piwik no script img

Klimawandel in der NordseeSchönes Wetter, lecker Thunfisch

Der Klimawandel sorgt für höhere Fischbestände und eine Zunahme des Artenreichtums. Überfischung bleibt trotzdem ein Problem in der EU.

Die Fischerlobby sieht auch die guten Seiten des Klimawandels Foto: dpa

Berlin dpa | Der Klimawandel bietet für die Fischereibranche aus der Sicht von Verbandsvertretern neben einigen Problemen auch Chancen. Zumindest mittelfristig sei mit einer Zunahme des Artenreichtums und des Fangpotenzials in den mittleren und nördlichen Breiten zu rechnen, teilte der Deutsche Fischereiverband mit. Bis zum Donnerstag berät die Branche beim Deutschen Fischereitag in Magdeburg aktuelle Herausforderungen. Schwerpunkt sind die Auswirkungen des Klimawandels. Die Deutsche Umwelthilfe forderte, die Überfischung einzudämmen und zahlreichen Fischbeständen Erholung zu ermöglichen.

Für die Hochseefischer sei positiv, dass wegen des Klimawandels einige wärmeliebende Fische vermehrt in der Nordsee anzutreffen seien, sagte der Verbandschef der Deutschen Hochseefischerei, Uwe Richter. Als Beispiel nannte er Sardinen oder Thunfisch. Vermehrten sich die Bestände dort weiter, könnten sie bald kommerziell befischt werden. In den nördlichen Breiten sorge der Klimawandel dafür, dass die Bestände von Makrele und Kabeljau mehr hergäben, sagte Richter.

Höhere Wassertemperaturen sorgen auch dafür, dass sich eingeschleppte Arten in deutschen Seen und Flüssen heimisch fühlen – vor allem die Chinesische Wollhandkrabbe oder der Signalkrebs. Für die Krabbe gebe es durchaus einen Markt, weil Asia-Restaurants sie gern verwendeten, hieß es vom Fischereiverband. Das sei aber höchstens eine Nische. Der sachsen-anhaltische Landesfischereiverband rief dennoch dazu auf, die eingeschleppten Krebse als Nahrungsmittel zu vermarkten.

Sogenannte invasive Arten einzudämmen und sie gleichzeitig als Nahrung zu nutzen, sei nachhaltig, argumentierte Verbandschef Detlef Thiele. Eingeschleppte Tiere haben meist keine natürlichen Fressfeinde, breiten sich schnell aus und bedrohen heimische Arten

Deutsche Umwelthilfe weist auf Überfischung hin

Gerade die Binnenfischer sehen hingegen vor allem Probleme mit dem Klimawandel. Fehlender Schnee und Regen in vielen Regionen sorgten für Wassermangel in Teichen, sagte Verbandsvertreter Bernhard Feneis.

Doch auch Feneis sieht positive Effekte der Klimawandeldebatte für seine Branche. „Es tut uns gut, dass die Bevölkerung sich mehr Gedanken macht.“ Heimischer Fisch wie Karpfen und Forelle werde gerade in der Direktvermarktung wieder häufiger nachgefragt, die Teichwirte könnten gute Preise verlangen. „Nachhaltigkeit ist immer dann gegeben, wenn man im eigenen Land produziert“, sagte Feneis.

Der Fischereiverband versucht seine gesamte Produktpalette als umweltfreundliche und eiweißreiche Alternative zu Fleisch anzupreisen. Die Produktion verbrauche viel weniger Wasser und verursache weniger CO2-Ausstoß, zählen die Verbandsvertreter auf. Zudem sei wildgefangener Fisch bis zu seinem Ende im Fangnetz frei.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zeichnet ein weniger freundliches Bild. 41 Prozent der Fischpopulationen in der Europäischen Union seien überfischt. „Die Überfischung zu beenden ist die einfachste Möglichkeit, unseren Fischpopulationen zu helfen und sie widerstandsfähiger gegenüber den Folgen des sich ändernden Klimas zu machen“, sagte DUH-Vertreter Ulrich Stöcker.

Die Verbraucher aßen zuletzt mehr Fisch. Rechnerisch kam jeder Deutsche voriges Jahr auf 14,4 Kilogramm und damit 300 Gramm mehr als noch 2017, wie das Fisch-Informationszentrum jüngst mitteilte. Beliebt sind demnach allerdings vor allem importierte Fische und nicht die heimischen Arten aus Nord- und Ostsee sowie Teichwirtschaft.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Es ist natürlich eine Ironie der Geschichte, dass der Mittelmeerfisch Dorade, der fantastisch auf einem Gemüsebett im Backofen gelingt, und die Chinesische Wollhandkrabbe mit ihrem aparten Geschmack nun offiziell heimische Nordseearten sind und ihr Genuß damit "nachhaltig". Da brauche ich mich dank Klimawandel nun gar nicht mehr umzustellen.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Die blumigen Prognosen von Lobbyisten des Fischereiverbandes zu Bestandsentwicklungen kann man in diesen Zeiten getrost sofort den Fischen vefüttern. Sie sind nichts wert

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Haben Sie bessere Daten als der Fischereiverband?

      • @rero:

        Was sind Sie persönlich bereit zu tun und auf was sind Sie bereit zu verzichten, um die Klimakatastrophe aufzuhalten?

  • Will anscheinend keiner kapieren, wohin das "Weiter-So" mit seiner Gewinnmaximierung unweigerlich führt.



    Grabstein-Inschrift für unseren verwüsteten Planeten: "Zu viel war nicht genug" (frei nach Volker Pispers).



    Tschüßßßß Erde als Lebensgrundlage für Menschen.

  • Ist doch super fürs Geschäft, der Klimawandel. Bin gespannt, wann an den Hängen der "grünen" Bergehalden an Rhein, Ruhr und Saar Wein angebaut wird. Die Bretter für die Fässer, nehmen wir dann von Köpfen der Fischerei-Lobbyisten!

  • Die Überfütterung der Menschen beenden!

    In Deutschland und anderen Industrieländern essen die meisten Menschen sehr viel mehr tierisches Protein, als es nötig ist und sogar mehr, als ihnen gut tut.