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Kölner Polizeipräsident in der KritikDer Uneinsichtige

Wegen der zahlreichen Übergriffe zu Silvester in Köln gibt es massive Kritik an Polizeichef Wolfgang Albers. Er lehnt einen Rücktritt ab.

Sieht keine Fehler bei sich: Wolfgang Albers. Foto: dpa

Für Wolfgang Albers wird die Luft dünn. Wie lange sich der 60-jährige Sozialdemokrat noch als Polizeipräsident Kölns halten kann, ist ungewiss. Er selbst lehnt einen Rücktritt kategorisch ab. Nach den Exzessen in der Silvesternacht vor dem Hauptbahnhof und seinem – freundlich formuliert – unglücklichen Auftreten danach steht er massiv in der Kritik.

Das „ziemlich hilflose Agieren der Polizei“ mache „fassungslos“, kritisieren die Kölner Grünen. Von „einem eklatanten Fall von Polizeiversagen“ spricht die Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. Und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) konstatiert: „So kann die Polizei nicht arbeiten.“ Seine Kölner Parteifreunde fordern inzwischen offen den Rücktritt: „Ein ahnungsloser Polizeipräsident ist genauso untragbar wie einer, der schlimme Ereignisse unter den Teppich kehren will“, sagte Partei- und Ratsfraktionschef Bernd Petelkau. Zum „wiederholten Mal“ habe Albers „eine Lage völlig falsch eingeschätzt“.

Das spielt auf den letzten Skandal an, den der seit 2011 amtierende Albers auch schon nur mit Ach und Krach überstanden hat: den HoGeSa-Aufmarsch 2014. Damals standen 4.800 gewaltbereiten Hooligans und Neonazis nur 1.300 völlig überforderte Polizisten gegenüber. Bei den Krawallen wurden etwa 50 Beamte verletzt und Polizeiautos demoliert. Trotzdem behauptete die Kölner Polizei, „angemessen und gut aufgestellt“ gewesen zu sein.

Auch diesmal will Albers keine Fehler an dem polizeilichen Einsatz in der Silvesternacht einräumen. „Wir waren nicht überfordert“, weist er jegliche Kritik zurück. Einzig die Pressemitteilung am Morgen danach bezeichnet er mittlerweile als „falsch“. Darin hatte seine Behörde eine positive Bilanz gezogen: „Ausgelassene Stimmung – Feiern weitgehend friedlich“. Auch vor dem Hauptbahnhof habe sich „die Einsatzlage entspannt“ gestaltet. Verantwortlich für diese exklusive Darstellung macht Albers „interne Kommunikationsfehler“.

Dabei kennt sich der gebürtige Münchner mit Massenveranstaltungen eigentlich bestens aus. Als Jurastudent an der Uni Bonn organisierte er Anfang der 1980er Jahre – damals noch Mitglied der Jungdemokraten und der FDP – die legendären Bonner Friedensdemonstrationen mit. Das seien allerdings „Latsch-Demos“ gewesen und er sei „nie in gewalttätige Konflikte verwickelt“ gewesen, betonte er vor zwei Jahren im taz-Interview. Über seine Herangehensweise an Großereignisse sagte er damals: „Wenn man unvorbereitet ist, gibt es Konflikte. Wenn man sich auf die Lage einstellt, klappt es besser.“ Viel spricht dafür, dass Albers an Silvester seiner eigenen Maxime untreu geworden ist.

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25 Kommentare

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  • „Wir waren nicht überfordert“

     

    Na, das wird die Opfer der Übergriffe sicher sehr beruhigen und vielleicht doch noch zufriedenstellen mit dem Verlauf des Abends. Jetzt fehlen eigentlich nur noch die üblichen Ermittlungspannen, an die man sich bundesweit in den letzten Jahren schon gewöhnen durfte.

  • Kann mich mal rechtlich jemand aufklären?

     

    So wie ich mitbekommen habe, fanden doch die meisten angezeigten Delikte IM Hauptbahnhof statt.

    Ist da überhaupt die Kölner Polizei zuständig oder ist Bahnhof nicht ausschließlich Sache der Bundespolizei? Die hat doch damals die Aufgaben der Bahnpolizei übernommen.

    • @Age Krüger:

      Gute Frage! Vermutlich liegen Sie da ganz richtig. Zuständigkeiten sind allerdings im bundesdeutschen Polizeiapparat grundsätzlich von einer Art zweckmäßiger dynamischer Intransparenz geprägt.

      • @Rainer B.:

        Intransparent ist es, aber zweckmäßig im Sinne der Verhütung und Verfolgung und Straftaten sicher nicht.

        Aber das Rühren an föderalistischen Absurditäten ruft ja jedesmal Widerstand hervor.

        • @Mitty22:

          Zweckmässig ist es deshalb, weil sich im Zweifel beide Seiten auf Unzuständigkeit berufen können.

        • @Mitty22:

          Wobei sich diese Absurdität hier ja eher daraus ergibt, dass man am Föderalismus vorbei geregelt hat.

          • @Rainer B.:

            In diesem Fall ja. Aber bei der Bekämpfung von organisierter und überregionaler Kriminalität würde ich das anders sehen.

            • @Mitty22:

              Dafür gibt es doch länderübergreifende Spezialeinheiten.

    • @Age Krüger:

      Aber gerne: Die örtliche Zuständigkeit ist auf das Gebiet der Bahnanlagen beschränkt, im vorleiegenden Fall also auf den Bahnhof. Was das für Blüten treibt, wurde in der TAZ bereits berichtet: http://www.taz.de/Urteil-des-Bundesverwaltungsgerichts/!5041192/

      Was die Gefahrenabwehr betrifft, ist § 3 BPOLG die maßgebliche Regelung:

       

      (1) Die Bundespolizei hat die Aufgabe, auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, die 1.

      den Benutzern, den Anlagen oder dem Betrieb der Bahn drohen oder

      2.

      beim Betrieb der Bahn entstehen oder von den Bahnanlagen ausgehen.

       

      Der Begriff "Benutzer der Bahn" ist hierbei nach herrschender Mahnung weit gefasst, dass heißt, es ist jeder, der sich im Bahnhof oder auf sonstigen Bahnanlagen aufhält.

       

      Was die Strafverfolgung betrifft, zieht S 12 BPOLG die Grenzen:

       

      (1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

      (...)

      5.

      auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft (...)

      Wichtig ist hierbei, dass eine Beschränkung der Strafverfolgung auf Vergehen existiert, dass heißt mit einer Mindeststrafandrohung von weniger als einem Jahr Freiheitsstrafe. Bei den vorliegenden Straftaten handelt es sich aber um Raub und sexuelle Nötigung, das sind Verbrechen mit einer Mindeststrafandrohung von einem Jahr. Die Verfolgung von Verbrechen obliegt auch dann der Landespolizei, wenn sie in räumlicher Zuständigkeit der Bundespolizei stattgefunden hat.

       

      Das war jetzt vielleicht ein bißchen trocken, aber ich hoffe, ich konnte Dir helfen!

  • Es ist traurig zu lesen, wie bedeckt sich die TAZ bei den Tätern hält, die mangelhafte Berichterstattung der Öff Re gar nicht erwähnt, stattdessen in linker Manier die Polizei angreift - die nun am wenigsten dafür kann (siehe Polizeibericht).







    Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie die Netiquette.

    • @ThoG:

      "....die nun am wenigsten dafür kann (siehe Polizeibericht)"

       

      Haben Sie schon einmal von einem Polizeibericht gehört, in dem die Polizei "etwas dafür kann"?

    • @ThoG:

      Noch gilt der Imperativ der totalen politischen Korrektheit.

       

      Aber Kritik an der Kölner Polizei scheint nicht an den Haaren herbeigezogen, selbst wenn sie von Kapazitäten wie der Jelpke kommt.

    • @ThoG:

      Wenn ich einen Bericht schreibe, steht da auch drin, daß ich nichts dafür kann. Ob es stimmt - hoffentlich dann ja.

       

      Die Täter sollen ja polizeibekannt sein? Aber noch nicht aufgespürt und/oder identifiziert? Ich wüßte gerne, was da los ist, so richtig einschätzen kann ich es nicht.

      • @Bodo Eggert:

        Die Tätergruppierungen sind wohl schon vorher aufgetreten, möglicherweise waren sie auch zu Silvester vor Ort, aber man muß jedem Täter die individuelle Tatbeteiligung zu- und nachweisen. Mal ehrlich: Das ist schwierig. Hinzu kommt, dass die Justiz in NRW als recht täterfreundlich, oder anders ausgedrückt, recht lasch gilt. Verurteilungen werden zum Glücksfall. Eine Hoffnung besteht für mich nur darin, dass sich die Herrschaften gerne gegenseitig mit dem Handy filmen. Aber einfach mal ein Handy einkassieren und auswerten, das geht auch nicht. Dafür brauch man schon einen konkreten Straftatverdacht.

  • Der eizige Fehler der gemacht wurde war eine SoKo einzusetzen und um Anzeigen "zu werben".

     

    Würde man bei anderen Großveranstaltungen soetwas machen hätte man das selbe Ergebnis gehabt. Es war keine neue Dimension des Verbrechens, sondern nur eine neue Dimension des Nachsehens. Von einer Dimension der Aufklärung kann ja keine Rede sein, die Verbrecher wurden ja noch nicht aufgespührt.

    • @Sascha:

      Ich kann ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen, was Sie eigentlich wollen. Es hört sich für mich an wie: Bitte keine Aufklärung, denn die bringt eine Wahrheit ans Licht, die möglicherweise unangenehm wäre. Und ohne Tataufklärung sollen nach sieben Tagen die Täter präsentiert werden? Schon mal was von Rechtsstaatlichkeit gehört?

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Die Moderation

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @774 (Profil gelöscht):

      Hä??

  • Na warum soll der Herr des Organisationsverschuldens mit SPD Parteibuch denn abtreten?

     

    Albers ist doch schom dem IM Jäger in den Allerwertesten gekrochen, als er erfolgreich das Kommando 3 des SEK Köln zerschlagen hat?

     

    Bei so hochwohlvermögender Gunst der Mächtigen wird er so lange als möglich an seinem Stuhl kleben.

     

    Unvorbereitet kann auch nicht sitmmen, die entsprechenden Gruppen sind schon länger auch der LaPo bekannt gewesen. Entsprechende Funkzellenanalyse wird die sich abzeichenden Katastrophe auch gut nachvollziehen. Ob das Resultat dazu an die Öffentlichkeit kommt?

    • @KarlM:

      Ja wie? Soll der Chef am Ende auch noch dafür verantwortlich sein, wenn das Bodenpersonal seine Schuhe nicht binden kann? So was gibt´s auch nur in der Beamtenkaste, wo Privilegierte unter sich sind.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Es ist allzu billig, die Schuld allein bei der Kölner Polizei und Albers zu suchen. Die haben sicherlich auch Fehler gemacht, doch einen breiten Handlungsspielraum hatten/haben sie nicht. Solange Schäuble aus CDU- wahltaktischen Gründen an der "Schwarzen Null" festhält, solange werden sich diese völlig überzogenen Einsparungen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens bemerkbar machen. Mit anderen Worten: die beraubten und begrabschten Frauen zahlen Schäubles Rechnung ebenso mit, wie Menschen, die etwa auf eine zügige und sorgfältige Bearbeitung ihres Falles bei der Justiz warten. Die Kontrolleure im Lebensmittelbereich können praktisch nichts (!) ausrichten - wegen Personalknappheit. Dringend nötige Arbeiten in der Infrastruktur werden einfach nicht ausgeführt, die Probleme potentieren sich selbst. Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Von wegen "Schwarze Null" - es ist Zahltag für die Bevölkerung, schon längst!

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Was hat Schäuble mit dem dilettantischen Verhalten der Diensthabenden zu tun? Vielleicht würde sich das etwas straffen, wenn gewisse Beamtenprivilegien aufgehoben würden und etwa schlechte Leistung zur Entlassung führen könnte.

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Man muß sich mal auf der vergegenwärtigen, wer da mit der Kritik voranmarschiert.

      Ulla Jelpke, die hinter jedem Polizeieinsatz Diskriminierung und Unterdrückung vermutet, und ein Bundesinnenminister, der für die mangelhaften (und das ist noch untertrieben) Grenzkontrollen (Unterstützungsangebote der bayrischen LaPo wurden ja abgewiesen) und rudimentären Registrierung der Immigranten mitverantwortlich ist. Unfaßbar!

      • @Mitty22:

        Ich stimme Euch voll zu!

        Es ist Zeit zu investieren - und zum Teuefel mit ständige Einsparungen aus "Politischen" Gründe.

        • @anton philips:

          Und worin wollen Sie investieren? Bessere Ausrüstung wird nicht zu intelligenterem Verhalten führen.