Koalitionsstreit um Vorratsdatenspeicherung: Sieben Tage oder sechs Monate?
Die FDP fühlt sich durch einen EU-Bericht in ihrer Kritik an der Vorratsdatenspeicherung bestätigt. Für die Union bleibt eine halbjährige Vorhaltung "unerlässlich".
BERLIN taz | Die FDP fühlt sich durch einen Bericht des Europäischen Datenschutzbeauftragten Peter Hustinx in ihrer kritischen Haltung zur Vorratsdatenspeicherung bestätigt. Hustinx moniert, dass die EU-Mitgliedsstaaten die Notwendigkeit einer anlasslosen Speicherung aller Telefon- und Internetverbindungsdaten nicht ausreichend nachgewiesen hätten. Seit 2006 schreibt eine EU-Richtlinie diese Speicherung vor.
"Der Bericht bestätigt unsere kritische Haltung", sagte FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff der taz. "Die Union sollte sich deshalb endlich auf uns zubewegen und sich einem konstruktiven Kompromiss öffnen." Ein Vorschlag der FDP liege seit Januar auf dem Tisch.
Gemeint ist damit ein Eckpunktepapier von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die selbst als Klägerin dafür gesorgt hatte, dass ein erstes deutsches Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung im März 2010 in Karlsruhe gekippt wurde.
Nach einem neuen Gesetz sollen laut Leutheusser-Schnarrenberger nur die IP-Adressen, mit denen einzelne Computer identifiziert werden können, sieben Tage lang anlasslos gespeichert werden, während Telefonverbindungen erst bei einem konkreten Verdacht "eingefroren" werden sollen. Ein Ansatz, den auch der oberste EU-Datenschützer Hustinx als mögliche Alternative nennt.
In der Union hält man den Vorschlag jedoch "aus fachlicher und praktischer Sicht für ungeeignet", wie es in Berlin heißt. Die Union pocht nach wie vor auf eine anlasslose Speicherung aller Telefon- und Internetverbindungsdaten für sechs Monate.
Drei Monate als Kompromiss
Bestärkt fühlt man sich durch Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA), nach denen die Behörde von März 2010 bis April 2011 in 5.082 Fällen bei Telekommunikationsfirmen nach Verbindungsdaten fragte; weil die Daten aber seit dem Urteil des Verfassungsgerichts nur wenige Tage gespeichert würden, habe das BKA nur in 16 Prozent der Fälle eine Auskunft bekommen. Vor allem bei Ermittlungen gegen terroristische Netzwerke sei der Zugriff auf Vorratsdaten aber "unerlässlich", heißt es in Unionskreisen.
Ein bisschen kompromissbereit hatte sich zuletzt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gezeigt, der drei Monate Speicherfrist vorgeschlagen hatte. Doch selbst das hält man in Berliner Unionskreisen für falsch. Der Fall der "Düsseldorfer Zelle", die vor Kurzem beim Bombenbastelversuch festgenommen wurde, habe gezeigt: Eine Speicherung von mindestens einem halben Jahr müsse sein.
Die FDP hat sich bisher wenig beeindrucken lassen von den immer drängenderen Forderungen von Innenministern aus Bund und Ländern sowie von BKA und Verfassungsschutz. Sie hält sich an die kritischen Stimmen von Datenschützern und Bürgerrechtlern. Jeder stürzt sich auf das, was ihn stützt. Näher kommen sich Union und FDP so freilich nicht.
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