Kollagen als Nahrungsergänzungsmittel: Lieber mal ein bisschen basteln
Kollagen gilt als der heiße Scheiß. Verjüngend und gesundheitsfördernd soll es sein. Dass bei der Herstellung Tiere leiden müssen, wissen nur wenige.
K ennen Sie den Kollagenkult? Viele in meinem Bekanntenkreis hängen ihm schon an, sie schwören auf die gesundheitsfördernde und verjüngende Wirkung von Kollagen und kaufen es in Form von Pillen und Pulvern, aber auch in Smoothies, Superfood-Kaffees und Fitnessriegeln im Supermarkt.
Was sich die Kollagenjüngerinnen und -jünger davon versprechen? Kollagen ist das im Körper am häufigsten vorkommende Eiweiß und ein wesentlicher Bestandteil des Bindegewebes und der Haut. Es ist der Baustein von Knochen, Muskeln, Sehnen und Bändern, findet sich aber auch im Rest des Körpers, einschließlich der Zähne und Blutgefäße.
Je älter wir werden, desto weniger Kollagen produzieren wir. Kollagen als Nahrungsergänzungsmittel soll dem abhelfen, die Gesundheit fördern, Muskelaufbau und Darmgesundheit unterstützen und für ein jugendliches Aussehen sorgen.
Was ich daran auszusetzen habe? Mein Mantra für alle Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel ist: Kenne deine Quellen! Und viele wissen nicht (oder verdrängen gern), dass Kollagenprodukte unter anderem aus Kühen, Hühnern und Fischen hergestellt werden. Der Großteil ist ein Beiprodukt der Massentierhaltung.
Beiprodukt von Massentierhaltung
Die Hormone, Antibiotika, Pestizide und Herbizide wie Glyphosat sowie Schwermetalle, denen die Tiere oft ausgesetzt sind, reichern sich in ihren Körpern an – und auf Tierprodukten basierende Nahrungsergänzungsmittel enthalten dann oft auch Schadstoffe.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Außerdem: Während der Verdauung zerlegt unser Körper das von außen zugeführte Kollagen in seine Einzelbestandteile, darunter Aminosäuren wie Glycin, Prolin und Hydroxyprolin. Diese helfen danach zwar beim Kollagenaufbau, tun das aber nicht zwangsläufig. So gesehen brauchen wir also eigentlich gar kein fertiges Kollagen von toten Tieren kaufen und zu uns nehmen.
Was unser Körper braucht, um Kollagen herzustellen, sind drei Dinge, die wir auch über Pflanzen hervorragend aufnehmen können: Aminosäuren, Vitamin C und Mineralstoffe. Wie so oft kommt es einfach auf eine ausgewogene Ernährung an.
Da wir Menschen nun aber sehr bequem sind und viele von uns lieber ein einzelnes Produkt zu sich nehmen, anstatt zu „basteln“, wird der Kollagenkult wohl weiter boomen. Die Good News dabei: Vor einigen Wochen gab das Biotechnologie-Start-up Geltor den Launch des weltweit ersten essbaren veganen Kollagens bekannt.
Anstatt es aus Tierkadavern zu gewinnen, wird es von Mikroben, die mit einer DNA-Sequenz programmiert sind, produziert. Jetzt werde ich vielleicht doch noch zum Kollagenismus konvertieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“