Körperlichkeit und Brustkrebs: Jolies Entscheidung
Angelina Jolie hat sich die Brüste amputieren lassen, vorsorglich. Ihr künstlich wirkender Körper ist von nun an mehr als eine Projektion von Sex-Appeal.
Wer auch immer sich in Zukunft „Tomb Raider“ anschaut – in dem Angelina Jolie die aus dem Computerspiel gleichen Namens stammende Artefaktesammlerin Lara Croft spielte –, wird beim Anblick von Jolies barbiegleicher Adventure-Game-Figurine an diese Geschichte denken.
Das hat die Schauspielerin erreicht: Auch ihr durch seine Perfektion stets künstlich wirkender Körper ist von nun an mehr als eine Projektion landläufiger Idealvorstellungen von Schönheit und Sex-Appeal. Sie hat mit dem Öffentlichmachen ihrer sehr persönlichen Entscheidung zudem mehrere private Fakten offenbart:
1. Jolie glaubt an die Schulmedizin und stellt deren Erkenntnisse über die Gefahr einer prophylaktischen Operation.
2. Jolie ist, so steht es in ihrem Bericht in der New York Times, durch den frühen Verlust ihrer Mutter und durch ihre eigene Mutterrolle in ihrer Entscheidung bestärkt worden.
3. Jolie hat keine Angst vor den Diskussionen, Fragen und Blicken, die diese Entscheidung für sie zur Folge haben wird. Sie hat sich mit besten Absichten und ihrer Überzeugung gemäß dafür ausgesprochen, ihren Körper gleich einem physischen Argument einzusetzen – obwohl sie ihn wegen seiner berufsbedingten öffentlichen Sichtbarkeit bewusster schützen muss als andere Menschen den ihren.
Der glamouröse Showeffekt
Denn dass die Vorstellung, Jolie habe sich beide Brüste amputieren lassen, so schockierend klingt, liegt natürlich auch an ihrem Erscheinungsbild: Als die Moderatorin und Ozzy-Osbourne-Ehefrau Sharon, die sich in der MTV-Reality-Soap „The Osbournes“ vor 10 Jahren freiwillig bis ins Privatleben verfolgen ließ, die gleiche Operation hatte vornehmen lassen, bewies da weitaus weniger Durchschlagskraft.
Jolie arbeitet – im Gegensatz zu Osbourne – mit ihrem Körper, als Schauspielerin, die kaum Rollen spielte (oder angeboten bekam?), in der sie nicht perfekt aussieht, und als eines der beliebtesten Paparazzi- und Roter-Teppich-Motive.
Dieser ganze, flache, glamouröse Showeffekt wird bei Jolie in Zukunft mit dem Thema Brustkrebs verknüpft sein, wird jedeN BetrachterIn zu eigenen Überlegungen, Abwägungen und eventuell Recherchen anregen, und kann auch eine Auswirkung auf die gesundheitspolitischen Aspekte (Kosten der genetischen Untersuchung, Forschungsintensität) haben. Dafür kann man Jolie dankbar sein.
Die Schauspielerin, die seit Jahren unter anderem durch auffällige Tätowierungen eine besondere, vielleicht sogar eine einst schwierige Beziehung zu ihrem Körper verrät, hat diesen nun zur Diskussion gestellt. Ob und welche Konsequenzen das für einen persönlich hat, das muss man selbst entscheiden.
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