Koalitionsverhandlungen im Burgenland: Sozialdemokratisches Tabu gebrochen
Im Burgenland will die sozialdemokratische SPÖ mit der rechten FPÖ zusammen eine Landesregierung bilden. Das gab es noch nie.
Bei den Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag hatte Niessls SPÖ die absolute Mehrheit verloren – sie kontrolliert nur noch 15 von 36 Sitzen. Wahlgewinner war die rechte FPÖ, die ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln konnte und jetzt sechs Mandate besetzt. Rechnerisch ginge sogar eine Mitte-rechts-Koalition von ÖVP, FPÖ und Liste Burgenland (LB). Die LB ist eine FPÖ-Abspaltung und errang ein Mandat.
ÖVP-Spitzenkandidat Franz Steindl soll in Versuchung gewesen sein, sich von den Rechten zum Landeshauptmann wählen zu lassen. Dem sei er durch seine Annäherung an die FPÖ zuvorgekommen, sagt Niessl.
Die Bundesparteizentrale der SPÖ hat er damit in höchste Verlegenheit gebracht. Kanzler Werner Faymann hat die SPÖ immer als Bollwerk gegen die Rechten positioniert – jetzt verhält er sich auffallend ruhig.
Die SPÖ spielte im Wahlkampf mit rechten Themen
Hans Niessl und sein FPÖ-Gegenüber Johann Tschürz machen den Eindruck, als hätten sie schon vor den Wahlen alles klargemacht. Tschürz freute sich über „lösungsorientierte“ Verhandlungen und wünschte sich „ein Ressort, das mit der Sicherheit in Verbindung steht“.
Dem wollte Niessl nichts entgegensetzen: „Er ist Polizist, und ich denke, dass zu einem Polizisten das Thema Sicherheit sehr gut passt.“ Niessl selbst hatte im Wahlkampf ohne Not das Sicherheitsthema gespielt, ungeachtet der Tatsache, dass sein Bundesland am wenigsten von Kriminalität heimgesucht wird. Und obwohl es im Burgenland kaum Asylbewerber gibt, wurden auch mit der Flüchtlingsfrage Ängste geschürt.
In der SPÖ verweist man gerne auf die desaströse Bilanz der blauen Regierungsbeteiligung unter ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel ab 2000 und auf das von Jörg Haider abgewirtschaftete Kärnten. Künftig werde man damit nicht mehr argumentieren können, meinen etwa Vertreter der Sozialistischen Jugend.
Manche sehen bereits eine Zerreißprobe der Partei, die bei den nächsten Wahlen ihren Höhepunkt finden könnte. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache will in Wien an die derzeit mit den Grünen regierende SPÖ heranrücken und eine Machtbeteiligung erzwingen.
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