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Kolumne Alles Bio?Und alle so: Huch?

Kolumne
von Julia Seeliger

Renate Künast fiel beim Berliner Landesparteitag erst mal durch. Und alle waren überrascht. Wirklich?

I ch hab’s gewusst. „Wie Hunde werden sie sie zerreißen, von Realo und links“, ging mir die ganze Zeit im Kopf herum. Ich war ja bei dem Verein auch mal aktiv und hatte in den Tagen zuvor mitbekommen, was sich bei den Berliner Grünen für Renate Künast zusammenbraute.

Eigentlich müsste ich mich als Geier verkleiden, dachte ich deswegen, entschied mich dann aber doch für Jeansmini, groß gepunktete Strumpfhose und einen mit Eulen bedruckten Kapuzenpullover.

Sonne, warmer Wind. Pfingstwetter. Ich spazierte zum Parteitag der Berliner Grünen, dachte über meine Zeit bei den Grünen und mein Verhältnis zu Renate Künast nach.

Bild: privat
Julia Seeliger

ist Kolumnistin der taz.

Lustig ist’s im Haifischbecken. Bei den Grünen knallt es gern mal, vor allem, je später der Abend ist. Danach schauen sich alle betreten an und sagen „Huch?“. Es wird gekichert, dann geht man Bier trinken oder ins Bett, wo dann ein Spitzenpolitiker in seine Kissen weint.

Erst am vergangenen Montag zeigte die ARD „Schlachtfeld Politik“, eine Doku über Verletzungen, die der Beruf des Politikers mit sich bringt. Über den kompromisslosen Umgang mit Schwächen, wenn der Politiker dann wegsoll. Im Falle Andrea Fischer deutete sich auch an, dass möglicherweise mit Sexismus intrigiert wurde.

Gegen die hohe Kunst der Intrige ist wenig einzuwenden, also gegen die Intrige als versteckte Taktik im politischen Spiel. Oft kann ein politischer Erfolg nur erzielt werden, wenn die Taktik geheim bleibt. Und natürlich gehört es zum innerparteilichen Wettbewerb, dass schlechte Politiker abgewählt werden, damit neue, bessere an ihre Stelle rücken können.

Auf Parteitagen funktioniert das oft so: Parteimitglieder mit Credibility, gern Abgeordnete oder andere wirkmächtige Personen, „gehen durch die Reihen“ der Delegierten und werben für oder gegen Kandidaten. Das kann fair sein oder eben nicht. Und so kündigt sich auch was an.

So war das am Wochenende mit Renate Künast nicht. Auf die Frage „Und was ist mit Renate?“ – hierbei versuchte ich meiner Sorge Ausdruck zu verleihen, indem ich Augen wie ein niedliches, verängstigtes kleines Reh machte – kam stets ein: „Was soll schon sein.“ Dass sie „unter 50 Prozent kommen“ würde, schien niemand zu erwarten.

Aber natürlich ist eine Intrige nur erfolgreich, wenn niemand sie errät. Irgendwer wird schon damit gerechnet haben, dass Künast durchfällt. Auch Künast selbst schien aufgeregt und in ihrer Souveränität angekratzt: Sie startete ihre Rede mit der Aussage, sie sei „aus Tempelhof-Kreuzberg“. Künasts Kreisverband heißt jedoch „Tempelhof-Schöneberg“. Ob das eine freudsche Fehlleistung war, die Angst vor den linken Kreuzbergern, die sie eh nicht wählen würden – oder doch nur eine Verwechslung, wird sich nicht mehr aufklären lassen.

Als es dann passiert war, schauten sich alle betreten an. Huch! Sitzungsunterbrechung. Schuldzuweisungen. Habt ihr das wirklich so gewollt? Nee. Die Mehrheit wohl nicht. Im zweiten Wahlgang bekam Künast dann das beste Ergebnis. Beißreflex zurückgenommen. Halbintrige reicht. Biertrinken.

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9 Kommentare

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  • O
    @oranier

    "Die Frage "Ob das eine freudsche Fehlleistung war (...) oder doch nur eine Verwechslung" kommt von hinter dem Mond. Es ist längst geklärt, dass es die Freudsche Fehlleistung nicht gibt, sondern dass es sich bei so bezeichneten Erscheinungen grundsätzlich um sprachliche Verwechslungen und Verdrehungen handelt, denen halt manchmal eine (scheinbar passende) inhaltliche Verdrehung entspricht."

     

    Quellenangabe bitte! Ansonsten bleibt das eine inhaltsleere Behauptung. Auf welche psychologische Schule stützen Sie sich?

    Ihre eigene? Restlos "klären" lässt sich da gar nix, so ein Schmarrn.

  • H
    hto

    "Und alle so: Huch?"

     

    - ja ist es denn ein Wunder???

     

    Wo es anstatt eindeutiger Wahrheit viele Wahrheiten und ... gibt, da gibt es natürlich weder geistig-heilendes Selbst- und Massenbewußtsein noch Verstand von und zu wirklich vernunftbegabter Kommunikation!?

  • H
    hto

    Tja, auch bei den Grünen gilt: "Individualbewußtsein" im "gesunden" Konkurrenzdenken des nun "freiheitlichen" Wettbewerbs um ..., kulminiert nun mal teils brutal-egoisierend und ge- / verfolgt von Neurosen und Psychosen, eben im Sinne der systemrationalen Überproduktion von Kommunikationsmüll!?

     

    "Nicht Mangel an Geist, sondern ein Geist*, der sich ununterbrochen selbst gegenwärtig ist, eine Ausgeglichenheit, gegen die nichts und niemand ankommt. Die Menschen reden, die Karawane zieht vorüber: Die Dummheit erkennt man an jenem ruhigen Fortschreiten eines Wesens, das Worte von außen weder ablenken noch berühren können. Sie ist nicht das Gegenteil der Intelligenz, sondern jene Form der Intellektualität, die alles auf ihr eigenes Maß zurechtstutzt und jeden Anfang in einem vertrauten Vorgang auflöst. Der Dummheit ist nichts Menschliches jemals fremd; die macht – über die Lächerlichkeit hinaus – ihre unerschütterliche Kraft und ihre mögliche Grausamkeit aus." (Alain Finkielkraut)

     

    *Bewusstsein, wenn der Autor nicht den Zeitgeist meint!?

  • DM
    Daniel M.

    Schöne Kolumne. Treffend formuliert. Da sieht man dass es von Vorteil ist, wenn man Politik von Innen kennt.

  • O
    oranier

    "Woher dieser Hass? Nachrichtenartikel zum Thema gab ja beileibe genug."

     

    Ist das eine Replik auf meinen Kommentar? Es geht mir bei einer Kolumne nicht um Nachrichten, sondern um irgendeinen Kommentar, der mein Interesse nach Information und Witz erheischt, und das tut Ihr Beitrag beileibe nicht.

     

    Aber dass Sie Kritik gleich die Hass empfinden und sich zu verunglimpfen erlauben, das scheint mir sehr zu Ihnen zu passen.

  • 3G
    372 (Profil gelöscht)

    Woher dieser Hass? Nachrichtenartikel zum Thema gab ja beileibe genug.

     

    Nichts für ungut,

     

    Julia Seeliger

  • N
    Nassauer

    Interessant: Bei den Grünen wird also so oft gewählt, bis das Ergebnis "stimmt". Mit der Demokratie haben die es wohl nicht so, oder habe ich das falsch verstanden?

  • I
    IJoe

    "hierbei versuchte ich meiner Sorge Ausdruck zu verleihen, indem ich Augen wie ein niedliches, verängstigtes kleines Reh machte"

    Wenn man sonst nix kann. Aber für die "Grünen" reicht das. Qualifikation: betroffen.

  • O
    oranier

    Was soll eigentlich der Ertrag eines inhaltlich so dürftigen Artikels sein? Dass die Kolumnistin auch mal bei den Grünen war? Wie sie gekleidet erscheint? Uninteressante Selbstdarstellung einer uninteressanten Person.

     

    Unerträglich der allfällige Biologismus, wie er sich bei Leuten findet, die sich offenbar noch auf den Bäumen oder in den Höhlen wähnen: reißende Hunde, Geier, Haifische, Beißreflexe: das sind die armseligen Beschreibungskategorien für menschliches Sozialverhalten bzw. Asozialverhalten in konkreten gesellschaftlichen Konstellationen.

     

    Die Frage "Ob das eine freudsche Fehlleistung war (...) oder doch nur eine Verwechslung" kommt von hinter dem Mond. Es ist längst geklärt, dass es die Freudsche Fehlleistung nicht gibt, sondern dass es sich bei so bezeichneten Erscheinungen grundsätzlich um sprachliche Verwechslungen und Verdrehungen handelt, denen halt manchmal eine (scheinbar passende) inhaltliche Verdrehung entspricht.