Kollege David und sein neues Buch: Das improvisierte Feedback
Der Bremer Autor David Safier hat mir sein neues Buch geschenkt. Und dann wollte er auch noch, dass ich etwas dazu sage. Tja. Blöd gelaufen.
D er Bremer Autor David Safier hat mir sein neues Buch geschenkt. „Miss Merkel, Mord in der Therapie“. Leider bekomme ich immer wieder alle seine Bücher geschenkt, mit der immer gleichen hämischen Bemerkung: „Osman, hoffentlich liest du dieses Mal mehr als zwei Wörter!“ Und das nur, weil wir mal ein interessantes Telefongespräch hatten.
Er rief mich vor 15 Jahren an und fragte: „Hallo, Osman, nun sag schon endlich. Wie hast du denn mein Buch gefunden?“
„Wie bitte? Ich habe nirgendwo ein Buch gefunden. Wo hast du dein Buch denn verloren?“, fragte ich wahrheitsgemäß zurück.
„Naja… Super-Witz! Wie gefällt dir denn nun mein Roman `Mieses Karma´?“
Da fiel es mir ein, dass vor einigen Monaten ein junger Schriftsteller mir sein Erstlingswerk geschickt hatte. Der Junge hieß David… oder Halid… oder Vahid, egal. Das Problem war, ich hatte sein Buch nicht mal in der Hand gehabt. Meine Frau hatte es wohl irgendwo hingelegt.
„Also, es liegt auf jeden Fall sehr gut in der Hand“, log ich wie gedruckt.
„Klar. Es sind ja auch über 300 Seiten.“
Bei Allah, was denkt er denn, wer diesen dicken Schinken lesen soll, dachte ich mir.
„Osman, komm schon, komm schon, ich kann die Wahrheit vertragen.“
„Nun, David, ähm… Halid… eh, Vahid, wie soll ich sagen, also, diesen Roman hast du bestimmt nicht in zwei Tagen geschrieben.“
„Ein Experte wie du merkt das natürlich sofort. Tatsächlich habe ich daran fünf Jahre gearbeitet. Und wie findest du meinen weiblichen Hauptcharakter?“
Im Regal fand ich das Buch und suchte verzweifelt nach einem Frauennamen.
„Also… ich finde die Figur der Ingeborg ist dir sehr gut gelungen. Sie hat enorme Tiefe“, rief ich erleichtert.
„Ingeborg? Die Putzfrau? Die taucht doch nur einmal kurz im ganzen Roman auf“, wunderte er sich.
„Das sage ich ja gerade. Sogar die kleinsten Nebencharaktere hast du absolut lebendig gezeichnet.“ Wenn man einmal mit Lügen anfängt.
„Osman, noch eine Frage, ist es okay für dich, dass Kim zu einer Ameise wird?“
„Klar, ein tyrannischer Ehemann macht doch jede Frau zur Schnecke oder Ameise“, gab ich ihm recht.
„Tyrannischer Ehemann? Osman, hast du mein Buch wirklich gelesen?“
„Klar! Alle dreihundert…“ ich schaute mir die Seitenzahlen genauer an. „Alle dreihundert… einundzwanzig Seiten.“
„Und wie findest du den Titel `Mieses Karma´?“
Um glaubwürdig zu sein, musste ich schon etwas kritisieren.
„Tut mir leid, aber der ist nun wirklich unter aller Sau! Wie konntest du nur so einen tollen Roman `Mieses Karma´ nennen? Auf dem Cover ist auch noch eine Riesen-Ameise. Mit einem Roman über Ameisen-Probleme wirst du nicht mal zwei Exemplare verkaufen, das sage ich dir gleich!“
„Meinst du das wirklich?“, fragte er enttäuscht.
„Klar! Ameisen kaufen doch keine Bücher. Nicht mal Menschen kaufen heutzutage noch Bücher.“
Und wie ich es richtig vorausgesagt habe. Von David Safiers Erstlingsroman `Mieses Karma´ wurden keine zwei Exemplare verkauft, sondern zwei Millionen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!