Koalitionsstreit um Steuersenkungen: Gepolter gegen den Solizuschlag

Rösler und Schäuble halten an ihren Steuerplänen fest. Doch ein Kompromiss mit Horst Seehofer könnte sein, dass am Ende der Solidaritätszuschlag gesenkt wird.

Wenn zwei sich freuen, ärgert sich der Dritte: Rösler (l.) und Schäuble verkünden Steuersenkungen ohne Seehofer. Bild: dpa

BERLIN taz | Wird jetzt der Solidaritätszuschlag gekappt? In Koalitionskreisen soll das bereits als Alternative zur Senkung der Einkommenssteuer gehandelt werden. Es wäre auch viel einfacher, weil es dafür keine Zustimmung des Bundesrats braucht. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle gab sich schon mal kompromissbereit. Dem Handelsblatt sagte er: "Ob die Entlastung über die kalte Progression oder den Soli erfolgt, ist für die Menschen nicht entscheidend."

Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will davon nicht wissen. "Es gibt keinen Plan B", behauptete dessen Sprecher Martin Kotthaus am Montag vor Journalisten in Berlin. Und auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hält weiter an seinem Vorschlag fest, lieber die "kalte Progression" zu bekämpfen, durch die Arbeitnehmer inflationsbedingt trotz steigender Löhne am Ende weniger in der Tasche haben. "Das Modell gilt", sagte eine Sprecherin Röslers am Montag in Berlin.

Seit Rösler und Schäuble am vergangenen Donnerstag der versammelten Hauptstadtpresse ihren Plan vorstellten und Horst Seehofer aus München beleidigt dazwischenkeilte, rätselt alle Welt, was mit dem bayerischen Ministerpräsidenten los ist. Hatte die CSU denn nicht im Sommer zugestimmt, die "kalte Progression" zu bekämpfen? Um die Verwirrung komplett zu machen geben andere CSU-Politiker offen zu, dass sie Röslers und Schäubles Plan begrüßen. So machte sich Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) am Montag im Focus für jene Einkommensteuersenkung stark, die sein Parteichef gerade vom Tisch gewischt hatte.

Gekränkte Eitelkeit?

Das nährt den Verdacht, dass es bei Seehofers Wutausbruch weniger um die Sache als um gekränkte Eitelkeit geht. Vielleicht gönnt er der FDP einfach nicht den kleinen Erfolg, eine Steuerentlastung verkünden zu dürfen, während es selbst bei seinen Themen - von der Pkw-Maut bis zur "Herdprämie" - bislang mit leeren Händen dasteht. Oder er glaubt, mit seinem Gepolter gegen Berlin zu Hause punkten zu können, wo seine Partei gerade in einem Umfragetief steckt.

Unklar ist aber auch, warum Schäuble und Rösler am vergangenen Donnerstag - einen Tag vor dem geplanten Koalitionstreffen in Berlin - vorgeprescht sind, ohne sich mit dem Koalitionspartner in München vorher so genau abgesprochen zu haben. Nicht erst im Nachhinein wirkte die Aktion reichlich überstürzt.

Bis zum nächsten Koalitionstreffen am 6. November ist damit alles offen, dann sollen auch ein paar Ministerpräsidenten aus Unionsländern mit am Tisch sitzen. Für die Opposition ist das Ganze ein Fest. "Ein peinlicher Vorgang", urteilte der Fraktionsgeschäftsführer der Sozialdemokraten, Thomas Oppermann. "Sind die jetzt völlig meschugge geworden?", fragte auch Grünen-Chefin Claudia Roth. Sie erklärte Angela Merkel wegen des Koalitionstheaters flugs zur "Lady Gaga der deutschen Politik".

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