Koalition will Integrationskurse: De Maizière sucht 45 Millionen Euro
Gerne lobt der Innenminister die gut besuchten Integrationskurse. Nur: Das nötige Geld dafür hat er im Haushalt nicht einkalkuliert.
BERLIN taz | Eigentlich war sich die Koalition über die Wichtigkeit des Themas einig. „Die Integrationskurse haben sich bewährt“, heißt es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Mehr noch, die Regierungspartner geben ein Versprechen ab: „Wir wollen sie qualitativ weiter verbessern.“ Dabei dachten die Koalitionäre zum Beispiel an kleinere Kursgrößen und bessere Honorare für Lehrkräfte. Ebenso wollten sie die Teilnahme von Bürgern aus der EU weiter sichern.
Die Kurse, die aus dem Etat von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) finanziert werden, gelten parteiübergreifend als Erfolgsmodell. Und als schlichte Notwendigkeit: Denn es kommen so viele Zuwanderer nach Deutschland wie lange nicht. Wegen der Krise in Europa ziehen junge Spanier und Italiener auf Jobsuche hierher, Flüchtlinge aus Syrien und anderen Staaten suchen Schutz. Die Integrationskurse helfen ihnen allen, sich in Deutschland zurechtzufinden, etwa die Sprache zu lernen.
Laut Innenministerium gab es im Jahr 2012 rund 94.000 Teilnehmer, 2013 waren es schon 117.000 – ein Anstieg von rund 25 Prozent. De Maizières Haus geht davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt. Für die Jahre 2014 und 2015 würden „aktuell mindestens je 140.000 neue Teilnehmer erwartet“, schrieben die Beamten des Ministers Ende April in einer internen Mitteilung an den Haushaltsausschuss.
Allerdings: Zwischen der wohlwollenden Formulierung des Koalitionsvertrages und der Realität klafft eine Lücke. Denn woher das Geld für die nötigen zusätzlichen Kurse kommen soll, ist dem Innenministerium selbst nicht klar. Die Behörde geht von Mehrkosten von mindestens 45,6 Millionen Euro pro Jahr aus, schreiben die Experten in ihrer Notiz. Und räumen wenig später ein: Solch zusätzliche Mittel seien im Regierungsentwurf für den Haushalt 2014 nicht eingeplant. „Eine Etatisierung […] erfolgte bislang nicht.“
Offebarungseid für de Maizière
Das ist ein peinlicher Offenbarungseid für den Minister persönlich. Bei passender Gelegenheit betont er gerne, wie wichtig der Spracherwerb für eine gelungene Integration sei. Sein Bonmot: „Das Allerwichtigste ist Sprache, Sprache und nochmal Sprache.“ Und nun schafft er es nicht einmal, die Finanzierung für das entscheidende Instrument zu organisieren – und ein Wahlversprechen einzuhalten.
Bei der Opposition wird das entsprechend kommentiert. „De Maizière hat sich blamiert“, sagt dort Anja Hajduk, Haushälterin der Grünen. „Der Minister ist damit gescheitert, das Geld am Kabinettstisch auszuhandeln.“
Der CDU-Mann hat sich schlicht verkalkuliert. Er spekulierte lange auf einen Posten aus dem Sechs-Milliarden-Euro-Bildungspaket der Bundesregierung, auf welches mehrere Ressorts ein Auge geworfen hatten. Diese Mittel wurden von der Koalition vor gut einer Woche jedoch anders verteilt.
Peinliche Lücke im Haushaltsentwurf
Nun klafft eine peinliche Lücke im Haushaltsentwurf 2014, dessen letzte Details im Moment die Haushälter des Bundestages verhandeln. Die entscheidende Sitzung des Haushaltsausschusses wird bis in den späten Donnerstagabend hinein dauern – und die Zukunft der Integrationskurse klären.
Aus der SPD, der die Kurse sehr am Herzen liegen, gibt es Signale, dass eine Einigung wahrscheinlich sei. Dafür spricht, dass selbst die zögerliche Union daran interessiert ist – schließlich drohte einem wichtigen CDU-Minister sonst die nächste Blamage. Und: Eine Summe von 45,6 Millionen Euro ist klein genug, um sie durch Umschichtungen im komplexen Gesamtbudget doch noch herbeizuzaubern.
Für die Opposition wäre eine solche Finanzierung indes nur das Minimalprogramm. Das Versprechen der Koalition, die Teilnahme von EU-Bürgern zu sichern, „kann mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf nicht erfüllt werden“, kritisiert Linkspartei-Fraktionsvize Dietmar Bartsch. Die Fraktionen von Linkspartei und Grünen fordern deshalb in eigenen Anträgen, das Budget gleich um 90 Millionen Euro aufzustocken. Damit wollen sie es zum Beispiel auch Asylbewerbern ermöglichen, an den Kursen teilzunehmen.
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