: Kollegenhilfe abgelehnt
■ Im Prozeß gegen fünf Polizisten, die beschuldigt werden, einen Afrikaner verprügelt zu haben, sollen Videos Klärung bringen
In der Endphase des Verfahrens gegen fünf Polizisten des Reviers Lerchenstraße, die den Afrikaner Alimang S. im Schanzenviertel zusammengeprügelt haben sollen, versuchte die Verteidigung gestern nocheinmal alle Register zu ziehen, um S. unglaubwürdig zu machen. In einem Antrag forderten die Anwälte die Vernehmung von zwei Polizisten der ebenso skandalträchtigen Wache am Hauptbahnhof. Beide hatten Anzeige gegen den Afrikaner erstattet. Alimang S. soll sie bei einer Personalüberprüfung mit den Worten „Drecksau, ich mach euch alle fertig“ beleidigt haben.
Was die Verteidiger nicht wußten: Dem Dezernat Interne Ermittlungen liegt ein anonymer Brief eines Beamten der gleichen Wache vor, in dem dieser schreibt, er habe zufällig ein Telefonat eines der Anzeigensteller mitgehört. Darin habe der Polizeibeamte über Alimang S. gesprochen und gesagt: „Wie will der das beweisen? Der wird so unglaubwürdig, der zeigt keine Kollegen mehr an.“ Kollegenhilfe nach Art der Polizei also. Amtsrichter Michael Kaut zweifelte daraufhin den Wahrheitsgehalt der Anzeige an und lehnte aufgrund der Sachlage den Antrag der Verteidigung ab.
Alimang S. war am frühen Morgen des 14. November 1997 von fünf Zivilfahndern der Lerchenwache überprüft und anschließend vom Schulterblatt zu einem Fabrikgelände an der Lagerstraße verschlepppt worden (taz berichtete). Die Polizisten Uwe E. und Carsten S. sollen ihn dort zu Boden geworfen, geschlagen und ihm einen Handschuh in den Mund gestopft haben. Deshalb müssen sich die fünf Beamten derzeit wegen schwerer Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor Gericht verantworten. Die Angeklagten bestreiten die Tat.
Die Anklage stützt sich im Wesentlichen auf die Aussage des Opfers und einige Indizien: So etwa die Speichelspuren am Handschuh von Carsten S., die ein DNA-Test als die von Alimang S. identifizierte. Gestern nun verfügte Amtsrichter Kaut, daß mithilfe externer Polizeivideos die Fahrt der fünf Angeklagten rekonstruiert werden soll. Wenn nämlich die Beamten nicht, wie von ihnen behauptet, über den Neuen Pferdemarkt fuhren, sondern am Schulterblatt direkt Richtung Schanzenbahnhof abbogen, wäre den Angeklagten in der Tat genügend Zeit geblieben, um Alimang S. auf dem Gelände zu mißhandeln.
Der Afrikaner hatte sich in der Tatnacht befreien und mithilfe eines Taxis die Polizei alarmieren können. Die Beamten der damals eingesetzten Peterwagen bestätigen, daß der 19jährige bei ihrem Eintreffen verletzt war. Als sie ihre zivilen Kollegen zum Tatort holten, identifizierte Alimang S. sie noch vor Ort als seine Peiniger. kva
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