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Koalitonsvertrag in ItalienLega lässt abstimmen

Auf Italiens Straßen kann über den Regierungsvertrag votiert werden. Die Reaktionen aus Deutschland auf die mögliche Sterne-Lega-Koalition fallen teils deftig aus.

Auch in Mailand können Anhänger der rechtspopulistischen Lega über den Regierungsvertrag abstimmen

Rom dpa | Nach der Fünf-Sterne-Bewegung lässt am Wochenende auch die rechtspopulistische Lega über den Regierungsvertrag in Italien abstimmen. Dazu sind bis Sonntag im ganzen Land 1.000 Stände aufgestellt, an denen jeder den Koalitionsvertrag mit den Sternen befürworten oder auch ablehnen kann. Es wird aber mit breiter Zustimmung gerechnet.

Am Montag wollen die beiden europakritischen Parteien dann Staatspräsident Sergio Mattarella ihr Regierungsprogramm vorstellen, dabei soll auch ein Name eines künftigen Ministerpräsidenten bekannt werden. Erst dann wird der Präsident einen Regierungsauftrag erteilen. Seit Wochen wird über die möglichen Kandidaten spekuliert. Erwartet wird, dass weder Sterne-Chef Luigi Di Maio noch Lega-Anführer Matteo Salvini das Amt übernehmen, sondern ein dritter Kandidat.

Bei der Wahl am 4. März war die Fünf-Sterne-Bewegung mit 32 Prozent stärkste Partei geworden. Es wird spekuliert, dass daher auch eher ein Kandidat aus den Reihen der Sterne für das Amt des Regierungschefs ernannt wird.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kommentierte die Regierungsbildung: „Die neue Schulden-Koalition in Italien ist ein Warnschuss für Europa. Der Stabilitätsgrundsatz der EU ist für uns nicht verhandelbar. Deutschland darf nicht die Zeche zahlen für das neue Schuldenprogramm Italiens.“

FDP-Chef Christian Lindner forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, ihren Kurs zu ändern. Weil sich die Rechtspopulisten in Italien vom bisherigen Sparkurs in der EU abwenden wollen, solle Merkel ihrerseits an finanzielle Eigenverantwortung erinnern. „Statt mehr deutsche Mithaftung für italienische Banken in Aussicht zu stellen, sollte sie deutlich machen, dass Deutschland die Rückkehr zur Politik auf Pump nicht akzeptiert“, sagte Lindner der Bild-Zeitung.

AfD-Parteichef Alexander Gauland plädierte dafür, eine organisierte Auflösung des Euro-Raumes vorzubereiten. „Ungeniert will das hochverschuldete Italien weiter massiv die Ausgaben hochfahren“, sagte Gauland laut Pressemitteilung am Samstag. „Die Pläne der neuen italienischen Regierung zeigen eindrücklich den grundsätzlichen Konstruktionsfehler der auf gemeinschaftlicher Haftung basierenden Eurowährungs- und Schuldenunion.“

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6 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Wäre das auf Deutschland übertragen eigentlich so, wie wenn die Sammlungsbewegung der Familie Lafontaine mit der AfD zusammengehen würde?

    • 9G
      99663 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      nein, das sehe ich so nicht. die fairland-initiative ist ihrem selbstverständnis nach eindeutig links, während m5s von anfang an diese kategorisierungen abgelehnt hat. die lega und die afd sind sich da im kern schon ähnlicher. aber solche paradoxien haben wir ja auch in griechenland, wo syriza mit der kleinen nationalistischen splitterpartei anel zusammen regiert. wenn das hauptbestreben darin bestehen sollte, den fokus auf abschiebepolitik und anti-eu bzw. anti-euro zu setzen, können im extremfall solche koalitionen entstehen. die haltbarkeit erachte ich als gering. in deutschland würde sich eine linke sammlungsbewegung nicht auf so etwas einlassen, da bin ich mir sehr sicher: seehofers durchgeknallte ankerlager will auch die fairland-initiative nicht. die betonung liegt hier auf hilfe vor ort mit deutlich größerem humanitären engagement als bisher, um den allerärmsten eine chance zu geben die sich keine schlepper leisten können. dafür würde die afd keinen cent ausgeben wollen. gewisse berührungspunkte bestehen allenfalls in hinsicht auf eine europaskepsis. aber auch hier gilt: die afd will zurück zum nationalstaat, die fair-ländler langfristig eher zu einer massiven stärkung des eu-parlaments und einer schwächung der kommission. das kann in den augen mancher am besten über einen zeitweisen rückzug auf den nationalstaat herbeigeführt werden, der selbst ist aber kaum als das endziel gedacht.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @99663 (Profil gelöscht):

        Alles klar!

         

        Vielen Dank für Ihre Erläuterungen.

         

        Ich bin da wohl einfach an ein paar knackigen Wagenknecht-Zitaten hängen geblieben.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Nein. „Die Linke“ ist, meines Wissens nach, noch nicht vollständig unter Kontrolle. Es wäre demnach mehr so etwas, wie die Koalition von AfD mit den (heutigen) Grünen oder der Piratenpartei.

  • "Ni droite, ni gauche" -- die neuen Bewegungen von Macron bis zu den 5Sternen haben damit kokekttiert, alte politsuiche Muster zu durchbrechen. Heute wissen wir: das ist nur eine neue Ausrede, um den ersten Teil eines Satzes wie : "Ich bin ja nicht rechts, aber..." ansatzweise glaubhaft erscheinen zu lassen.

  • 6G
    64662 (Profil gelöscht)

    Das klingt wirklich dramatisch:

     

    "Darüber hinaus ist es die ausdrückliche Absicht einiger Lega-Grillini-Hardliner, Deutschland zu zwingen, den Euro zu verlassen, indem sie ihn funktionsunfähig machen. Sie würden auf Deutschland mit einer Parallelwährung innerhalb der Eurozone antworten und gegebenenfalls Truppen in die Bank von Italien entsenden."

    https://makroskop.eu/2018/05/italiens-aufruehrer-bringen-deutschland-an-die-decke-und-riskieren-einen-zahlungsstopp/

     

    "Nicht unterschätzen sollte man auch, dass die Geduld Frankreichs hinsichtlich der deutschen Hinhaltetaktik inzwischen mehr als erschöpft ist. Wenn Scholz nun sogar, wie Evans-Pritchard schreibt, nicht mehr bereit ist, Mittel des ESM als Backstop für den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus zur Verfügung zu stellen, dann dürfte sich auch bei Ihnen und anderen Euroländern die Meinung durchsetzen, dass mit Deutschland eine stabile Währungsunion schlicht nicht zu machen ist."

    https://makroskop.eu/2018/05/der-euro-vor-dem-aus/

     

    Der letzte Halbsatz dürfte zwar für geschätzte 95% der Deutschen absurd klingen, ist aber leider zutreffend.