer skurrilen Gruppierung ausreichen, um 1,5 Milliarden Muslime zu vertreten. Na, meinetwegen. Schlagt euch die Köpfe ein, ich spiele nicht mit.

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15 Kommentare

 / 
  • E
    Eda

    super kübra, mach weiter so :)

  • H
    hermann

    Bitte Korrigieren!

     

    In angesprochenen South Park-Folgen (es handelt sich um eine Doppelfolge) wird der Prophet Mohammed *nicht* gezeigt, sondern durch Dinge wie Kostüme oder Zensurbalken verdeckt, in dem zweiten Teil der Doppelfolge wird der Name des Propheten sogar konsequent ausgepiept.

  • H
    hermann

    Soll ich jetzt im Ernst froh darüber sein, wenn der Teil Muslims, die (im Gegensatz zu Frau Yücel) nicht aufgeklärt sind, mal keine Botschaften angesteckt haben, weil jemand ihren Propheten malt?

  • A
    aso

    @ zwiebel:

    „...ach ja, eine fatwa gegen terrorismus gibt es natürlich schon geraume zeit...“ (welche meinen Sie? Link?):

     

    Sicher gibt es Stellungnahmen von islamischer Seite, die sich gegen Gewalt richten, ob nun von dafür zuständigen Rechtsgelehrten oder von anderen Stellen.

    Nur sind diese in der Regel sehr allgemein formuliert, etwa so als würde der Papst pauschal Gewalt verurteilen.

    Darüber hinaus ist es schwer, den Wert einer Fatwa zu erkennen:

     

    Wenn es z.B. heißt:

     

    „Der Islam sei eine friedliebende Religion und verbiete jegliche Form "ungerechtfertigter Gewaltanwendung", (so aus einer Fatwa der einfußreichen islamischen Hochschule Asiens, Darul-Uloom-Deoband, Nordindien).

     

    So ist so eine Fatwa jedoch unverbindlich und nicht mit einem Papstwort zu vergleichen, da es im Islam keinen Klerus gibt.

     

    Logischerweise gibt es bei den vielen teilweise völlig unterschiedlichen Ausprägungen des Islam natürlich auch unterschiedliche Fatwas der unterschiedlichen

    Richtungen zum gleichen Thema. Was den Deobandi Bid'a, Neuerung oder gar Ketzerei sein mag, kann bei einer anderen Gruppierung zum religiösen Alltag gehören.

     

    Djihadisten/Terroristen werden eine andere Auffassung dazu haben, was eine „ungerechtfertigte Gewaltanwendung“ sei.

     

    Für den Tagesgebrauch hat solch eine allgemeine Fatwa nicht viel wert, weil sich die Leute an die sie sich wendet, sich längst nicht mehr von Fatwas aufhalten lassen...

     

    Wie ist es aber möglich, daß es gegen harmlose Texte eines Rushdie eine staatlich verordnete Todesfatwa gibt,

    gegen die Urheber des 3000 Tote fordernden 9/11-Anschlags aber nicht?

    Gab es jemals konkrete Fatwas, z.B. gegen Bin Laden?

     

    Osama bin Laden ist in vielen islamischen Ländern immer noch sehr populär.

    Erst Barack Obama konnte ihm mit seiner Wahl zum US-Präsidenten den Rang als in der arabischen Welt populärste lebende Person ablaufen...

  • T
    ToruOkada

    Obgleich mir der Kommentar sehr gefallen hat halte ich es für notwendig eine Kleinigkeit richtig zu stellen die hier offenbar noch nicht explizit erwähnt worden ist. Wie mein Vorredner "James Tea Kirk" bereits erwähnte handelt es sich bei der kompletten Zensur der Mohammedfigur selbst um die Provokation, soll heißen bei im Kommentar erwähntem "Censored"-Balken und dem weggepiepsten Namen handelt es sich nicht um eine nachträglich von Comedy Central vorgenommene Zensur, sondern um einen Bestandteil der Show.

    Der Sender Comedy Central hat hingegen meines Wissens nach als Reaktion auf die Morddrohungen die beiden betroffenen Southparkfolgen vollständig zensiert, also von weiterer Ausstrahlung ausgeschlossen und von der eigenen Internetseite entfernt.

  • C
    chrismon

    Es ist eine Muslimin, die in Deutschland verteidigen muss, wie man seinen Glauben zu leben hat. Echt traurig. Hoch das Kreuz des Christus, Ihr Deutschen! Ehrt unsere abendländsiche Religion.

  • H
    Herodot

    Hallo Kübra,

     

    offenbar hat das PI-Gesocks noch nicht gemerkt, dass Du jetzt regelmäßig für die taz schreibst, nun ja, die recherchieren sicher wieder mal irgendwo hinter jemand Dunkelhäutigem her und versuchen ihm einen Mord anzuhängen.

     

    Jedenfalls: ich respektiere Deine Meinung. Aber warum sollten sich Muslime ärgern, wenn der Prophet parodiert wird? Ist Euer Glaube so schwach, dass er dadurch ins Wanken gerät?

  • Z
    zwiebel

    vielen dank kübra, sehr gut geschrieben.

    und natürlich muss sich frau kübra yücel nicht von den morddrohungen distanzieren, sie hat sie weder ausgesprochen, geschrieben oder sonst etwas damit zu tun. sich davon zu distazieren hieße ja, es wäre ihre natürliche geisteshaltung, sie gut zu finden - nur, weil sie zufällig auch muslimin ist.

     

    ach ja, eine fatwa gegen terrorismus gibt es natürlich schon geraume zeit, man muss sich halt die mühe machen und sich informieren....

     

    bösartig sind die, die dem geschwafel von 20 männlein so viel bedeutung schenken, als wären sie 2 millionen. DAS erschwert das friedliche zusammenleben der menschen. statt diese 20 aggressiven ernst zu nehmen, könnte man ja auch die 1 milliarde friedlichen ernst nehmen, oder?

  • GH
    Gerhard Hofmann

    "Ich bin für Meinungsfreiheit, aber gegen die Beleidigung von religiösen Gefühlen" schreibt mein Vorredner. Es wurden aber überhaupt keine religiösen Gefühle verletzt. Diese Gefühlsverletzungen sind IMMER vorgeschoben, egal von welcher Seite. Wer einen festen Glauben hat, kann in seinen Gefühlen garnicht verletzt werden. Ein pornoguckender Jesus ist doch keine Gefühlsverletzung für einen Christen! Religionen und Ideologien dürfen nicht vor Kritik und auch Beleidigung geschützt werden, Menschen dagegen schon. So wie man sich über den Kapitalismus oder den Kommunismus lustig machen kann muss man sich auch über Religionen lustig machen können. Wenn das nicht ohne Angst geht, dann stimmt was nicht.

    Mir fehlt die Distanzierung vor den Morddrohern in dem Artikel. Dumm und skurril ist alles was Kübra Yücel dazu einfällt. Es ist bösartig was da getrieben wird, denn diese Morddrohungen machen das friedliche Zusammenleben religiöser Menschen schwer. Dass von 20 Menschen auf 1,5 Millionen geschlossen wird liegt daran, dass auch die liberalen oder aufgeklärten Muslime sich nicht davon distanzieren, sondern lediglich sagen, "da spiele ich nicht mit".

  • A
    aso

    Das Problem ist doch nicht daß Muslime nicht mitspielen.

     

    Das war zunächst bei den Karikaturen auch nicht der Fall, die waren ja sogar in einer ägyptischen Tageszeitung abgebildet.

    Dänische Imame kamen auf die grandiose Idee eine Rundreise in arabische Länder zu starten, um mit den Bildern im Gepäck

    (und vor allem 3 üblen Fakes), PR für ihr weltoffenes Gastland zu machen.

    Durch diese clever lancierte PR kam der Aufreger in Schwung.

     

    Das Problem ist das weltweit kollektive Beleidigtsein, das scheinbar abrufbar ist, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, oder zu sein scheinen.

     

    Terrornetzwerke funktionieren nicht hierarchisch. Jeder, der sich berufen fühlt, kann in Aktion treten wenn es eine vermeintliche oder wirkliche Beleidigung gibt.

     

    Wenn es gegen harmlose Texte wie die von Rushdie eine bis heute gültige Todes-Fatwa gibt,

     

    warum schreibt niemand eine Fatwa gegen Gruppen, die

    „eine extremistische Auslegung des Islams praktizieren“, und den Islam

    durch ihre Statements und Aktionen so in den Schmutz ziehen???

     

    „...Warum sollte ihr Prophet nicht parodiert werden dürfen?..“:

     

    Genau: Gute Frage! Leider wird die von Kubra Yücel gestellte Frage nicht von ihr beantwortet...

  • D
    Dschunaid

    Ich bin für Meinungsfreiheit, aber gegen die Beleidigung von religiösen Gefühlen. Warum werden diese beiden Begriffe fast immer als Synonyme verwendet? Warum muss man beleidigen oder kränken dürfen, damit man sich frei fühlt? Versteht mich bitte nicht falsch. Ich bin für Meinungsfreiheit, aber ich bin auch für Zinsfreiheit. Jeder Mensch sollte die Freiheit haben, sein Geld zinsfrei zu investieren. Schon mal an diese Freiheit gedacht? :-)

  • C
    Chris

    Vielen Dank, Frau Yücel, Sie bringen es absolut auf den Punkt, mehr gibt es dazu nicht zu sagen, außer: Bitte schreiben Sie auch zukünftig noch viele weitere gute Artikel/Kolumnen/Kommentare!

  • JT
    James Tea Kirk

    South Park ist eine Satiresendung, die sich über alles und jeden lustig macht und (zu Recht) darauf besteht dies auch tun zu können. In der angesprochenen zweiteiligen Episode geht es nicht um den Islam und nicht um das Provozieren von Muslimen, sondern den ängstlichen Umgang amerikanischer Medien mit dem Islam. Vertreter anderer Religionen hätten viel mehr Grund Anstoß zu nehmen: ein koksender Buddha oder ein Internetpornographie sehender Jesus. Mohammed dagegen wird nicht nur nicht gezeigt, sondern die alleinige Nennung seines Namens "ausgepiept". Die angebliche Provokation besteht also aus kompletter Zensur der Figur. Außerdem handelt es sich um eine Jubiläumsfolge, in der viele Charaktere aus anderen Episoden einen Auftritt haben. Und die Mohammed Folge(n) war eine der stärksten, kurzum: was für Fans.

  • R
    Riin

    ich find diese Aufregung auch albern. Ich meine, natürlich sollten Morddrohungen ernst genommen werden, aber aus sowas einen internationalen Medienskandal zu machen, ist doch ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

  • L
    Lulu

    Danke Kübra, Du bringst es auf den Punkt.

    Ich denke nicht, dass dazu viele Leser kommentieren werden, denn was soll man schon groß dagegen sagen. (außer man gibt zu, von 20 auf 1,5 mio. zu schließen)

    Die Muslimische Gemeinde sollte weiterhin so gelassen reagieren.

    Wenn ich als Kind mal geärgert wurde, sagten meine Eltern immer: "Einfach ignorieren, denn wird es denen bald langweilig." Und so war es auch und ich denke auf diese endlosen Debatten ist das auch anzuwenden.