Kölner Kooperation mit türkischer Uni: „Sie sind Pioniere“

Seit diesem Semester bietet die Universität Köln einen deutsch-türkischen Jurastudiengang an. Es ist das erste Angebot dieser Art in Deutschland.

Können jetzt mit einen deutsch-türkischen Studiengang belegen: Studenten an der Universität Köln. Bild: dpa

KÖLN taz | Tugae Butay und Aysegül Diker stehen vor Hörsaal A2 und treten von einem Fuß auf den anderen. Die beiden Studentinnen sind nervös. Es ist kurz vor 14 Uhr, gleich beginnt die erste Vorlesung ihres Lebens. Einführung in die deutsche Rechtsgeschichte.

Vor elf Monaten ist Tugae Butay aus der Türkei gekommen, um sich mit einem Sprachkurs auf das Studium in Köln vorzubereiten. Aysegül Diker kommt aus der Domstadt und spricht nicht nur perfekt deutsch – sondern auch türkisch. Ideal für den bundesweit einmaligen Studiengang, den sie belegt.

Plätze gab es während der Einführungsvorlesung für die beiden nur auf der Treppe: In der ersten Stunde ihres Studiums machen sie Bekanntschaft mit einer deutschen Massenuniversität. Einige Tage zuvor, bei der Begrüßung für die TeilnehmerInnen des ersten deutsch-türkischen Bachelor-Studiengangs Rechtswissenschaften in der Bundesrepublik, ist es fast familiär. Sekt und Orangensaft gibt es in der ehrwürdigen Bibliothek des Zentrums für Internationale Beziehungen.

„Sie sind Pioniere“, begrüßt Rechtsprofessor Heinz-Peter Mansel sie. Rund 40 Studierende absolvieren den neuen Studiengang, den die Universität Köln und die private Istanbul Kemerburgaz Universität gemeinsam anbieten. Jeweils 20 Studierende kommen aus Deutschland und der Türkei. Zwei Jahre werden sie an der Kölner Uni ausgebildet, dann folgen zwei weitere Jahre in Istanbul. Dort studieren sie auf Türkisch und Englisch und erhalten dann den „Bachelor of Laws“ sowie den türkischen Abschluss „hukuk lisans“.

In Deutschland richtet sich das Programm an Interessierte mit türkischen Wurzeln. Für die 20 Plätze gab es 90 Bewerber. „Die große Nachfrage hat uns überrascht“, sagt Mansel, der das Projekt initiiert hat. Ziel des Studiengangs ist es, Juristinnen und Juristen für den deutsch-türkischen Rechtsverkehr auszubilden. Ähnliche Programme unterhält die Uni Köln mit der Sorbonne in Paris und einer englischen Hochschule.

Keine Studiengebühren

Die türkische Partneruni verzichtet bei diesem Projekt auf die sonst üblichen Studiengebühren. Anders als die Kölner Hochschule ist sie neu – und klein. In der Türkei können sich junge Leute um einen Platz für den Studiengang bewerben, die Vorkenntnisse in Deutsch haben.

Einer von ihnen ist der 21-jährige Burak Kocagöncü aus Izmir. Er hatte das Fach im Gymnasium, aber musste hier noch einiges auffrischen. Seit Dezember 2012 ist er im Rheinland. Das Angebot für den deutsch-türkischen Studiengang hat Burak Kocagöncü in der Istanbuler Uni gesehen. „Ich wollte immer im Ausland studieren, aber wenn ich im Ausland Jura studiere, kann ich nicht in der Türkei Rechtsanwalt werden.“ Bei diesem Studiengang lässt sich beides verbinden.

Manche wie die 23-jährige Selma Sahin bringen nicht nur besondere Sprachkenntnisse mit. Die gebürtige Kölnerin hat bereits vier Semester Jura an der Universität Trier studiert. Sie ist von ihrer Tante auf das Angebot aufmerksam gemacht worden. Die hatte davon im türkischen Fernsehen gehört.

Selma Sahin will nach ihrem Abschluss Menschen unterstützen, die sich in den Fallstricken der unterschiedlichen Rechtssysteme verfangen – als Anwältin. Eine Karriere als Staatsanwältin oder Richterin ist ihr verbaut. Als einzige in dem Studiengang trägt sie ein Kopftuch, was Frauen in diesen Funktionen sowohl in Deutschland als auch in der Türkei nicht erlaubt ist.

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