Koalitionsverhandlungen: Rot-Schwarz stellt Weichen auf Konkurrenz
Die Deutsche Bahn AG könnte schon bald Mitbewerber für das S-Bahn-Netz bekommen. Das haben SPD und CDU bei der vorletzten Runde der Koalitionsgespräche beschlossen.
Die S-Bahn Berlin GmbH muss sich nach der Pannenserie der letzten Jahre womöglich den Betrieb des Streckennetzes mit Konkurrenten teilen. SPD und CDU beschlossen bei ihren Koalitionsverhandlungen am Freitag, noch in diesem Jahr Gespräche mit der Deutschen Bahn AG über den gesamten Erwerb von deren Tochterunternehmen zu führen. Parallel dazu soll geprüft werden, ob trotz gegenteiliger Rechtssprechung die Vergabe des S-Bahn-Betriebs an nur einen Anbieter möglich ist. Falls beides nicht zum Erfolg führt, soll ein Viertel des Streckennetzes innerhalb des S-Bahn-Rings ausgeschrieben werden. Ihren Wunsch nach einer kommunalen Lösung konnte die SPD somit nicht durchsetzen.
Eine Teilausschreibung würde schon Anfang 2012 erfolgen, sagte SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler am Abend. "Es soll so schnell wie möglich sein, damit die Industrie und Betreiberfirmen sich vorbereiten können." Der jetzige Vertrag mit der S-Bahn AG läuft im Jahr 2017 aus. Die Wagen für den Betrieb des Teilnetzes solle der jeweilige Bewerber mitbringen, so Gaebler. Der Senat wolle sich eine Kaufoption auf den Fuhrpark nach Ende der aktuellen Vertragslaufzeit sichern. Die anschließenden Verträge sollen mindestens zehn Jahre laufen.
In weiteren Punkten der Koalitionsverhandlungen haben die künftigen Koalitionäre eine Entscheidung auf die Schlussrunde am kommenden Dienstag verschoben: Weder auf die von der SPD gewünschte „City-Tax“ noch auf die von der CDU geforderte Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes wollte man sich festlegen.
Zugestimmt hat die CDU einer leichten Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 4,5 Prozent auf 5,0 Prozent. Sie soll zum 1. April 2012 erfolgen. Beim Thema Wohnungsbau setzten die Christdemokraten dagegen ihren Wunsch durch, vermehrt private Investoren zu beteiligen. Ziel ist, in den kommenden fünf Jahren 30.000 Wohnungen neu zu bauen oder in den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zuzukaufen. Um günstige Mieten für Bezieher kleiner Einkommen zu sichern, soll das Land an die Gesellschaften oder Investoren Grundstücke vergünstigt bis kostenlos abgeben. Im Gegenzug würden sich die Erwerber verpflichten, dauerhaft billige Mieten zu garantieren.
Beim eigentlichen Thema der 9. Runde, den Finanzen, verständigten sich beide Parteien auf eine Weiterführung des strikten Sparkurses. Bis 2015 sollen die Ausgaben nur um 0,3 Prozent im Jahr steigen dürfen. Bereits 2016 wollen beide Parteien keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Die Steuermehreinnahmen von rund 260 Millionen Euro in diesem Jahr sollen in die Verringerung der Neuverschuldung gesteckt werden. Die CDU sprach sich indirekt auch gegen die Steuersenkungspläne der schwarz-gelben Bundesregierung aus. Beide Parteien bekräftigten, dass sie sich bei Abstimmungen im Bundesrat davon leiten ließen, "dass die Einnahmebasis Berlins nicht geschmälert werden soll", betonte SPD-Landesvize Kolat.
Die rund 70.000 Beamten des Landes sollen allerdings besser bezahlt werden: Außer der bereits zum 1. August 2012 vereinbarten Erhöhung ihrer Einkommen um 2 Prozent sollen diese auch 2013 um weitere 2 Prozent steigen. Außerdem vereinbarten SPD und CDU, dass der Personalstand im öffentlichen Dienst nicht unter 100.000 Mitarbeiter sinken soll. Derzeit gibt es noch 106.000 Beschäftigte. Der zentrale Stellenpool soll bis Ende 2012 aufgelöst werden.
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