piwik no script img

Kolumne Aufgeschreckte CouchpotatoesEs lebe das Klischee und Viva España!

Edith Kresta
Kolumne
von Edith Kresta

Die Deutschen urlauben am liebsten in Spanien. Podemos und die Frauenmacht in den Stadtparlamenten macht das Land noch schöner.

Podemos-Demonstration in Madrid. Foto: imago/Future Image International

S panien ist nach Deutschland das beliebteste Urlaubsland der Deutschen. Olé! An dritter Stelle kommt Italien, unser Seelen-Süden, wo nicht nur die Zitronen blühen. Ein romantisches Klischee. Klischees, dieses Schablonendenken, strukturieren unsere Welt in wohlgeordnete Schubladen. Sie sind Vorlagen, mit denen man gleich ein Bild parat hat. In Italien hat der Realitäts-Check – Berlusconerie, Korruption, Preisanstieg, Mafia und schlechtere Pizzas als in Kleinmachnow – das romantische Bild dann doch beschädigt.

Spanien hingegen konnte sein Sangria-Sonne-Flamenco-Stierkampf-Tapas-Mallorca-Klischee erhalten. Die Spanien-Vorlage im Kopf scheint realitätsimmun.Trotz kampfsaufender Touristen, verbauter und verschandelter Strände, trotz massenhafter Korruption der in Spanien regierenden rechten Partido Popular, trotz Krise, Depression und Schulden.

Vielleicht weil der spanische König so imposant Elefanten erlegte, Penélope Cruz braunäugig schön in die Kamera schaut, der FC Barcelona göttlich Fußball spielt, der Tennisstar Rafael Nadal immer gewinnt, die Sonne immer scheint und der Modekonzern Zara günstig, aber pfiffig einkleidet?

Auch mein ganz persönliches Spanien-Klischee, das von der kämpferischen la Pasionaria aus dem spanischen Bürgerkrieg und dem selbstbewussten Arbeiterkind Carmen, die Leidenschaft schlechthin, hat neuen Auftrieb bekommen: Gleich zwei engagierte Frauen, die Aktivistin Aldau Calau und die Richterin Manuela Carmena, wurden zu Bürgermeisterinnen von Barcelona und Madrid gewählt. Sie haben die Selbstgefälligkeit der korrupten Mächtigen erschüttert. Ein Ruck geht durch das Land. Die linke Bewegung Podemos, die die Interessen der Verlierer der spanischen Krise vertritt, hat innerhalb eines Jahres einen sagenhaften Aufstieg hingelegt, der nicht nur die Finanzmärkte, sondern auch die eigene, seit Ewigkeiten regierende politische Kaste verschreckt.

Venceremos! Ein linkes Klischee? Na und? Klischees sind wunderbar, wenn sie uns die Welt ein bisschen so zeigen, wie wir sie wollen. Man muss nur daran glauben, wie die Touristenzahlen in Spanien beweisen. Viva España!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!