Klimawandel in Griechenland: Doppelte Herausforderung Wasserknappheit und Starkregen
Athen ruft den Wassernotstand aus. Die Stauseen leeren sich, die Wasserreserven schrumpfen. Zugleich regnet es in Teilen Griechenlands verheerend.
Die griechische Regierung hat den Wassernotstand ausgerufen. Betroffen sind der Großraum Athen, auch Attika genannt, sowie die Inseln Leros und Patmos, die zur Dodekanes-Inselgruppe in der Ostägäis gehören. Den entsprechenden Beschluss unterzeichnete am Freitagnachmittag der Athener Umwelt- und Energieminister Stavros Papastavros. In den Gebieten leben insgesamt 4,4 Millionen Menschen, das sind rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung von Griechenland.
Scheinbar paradox: Während der Ankündigung des Wassernotstands regnete es zu Füßen der Akropolis in Strömen – ein aktuelles Sinnbild für die Lage, in der sich Griechenland derzeit befindet. Tatsächlich leidet das Land unter einer Doppelproblematik: In einigen Teilen ist nach langer Dürre das Wasser knapp, weil die Grundwasserreserven schrumpfen, in anderen Teilen tritt immer wieder extremer Starkregen auf, der zu schweren Überschwemmungen, Zerstörungen und Stromausfällen führt. In diesem Sommer hat der Tourismus sehr darunter gelitten. In der nordwestgriechischen Region Epirus fiel alleine im November über 1.000 Millimeter Niederschlag – doppelt so viel wie in Berlin im ganzen Jahr.
Beide Extremwetterphänomene werden durch den Klimawandel verschärft. Denn die Erderhitzung führt nicht nur zu Dürren, wärmere Luft kann pro Grad Celsius auch etwa 7 Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Über dem Mittelmeer, das sich besonders stark erwärmt hat, verdunstet mehr Wasser, das dann als intensiver Niederschlag über Land abregnet. Treffen diese feuchten Luftmassen auf Gebirge, wie in Zentralgriechenland, wird der Regen noch verstärkt und auf begrenzte Gebiete konzentriert.
Anlass für die aktuelle Ausrufung des Wassernotstands sind die erheblich geschrumpften Wasserreserven in den Stauseen von Attika. Bis 2021 betrugen sie regelmäßig stabile 1,1 Milliarden Kubikmeter.
Ein Viertel weniger Niederschlag
Seitdem hat laut der Athener Wassergesellschaft EYDAP der Klimawandel zugeschlagen: Die jährlichen Niederschläge gingen hier um etwa 25 Prozent zurück, die Verdunstung nahm um 15 Prozent zu. Laut Berechnungen von EYDAP gingen die Wasserreserven für Attika zuletzt um etwa 40 Prozent im Vergleich zu 2021 zurück. Zugleich erhöhte sich der Verbrauch im Gesamtjahr 2024 um etwa 6 Prozent auf 410,13 Millionen Kubikmeter Wasser.
Die Füllmenge des Stausee Evinos ist auf einen historischen Tiefstand gefallen. Eigentlich fasst das Staubecken 137,6 Millionen Kubikmeter Wasser, aktuell sind dort aber nur noch 47 Millionen Kubikmeter zu finden. Der Stausee Mornos hat bei einem Fassungsvermögen von 747,6 Millionen Kubikmetern nur noch 175 Millionen Kubikmeter Wasser, Yliki verfügt aktuell über 163 Millionen Kubikmeter Wasser bei einem Fassungsvermögen von 551,5 Millionen Kubikmeter und der Marathonas weist 18 Millionen Kubikmeter Wasser bei einem Fassungsvermögen von 42,8 Millionen Kubikmeter Wasser auf.
Die jetzige Ausrufung des Wassernotstandes sei „die letzte Chance“ für den griechischen Staat und die Behörden, Projekte zur Bekämpfung der Wasserknappheit „schnell und entschlossen“ abzuschließen, bevor es dafür zu spät sei, so das Versorgungsunternehmen weiter. Obendrein sei schon jetzt „eine bewusste und verantwortungsvolle“ Nutzung der vorhandenen Wasserressourcen von Bedeutung.
Freiwilliges Wassersparen
Eine Rationierung oder verpflichtende Vorgaben gibt es damit aber noch nicht. EYDAP hat auf seiner Website lediglich detaillierte Tipps zum Wassersparen in den Privathaushalten veröffentlicht. Zuallererst: „Lassen Sie beim Haarewaschen, Zähneputzen, Rasieren oder Geschirrspülen den Wasserhahn nicht laufen.“
Zugleich haben anhaltende und stellenweise starke Regenfälle nicht nur am Freitag, sondern schon Tage vorher in Wellen fast ganz Griechenland heimgesucht. Sie begannen am Mittwoch in Westgriechenland, auf der Halbinsel Peloponnes und in Ostmakedonien und Thrakien und dauerten bis Samstag an, wo auch im Osten des Landes, einschließlich Athen, erhebliche Niederschlagsmengen gemessen wurden.
Wieder besonders betroffen: die Region Epirus. Hier verzeichneten die Messgeräte eine kumulierte Niederschlagsmenge von über 200 Millimeter. Dies verschärfte die ohnehin schon schwierige Lage in der Region noch weiter.
Notwendige Anpassung
Die Regierung in Athen unter dem konservativen Premierminister Kyriakos Mitsotakis hatte bereits im Oktober angekündigt, im Laufe des nächsten Jahrzehnts 2,5 Milliarden Euro in die einheimische Wasser-Infrastruktur zu investieren. Unter anderem sollen bis 2029 zwei Zuflüsse des Flusses Acheloos im Westen des Landes umgeleitet werden. Ferner sollen Brunnenbohrungen und Entsalzungsanlagen die Wasserversorgung verbessern.
Laut dem Athener Umweltministerium werden gegenwärtig auf mehr als 40 griechischen Inseln gut 150 Wasser-Projekte mit einem Investitionsvolumen von über 320 Millionen Euro umgesetzt. Klimaexperten fordern auch langfristige Strategien für Klimaresilienz. Besonders sei neben technologischen Lösungen und naturbasierten Ansätzen die gesellschaftliche Mitwirkung.
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