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KoalitionsvertragVerkehrs­wende geht anders

CDU und SPD wollen viel Geld ins Schienennetz investieren, aber auch in neue Autobahnen. Das Deutschlandticket darf vorerst bleiben.

Milliarden für die Schiene: Ab jetzt nicht nur Verfall, sondern auch mal Neubau Foto: Wolfilser/imago

Berlin taz | Der große Gewinner der Koalitionsverhandlungen? Die Schiene! Denn durch das neu eingerichtete Sondervermögen soll deutlich mehr Geld in die Sanierung des maroden Streckennetzes fließen. Der Interessenverband Allianz Pro Schiene begrüßt die Vereinbarung. Die nächste Bundesregierung zeige, „dass sie bei vielen Punkten die richtigen Weichen“ für die Zukunft der Schiene gestellt habe, sagt Geschäftsführer Dirk Flege.

Vor allem die kostenintensive Sanierung der Hochleistungskorridore will die Koalition durch das Sondervermögen finanzieren. Die dadurch frei werdenden Milliarden stünden dann weniger stark frequentierten Strecken zur Verfügung. Außerdem darf die Deutsche Bahn mit weiteren Mitteln aus dem Klima-und Transformationsfonds für die Elektrifizierung der Strecken und die Digitalisierung der Stellwerke rechnen.

Damit die Bauindustrie langfristig Kapazitäten aufbauen kann, wollen die Koa­li­tionäre einen „Eisenbahn­in­fra­struk­tur­fonds“ mit lang­fristigen Finanzierungszusagen einrichten. Ein Schritt, den Fachverbände seit der Einrichtung des Sondervermögens gefordert haben.

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Keine Verkehrswende

Auch das Deutschland­ticket bleibt; und das sogar bis zum Ende der Legislaturperiode 2029. Erst ab dann soll das 58-Euro-Ticket teurer werden. Zuvor war die „sozialverträgliche und schrittweise“ Preissteigerung des 58-Euro-Tickets schon ab 2027 im Gespräch. Die Kosten sollen zukünftig nach einem festen Schlüssel zwischen Bund, Ländern und Kun­d:in­nen aufgeteilt werden, das soll für Planungssicherheit sorgen.

Ein glaubwürdiges Bekenntnis zur Verkehrswende ist der Koalitionsvertrag trotzdem nicht. Ein Tempolimit auf Autobahnen schaffte es nicht in den Vertrag. Auch der Bundesverkehrswegeplan (BVWP), der zahlreiche klima- und umweltschädliche Autobahnneubauprojekte enthält, wird nicht überarbeitet.

Dabei halten Experten die Berechnungsgrundlage für veraltet. Der Plan folgt keinen umweltpolitischen Zielen, sondern lediglich Bedarfsprognosen. Für das Erreichen der Klimaziele sei das Festhalten am BVWP „kontraproduktiv“, sagt Vera Hufe, Ökonomin beim Thinktank Dezernat Zukunft.

Kritisch sehen Ex­per­t:in­nen auch die geplante Rückkehr zu geschlossenen Finanzierungskreisläufen. So sollen die Einnahmen der Lkw-Maut nicht mehr dem Schienenverkehr, sondern der Straße zugutekommen. „Die Rückabwicklung wirkt einer stärkeren Verlagerung auf die Schiene entgegen“, sagt Hufe. Auch soll die Autobahn GmbH kreditfähig werden. Damit könnten dann Neubauprojekte finanziert werden.

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8 Kommentare

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  • Solange die Bahn es nicht schafft zuverlässig und flexibel wenigstens die mittelgroßen Orte in der Fläche anzubinden, wird der Bedarf an ausgebauten Straßen weiter steigen. Als Metropolenmetro funktioniert der Fernverkehr ja schon ganz gut, es bräuchte aber deutlich mehr Engagement um wenigstens wieder auf die Zu(g)verlässlichkeit früherer Jahrzehnte zu kommen. Aber davon kann keine Rede sein, scheint in dem Konzern auch keine Führungskraft wirklich zu interessieren. Wahrscheinlich wohnen die alle in Metropolen, oder nehmen das Auto.

  • Knapp 30 Jahre hat es allein gedauert die ICE-Verbindung zwischen Berlin und München auf gut 4 Stunden zu drücken.



    30 Jahre in denen nur 150 Kilometer der über 500 Kilometer langen Strecke neu gebaut wurden, der Rest war Bestand, musste 'nur' ertüchtigt werden.



    Bei solch einem Schneckentempo ist es unabdingbar das Autobahnen weiter ausgebaut werden. Der Verkehr nimmt stetig zu und durch die Zuwanderung wuchs die Bevölkerung entgegen aller Prognosen trotzdem weiter.



    Mehr Bürger heißt neben dem stetig wachsenden Handel noch mehr Verkehr.



    Wer sich dessen verschließt denkt ausschließlich ideologisch und nicht sachlich.



    Autobahnen haben Deutschland groß gemacht, Autobahnen waren der fruchtbare Boden der wirtschaftlichen Entwicklung Nachkriegsdeutschlands und Autobahnen sind das Rückgrat heutigen Wohlstands.



    Zum Glück hat die neue Regierung sich dieser Realität nicht verschlossen. Der Umbau vor allem des wirtschaftlichen Verkehrs auf die Schiene ist wichtig und unerlässlich für eine klimaneutrale Zukunft - bis dahin müssen aber Wirtschaft und Bevölkerung mobil bleiben um weiterhin den Wohlstand halten zu können.



    Eine Mobilitätswende ohne belastbare und funktionierde Autobahnen geht nicht

  • Im Bezug auf den Flugverkehr und die Touristik werden alle Maßnahmen der Ampel-Regierung zurückgenommen, die Entgelte gesenkt, die Pflicht zur Beimischung von umweltfreundlichen Kraftstoffen beim Kerosin rückgängig gemacht und der innerdeutsche Flugverkehr wieder gestärkt, man könnte meinen, hier sei die Luftfahrt-Mafia mit dabei gewesen ! Kriminell !!

    • @Dietmar Rauter:

      Können sie erläutern, in welcher Form die "Luftfahrt-Mafia" u.a. den innerdeutschen Flugverkehr stärkt?

    • @Dietmar Rauter:

      Schon mal geschaut was Fliegen im Rest von Europa kostet? Oder was inneramerikanisches Fliegen unter Biden oder Obama gekostet hat...?



      Kriminell ist einzig wie die letzte Regierung Deutschlands Wirtschaft und Bürger an den Rande der Rezension gesteuert hat während im Rest der Welt nach Corona wieder auf Wachstum geschaltet wurde.

      • @Farang:

        >Kriminell ist einzig wie die letzte Regierung Deutschlands Wirtschaft und Bürger an den Rande der Rezension gesteuert hat

        Wer andern kriminelle Verhalten vorwirft, sollte sich schon eine Rezension seines Textes gefallen lassen.

      • @Farang:

        Komischerweise ist jeder Monat aktuell der Wärmste im Vergleich zu den Vormonaten woran könnte das liegen ???



        Klimaschutz scheint ihnen völlig egal zusein

        • @Opossum:

          Nein ganz im Gegenteil, mir liegen Planet und Bewohnbarkeit sehr am Herzen - ich bin aber auch der Überzeugung das ohne eine starke Wirtschaft:



          1. Die enormen Kosten der Mobilitätswende bzw der Energiewende insgesamt nicht gestemmt werden können



          und



          2. Verzicht/degrowth bzw künstliche Verknappung (=überhöhte Flugpreise, Stop von Autobahnbau) den Rechtsruck befeuern, was über lang definitiv kontraproduktiv für den grünen Umbau ist