Kolumne Berliner Galerien: Bilder mit Eigenleben
Kolumnist Kito Nedo empfiehlt Malerei bei Barbara Weiss und Schwarz Contemporary und betrachtet Skulpturen bei Soy Capitán.
W ären die Gemälde von Monika Baer Lebewesen, man müsste sich wohl Sorgen machen. Gräulich-grünlich-rötlich-blass hängen sie an den Wänden der Galerie Barbara Weiss in Kreuzberg. Dicke Kunst-Tropfen kleben auf der Leinwand – wie Schweiß auf einer fiebrigen Stirn.
Andere, gelb-monochrome Leinwände wiederum hat die Künstlerin extra mit kleinen Metallvorrichtungen aus poliertem Aluminium gut sichtbar an der Wand befestigt. Würden sich die Bilder sonst bei nächster Gelegenheit aus dem Staub machen? Einmal folgt eine kleine, fest mit der Wand verschraubte metallische Hand der Kantenform des Keilrahmens. Sie wirkt gespenstisch, wie eine übergriffige Votivgabe mit Eigenleben.
Baer hat ihrer Schau den Titel die „Die Einholung“ verpasst: das klingt juristisch oder philosophisch, vielleicht sogar prophetisch-bedrohlich.
Farben im Rhythmus
Auch die sechs abstrakten, hochformatigen und nach den Grundfarben Rot, Gelb und Blau sowie Grün, Orange und Weiß betitelten Gemälde von Clara Brörmann, die derzeit in der Galerie Schwarz Contemporary in Neukölln zu sehen sind, laden zu eingehender Betrachtung ein.
Brörmann unterzieht die Leinwände während des Arbeitsprozesses einer intensiven Bearbeitung: die Ölfarbe wird aufgetragen und auch wieder abgewaschen, übermalt oder abgerissen und abgeschliffen. Manchmal nimmt die Künstlerin beim Malen auch im Atelier Naheliegendes zur Hand, wie etwa den ellipsenförmigen Deckel eines Farbbehälters, der modifiziert zu einer Art Schablone wird.
Barbara Weiss, Kohlfurter Str. 41/43, dienstags bis samstags 11–18 Uhr, bis 16. Juni
Schwarz Contemporary, Sanderstr. 28, mittwochs bis samstags. 12–18 Uhr, bis 2. Juni
Soy Capitán, Prinzessinnenstr. 29, mittwochs bis samstags 12–18 Uhr, bis 9. Juni
Neben solchen repetitiv-rhythmisierten Formen, die sich teilweise zu Ornamenten zu verdichten scheinen, sind es die verschiedenen Farbtemperaturen, welche die Ausstellung fast schon zu einer Art visuellem Wechselbad machen.
Mit Hunden sprechen
Auf das Sprechen wie die Sprachlosigkeit zielt vermutlich die Schau „Craving Caring Clumsy Connection“ von Camilla Steinum bei Soy Capitán. Im Zentrum des Ausstellungsraumes hat die Künstlerin fünf verschieden eingefärbte Hackklötze aufgestellt, auf deren Arbeitsfläche sich große, wulstige Silikonzungen kringeln.
Die Sprechwerkzeuge scheinen auf ihre Bearbeitung zu warten. Um dieses Ensemble herum stehen kniehohe, farbig gebeizte Holzskulpturen aus Baumarkt-Küchenplatten, in welche Hundemotive in der Manier von Kleinkind-Steckpuzzles gesägt wurden. Das alles sieht sehr seltsam aus. Mensch und Hund verstehen sich, obwohl sie doch keine Sprache teilen.
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