Koalition will Steuern senken: Für eine Handvoll Euro mehr
Wegen der Wirtschaftsentwicklung steigen jetzt die Steuereinnahmen. Auf ihrem Spitzentreffen will die Koalition beschließen, welche Steuer sie senkt.
BERLIN taz | Die Regierung will die Steuern senken, doch nur so viel steht jetzt schon fest: Üppig wird die geplante Entlastung nicht ausfallen. Viele Bundesbürger werden bestenfalls rund zehn Euro mehr pro Monat auf dem Konto haben.
Drei Wege zur Steuersenkung stehen der Regierung zur Auswahl - ein niedrigerer Tarif der Einkommensteuer, weniger Solidaritätszuschlag oder eine geringere Stromsteuer. Vor ihrem Spitzengespräch am Sonntagabend streitet die Koalition aber noch munter hin und her, welchem Modell sie den Vorzug gibt.
Zwar hatten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) unlängst öffentlich eine leichte Senkung der Einkommensteuer ab 2013 angekündigt. Doch CSU-Chef Horst Seehofer intervenierte prompt, weil er sich übergangen fühlte.
Sollte sich die Koalition für das Schäuble-Rösler-Modell entscheiden, würden wohl der Grundfreibetrag angehoben, der für Alleinstehende heute bei 8.004 Euro pro Jahr liegt. Außerdem sänke der gesamte Steuertarif um etwa 4,5 Prozent. Personen mit sehr niedrigen Einkommen hätten dann etwa einen Euro netto mehr pro Monat, hat Frank Hechtner von der Freien Universität Berlin berechnet.
Für Gutverdienende zahlt sich die Entlastung stärker aus: Ein Alleinstehender mit 5.400 Euro Bruttogehalt profitiert mit etwa 34 Euro pro Monat. Dieses Modell umzusetzen ist allerdings schwierig, weil es die SPD-regierten Ländern im Bundesrat ablehnen.
Ostdeutsche lehnen Solisenkung ab
Deshalb haben FDP und CSU es ins Gespräch gebracht, den Solidaritätszuschlag zu senken. Steuerpflichtige zahlen heute 5,5 Prozent der Steuerlast zusätzlich, wenn man mehr als 972 Euro jährlich ans Finanzamt abführt. Würde der Soli halbiert, sparte damit gut drei Euro monatlich, wer einen Niedriglohn von 14.000 Euro versteuert, hat Olaf Schulemann vom Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler berechnet.
Bei 40.000 Euro zu versteuerndem Einkommen liegt die Ersparnis dann bei 20 Euro pro Monat. Nachteil: Unter anderem ostdeutsche Ministerpräsidenten lehnen die Solisenkung ab, weil sie auf das Geld angewiesen sind.
Bleibt als Ausweg die Stromsteuer. Pro Kilowattstunde Stromverbrauch zahlen Privathaushalte gegenwärtig 2,05 Cent. Würde diese Steuer halbiert, sänke die Stromrechnung für einen Durchschnittshaushalt um zwei bis drei Euro monatlich.
Was den Bürgern angenehm sein mag, hat für die öffentlichen Finanzen allerdings Nachteile. Joachim Truger vom Institut für Makroökonomie hat berechnet, dass Bund, Länder und Gemeinden durch die permanenten Steuersenkungen seit 2000 mittlerweile jährlich 51 Milliarden Euro verlieren. Würde der Staat über dieses Geld verfügen, könnte er auf die Neuverschuldung von rund 25 Milliarden Euro in 2011 verzichten.
Leicht entspannt sich die Lage dadurch, dass die Steuereinnahmen höher ausfallen als gedacht. Gegenüber der Steuerschätzung vom Frühjahr nimmt der Bund dieses Jahr 9,3 Milliarden Euro mehr ein, die Länder bekommen 6,3 Milliarden mehr, die Gemeinden 2,6 Milliarden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken