Köpfe: Igor Sutjagin: Der befreite Staatsverräter

Fünf Jahre saß der Konfliktforscher Igor Sutjagin in Untersuchungshaft, nun ist er frei. Doch vor seiner Entlassung musste er ein Schuldeingeständnis unterschreiben.

Er hatte nie Zugang zu Geheimdokumenten, trotzdem nahm der russische Geheimdienst ihn fest:: Der Forscher Igor Sutjagin. Bild: dpa

Es wird sich alles aufklären, in ein paar Tagen bin ich wieder zu Hause", tröstet der 34-jährige russische Konfliktforscher Igor Sutjagin seine Frau Irina und seine Töchter Oxana und Nastja, als er am 27. Oktober 1999 von Beamten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB in seiner Wohnung in Obninsk im Gebiet Kaluga festgenommen wurde. Es folgen fünf lange Jahre Untersuchungshaft, bevor der Wissenschaftler 2004 wegen Verrats von Staatsgeheimnissen zu 15 Jahren Haft verurteilt wird.

Seit Donnerstag dieser Woche ist der inzwischen 45-jährige Wissenschaftler frei. Doch nach Hause kann er trotzdem nicht. Im Rahmen eines Agentenaustauschs zwischen den USA und Russland sollte er nach Wien ausgeflogen werden und von dort in Kürze nach Großbritannien weiter reisen.

Sutjagins Mutter, Swetlana Sutjagina, die ihn noch am Mittwoch im Gefängnis in Moskau besucht hatte, ist völlig überrascht von der neuen Situation. Erst bei ihrem Besuch habe ihr Sohn ihr mitgeteilt, dass man ihn nach London fliegen werde, sagte Swetlana Sutjagina der taz.

Sutjagin, der bis zu seiner Verhaftung im Institut für USA- und Kanada-Kunde der Russischen Akademie der Wissenschaften tätig war, soll geheime Informationen an Engländer und US-Amerikaner weitergegeben haben. Doch Sutjagin, dessen Forschungsschwerpunkt Atomwaffen, Abrüstungsfragen und internationale Konflikte sind, hatte nur unter Verwendung öffentlich zugänglicher Quellen geforscht. Er könne doch gar keine Geheimnisse verraten haben, da er keinen Zugang zu Geheimdokumenten gehabt habe, insistierte der Wissenschaftler in seinen Prozessen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte ihn 2004 zum politischen Gefangenen.

Kurz vor seiner Haftentlassung musste Sutjagin ein Dokument unterzeichnen, das auch ein Schuldeingeständnis enthielt. Über zehn Jahre hatte es Sutjagin abgelehnt, sich schuldig zu bekennen. Anna Stawizkaja, die Anwältin von Sutjagin, erklärte gegenüber russischen Medien, Sutjagin habe dieses Papier aus Sorge um seine Familie und aus Furcht, der Gefangenenaustausch könne platzen, unterzeichnet.

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