Kohlekraftwerke weltweit im Bau: China investiert enorm in die Kohle
Ein neuer Report zeigt, dass China mit hunderten Milliarden US-Dollar schmutzige Kraftwerke finanziert. Es folgen Japan und Südkorea.
Berlin taz | Kein Land der Welt investiert so viel Geld in erneuerbare Energien wie China. 2017 flossen global rund 200 Milliarden US-Dollar in neue Solarzellen, Windparks, Wasserkraftwerke oder Biomasseanlagen – 45 Prozent davon in China. Das bringt Peking immer wieder großes Lob unter Klimaschützern ein.
Doch das ist nur die halbe Geschichte. Ein neuer Report des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) zeigt, dass China auch den weltweiten Ausbau von Kohlekraftwerken maßgeblich finanziert. Insgesamt werden derzeit Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 399 Gigawatt global gebaut oder geplant – die meisten davon in Bangladesch, Vietnam, Südafrika, Pakistan und Indonesien. Zum Vergleich: Die rund 150 Kohlekraftwerke in Deutschland haben eine Leistung von 45 Gigawatt.
Chinesische Staatsbanken haben bereits 21 Milliarden Dollar an künftiger Kohlefinanzierung zugesagt und weitere 14,6 Milliarden in Aussicht gestellt. Gleichzeitig investiere Peking auch außerhalb seines eigenen Staatsgebietes 44 Milliarden Dollar in Projekte, die CO2 reduzieren sollen, darunter viele Solar- und Windparks.
China gießt in Sachen Klimawandel also Öl ins Feuer und löscht an anderer Stelle. Und das in einer Zeit, in der viele der geplanten Kohleprojekte vor dem Aus stehen, weil immer mehr private Banken aus der Finanzierung von Kohlemeilern aussteigen. Staatliche Entwicklungsbanken wie die Weltbank haben die Finanzierung von Kohleprojekten beendet.
Viele geplante Kohleprojekte stehen vor dem Aus
Die chinesische Regierung habe zwar signalisiert, dass sie Kohleinvestitionen zurückfahren wolle, setze dies aber noch nicht um, heißt es in dem Report. „Stattdessen füllt China die Lücke als letzter möglicher Kreditgeber für die Kohleprojekte, die andere nicht mehr finanzieren“, monieren die AutorInnen. Hinter China folgen Japan und Südkorea als größte Finanzierer. Allerdings sind beide dabei, sich aus den Geschäften zurückzuziehen.
Deutschland ist schon deutlich weiter. Hier geht es nicht mehr um das Ende des Neubaus, sondern um das Ende der Kohleverstromung insgesamt. Erst am Dienstag forderten die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft für einen Kohleausstiegs bis 2030 Ausgleichszahlungen für die zu erwartenden Strompreissteigerungen: Das werde zusätzliche Kosten von „mindestens 14 bis 54 Milliarden Euro“ verursachen, heißt es in einer Studie des Beratungsunternehmens Aurora Energy Research im Auftrag zweier Wirtschaftsverbände.
Leser*innenkommentare
Rainald62
Ja, in absoluten Zahlen ist China unangefochtene Spitze. Das gilt aber nicht nur für den Kohleausbau, sondern auch für den Ausbau der Erneuerbaren. Da werden sie bald sogar pro Kopf vor Deutschland liegen (2018 noch nicht: +76 GW/1,4 Mrd. gegenüber +6,2 GW/0,083 Mrd., Quellen blog.energybrainpo...gy-market-in-2018/ bzw. www.umweltbundesam...n-in-zahlen#strom), während Deutschland bei den Pro-Kopf-CO2-Emissionen sehr deutlich führt (9,7 t zu 7,7 t, beide Werte leidlich stabil, publications.europ...d71a1/language-en). Zudem ist zu bedenken, dass ein Teil der CO2-Emissionen in China uns anzulasten ist, da unsere Handelsbilanz gegenüber China bei energieintensiven Produkten (Stahl, Elektronik) negativ ist.
Rainald62
Oh, sehr alte Bildungslücke. Bereits vor 11 Jahren waren die chinesischen Investitionen in EE größer als die deutschen. Mittlerweile sind sie größer als die von EU, USA und Japan zusammen.
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Traverso
"Deutschland ist schon deutlich weiter. Hier geht es nicht mehr um das Ende des Neubaus, sondern um das Ende der Kohleverstromung"
Vorsicht ! Wir haben einen fertig ausgebauten Kraftwerkspark fossiler Art, der unseren Massenkonsum, Verschwendungswahn und auch unglaublichen Wohlstand sicherstellt.
Pro Kopf umgerechnet haben wir einen CO2 - Ausstoß, an den China nie rankommen wird. Wir sind nicht weiter wie China, wir sind pro Kopf die größten Klimakiller überhaupt.
Wir Deutschen haben nicht das Recht über China zu urteilen und uns als besser darzustellen.
Vielmehr machen wir den Chinesen den Massenkonsum an Autos, Konsumprodukten und massiven Fleischkonsum vor. Diesbezüglich sind wir negatives Vorbild.
Der erhobene Zeigefinger an China lenkt von unserer Schuld ab.
Leider spielt dieser Artikel denen in die Hände, die sich bequem zurücklehnen und Deutschland als Klimaretter sehen. Weil der SUV ja so effizient und irgendwann mal ein Kohlekraftwerk abgeschaltet wird. Das ist ziemlich vermessen.
rero
@Traverso In absoluten Zahlen ist China aber unangefochtene Spitze.
Den Klimawandel interessieren leider nur die absoluten Zahlen.
Das Fatale ist, dass China auch noch Kohlekraftwerke in anderen Ländern vorfinanziert.
Das zeigt vor allem eines: In den armen Ländern ist der CO²-Ausstoß nicht geringer, weil dort die besseren Menschen leben.
Sie haben einfach weniger Finanzen, um sich diesen Lebensstil leisten zu können.
So bald sie das Geld haben, akzeptieren sie vielleicht auch CO²-Emmissionen wie in Katar, der VAE oder Ausstralien.
An Schuldzuweisungen und Urteilen hören Sie von mir nichts. Ich halte das allgemein für wenig zielführend.
Zum Thema Vorbild: Glauben Sie wirklich, Chinesen wollen mehr Fleisch essen oder mehr Auto fahren, weil man das in Deutschland macht?
Ich nicht.
Das finden Chinesen sicherlich auch ohne Europa toll. Sind eben auch nur Menschen.
Renate
@rero Traverso hat recht: es interessiert natürlich der pro-Kopf Verbrauch. Verbraucher in reichen Ländern haben die moralische Pflicht, voranzugehen und möglichst wenig Schaden anzurichten, schließlich können sie es sich am ehesten leisten. Urteile und Schuldzuweisungen sind absolut notwendig, wobei jeder natürlich zuerst seinen eigenen Dreckstall ausmisten sollte. Dass in Deutschland noch die die Hälfte des Stroms durch Kohleverbrennung generiert wird ist ein Skandal ersten Ranges.
Henry Luis
Sehr interessant! Ich wusste generell nicht, dass China auch in die grüne Energie investiert hat. Ich selbst war vor 9 Jahren in Guangzhou und man hat schon zur damaligen Zeit gesehen, dass die Luft nicht rein war. Dass die Regierung nun den Schritt gesetzt hat auch in grüner Energie zu investieren, finde ich sehr gut.