Kommentar Regierungsbildung in Italien: Premier der Instabilität

In Italien will die zukünftige Koali­tion den parteilosen Giuseppe Conte als Premier engagieren. Ein Zeichen des Misstrauens innerhalb der Regierung.

Foto von Giuseppe Conte

Frühstücksdirektor oder plötzlich ambitionierter Regierungschef? Giuseppe Conte Foto: dpa

Demokratie lebt vom Kompromiss. Die entscheidende Frage allerdings ist, welche Sorte Kompromiss ausgehandelt wurde: einer, der tragen kann, oder einer, der sich schnell als faul entpuppt. Schon beim Regierungsprogramm haben es sich die beiden zukünftigen italienischen Koali­tions­partner, die Fünf-Sterne-Bewegung unter Luigi Di Maio und die Lega unter Matteo Salvini, leicht gemacht. Sie haben einfach nach dem „Wünsch dir was“-Prinzip ihre Lieblingsvorhaben summiert.

In der gleichen Logik sind sie jetzt auch bei der Auswahl ihres Ministerpräsidenten vorgegangen. Im Wahlkampf hatten sie noch Plakate geklebt, die Di Maio und Salvini jeweils als zukünftigen Regierungschef bewarben. Nun aber wird es wegen der wechselseitigen Vetos keiner von beiden. Schon dies sagt viel darüber aus, dass da zwei Parteien, die stramm rechtspopulistisch-fremdenfeindliche Lega und die aus dem Bürgerprotest gegen die politische Klasse geborenen Fünf Sterne, zusammenfinden, die einander nicht über den Weg trauen.

Dieses Misstrauen haben sie bei der Auswahl des Regierungschefs keineswegs überwunden, sondern mit einer originellen Rechnung kaschiert: Eins minus eins macht jetzt drei. Die beiden Parteichefs wollen als Vizepre­miers ins Kabinett einziehen. Als Premier dagegen wollen sie den parteilosen Juristen Giuseppe Conte engagieren.

Es bleibt das Geheimnis von Di Maio und Salvini, welche Rolle in diesem Tableau Conte überhaupt spielen soll. Entweder er akzeptiert es, gleichsam als Frühstücksdirektor und von den beiden Parteichefs ferngesteuert seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen, oder er kommt auf den Geschmack, will auf einmal „echter“ Regierungschef sein.

Dann aber stünde die Koalition vor dem nicht ganz einfachen Problem, in Zukunft zwischen drei Protagonisten nach einem gemeinsamen Nenner suchen zu müssen. Mit der Wahl des „dritten Manns“ ist die Instabilität des neuen Kabinetts vorprogrammiert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird diese Scheinlösung schiefgehen – eher früher als später.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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