Klimawandel bedroht Winterspiele: Der Spielraum schmilzt
Die Anzahl möglicher Bewerber für die Olympischen Winterspiele wird sich drastisch reduzieren. Grund dafür ist die Erderwärmung.
Denn wenn die weltweiten CO2-Emissionen nicht schnell und drastisch reduziert werden, sind nur acht von 21 Olympiaorten aus den letzten Jahrzehnten kalt genug, um sich für die Wettkämpfe auch in den nächsten Jahrzehnten zu qualifizieren. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Universität von Waterloo in Kanada. Nur Wettkämpfe in hoch gelegenen Orten wie Albertville, Calgary, Salt Lake City oder eben Pyeongchang seien sicher. Austragungsorte wie Sotschi, Grenoble oder Garmisch-Partenkirchen dagegen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr Gastgeber sein können.
„Die Welt des Wintersports verändert sich, wenn sich die Atmosphäre erwärmt“, sagt Daniel Scott, Professor für Geografie und Umweltmanagement an der Universität Waterloo. „Die Elite-Athleten werden bei Training und Wettkampf Zeugen der Klimaveränderungen.“ Vor vier Jahren in Sotschi beschwerten sich die Langläufer über nassen Schnee und packten die kurzärmeligen Trikots aus. Skirennen auf Kunstschneepisten inmitten grüner und brauner Hügel sind nicht mehr ungewöhnlich.
Selbst wenn die Staaten der Welt Ernst machen und sich an die Regeln des Pariser Klimaabkommens halten, ist es für viele zu spät, haben die Forscher errechnet. Auch wenn sich die Emissionen bis 2050 deutlich verringern, biete das nur eine Chance für Orte wie Lillehammer oder Nagano. Ehemalige Olympiastätten wie Oslo, Squaw Valley oder Sarajevo dagegen müssen wohl auf die Spiele verzichten.
Anfang Februar mindestens 30 Zentimeter Schnee
Die Forscher aus Kanada und Österreich hatten schon vor vier Jahren mit einem ähnlichen Gutachten gewarnt: „Der Klimawandel bedroht die Olympischen Winterspiele.“ Denn das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die Maßgabe formuliert, Winterspiele nur an Orte zu vergeben, wo in neun von zehn Wintern Anfang Februar mindestens 30 Zentimeter Schnee liegen und es tagsüber friert.
Allerdings ist es überall wärmer geworden. Die durchschnittliche Tagestemperatur im Februar stieg an den Olympiaorten demnach von 0,4 Grad von 1920–1950 auf 7,8 Grad in der Periode 2000–2010. Und bis 2050 steigt die Durchschnittstemperatur in den Olympiastädten nach den Voraussagen der Klimamodelle noch einmal um mehr als zwei Grad Celsius.
Die Gefährdung der Sportstätten liege „auch daran, dass die Spiele in immer wärmere Regionen vergeben worden sind“, meinte Robert Steiger, Geograf an der Hochschule Management Center Innsbruck (MCI). Weil die Spiele zu Mega-Events für drei Milliarden TV-Zuschauer geworden sind, brauchen die Organisatoren Infrastruktur wie in den Metropolen Turin oder Sotschi.
Von 600 Skigebieten bleiben 400 übrig
Die Voraussagen der Forscher koppeln die Projektionen des UN-Klimarats IPCC mit den lokalen Wetterdaten. Sie passen auch zu anderen Prognosen, die langfristig in den Alpen das Ende der großflächigen Skigebiete unter 1.500 Metern Höhe voraussagen – laut einer Studie der OECD von 2007 bleiben bei einer Erwärmung um zwei Grad von etwa 600 Skigebieten nur circa 400 übrig. Selbst mit Kunstschnee kommen viele Orte an ihre Grenzen. „Auch wenn mit neuer Technik vielleicht mehr Schnee produziert werden kann, hilft das nichts, wenn er schmilzt“, sagte Steiger.
Die Winterspiele bemühen sich schon seit Nagano 1998 um ein grünes Image. In Pyoengchang berechneten die Organisatoren den CO2-Fußabdruck von Bau und Betrieb der Sportstätten. In dem Bericht „Carbon Responsible Games“ listen sie die Bilanz von 1,5 Millionen Tonnen CO2 auf, die durch den Kauf von grünen Zertifikaten ausgeglichen werden sollen. Zum ersten Mal gab es diesen CO2-Ausgleich 2002 in Salt Lake City. Vancouver kaufte für die Flüge der Zuschauer Zertifikate und auch Sotschi arbeitete an „klimaneutralen“ Spielen. Allerdings verhindern die Heimatländer dieser Skiorte – Japan, USA, Kanada, Russland – seit Jahrzehnten alle Fortschritte bei den UN-Klimaverhandlungen.
Südkorea ist zwar Weltmeister im ökologischen Investment öffentlicher Gelder. Die Mittel zur Überwindung der Wirtschaftskrise nach 2008 flossen zu 69 Prozent in „grüne“ Bereiche. Aber seine nationalen Ziele zur Reduktion von Emissionen hat das Land 2015 verwässert. Der Thinktank „Carbon Action Tracker“ nennt die koreanischen Pläne zum Klimaschutz daher „höchst unzureichend“.
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