Klimaschutz: Autofreie Sonntage an der Elbe
Will Hamburg Klimahauptstadt werden? Ein vertrauliches Papier des CDU-Senats legt das nahe. Die Bundesregierung beschließt in zwei Wochen ihre Klimaschutzziele.
HAMBURG taz Die Bundesregierung hält daran fest, ihre Klimaschutzziele bei der Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg vom 23. bis zum 24. August festzuschreiben. Die Beschlüsse würden mehr ökonomische Vorteile als Nachteile bringen, versicherte Kanzleramtsminister Thomas de Maizière in der Wirtschaftswoche. Allerdings müssten "die Ziele Klima, Preis und Sicherheit in einem ausgewogenen Verhältnis" bleiben, so de Maizière.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte die Union am Wochenende vor einer Blockadehaltung. "Es gibt Politiker bei CDU und CSU, die sich mal vertraut machen sollten mit den klimapolitischen Zielen ihrer eigenen Bundeskanzlerin", sagte der Niedersachse seiner heimischen Hannoverschen Allgemeinen. Warnungen von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) vor bis zu 70 Milliarden Euro Kosten wies Gabriel als "Horrorzahlen" zurück.
Unterdessen erwägt der Hamburger CDU-Senat, in der Elbmetropole als erster Stadt Deutschlands autofreie Sonntage einzuführen. Das geht aus dem internen Entwurf einer Drucksache zum Klimaschutz hervor, aus der am Wochenende erste Details durchsickerten. Das fertige Konzept will Bürgermeister Ole von Beust (CDU) in zwei bis drei Wochen präsentieren. Sein Sprecher Christof Otto erklärte gestern auf Anfrage, dass es behördenintern noch erheblichen Klärungsbedarf gebe: "Was an dem Entwurf noch geändert wird, ist zurzeit pure Spekulation."
In der 82-seitigen vertraulichen Drucksache, die der taz nord vorliegt, werden einschneidende Maßnahmen vor allem bei Verkehr und Wohnungsbau diskutiert. So sollen die U-Bahnen und Busse künftig häufiger fahren, zahlreiche Ampeln durch Kreisverkehre ersetzt und Fahrradwege saniert und ausgebaut werden.
An vier autofreien Sonntagen sollen die HamburgerInnen künftig "freiwillig" auf das Auto verzichten. An diesen vier Tagen soll die Benutzung von Bussen und Bahnen im Hamburger Verkehrsverbund gratis sein. Allerdings sei angesichts der "Mindereinnahmen" von etwa 200.000 Euro pro Sonntag "die Frage der praktischen Realisierung" noch zu klären, heißt es in der Drucksache. Auch zu fast allen weiteren Vorschläge fehlt noch der Finanzierungsplan.
Wer seine Häuser und Wohnungen saniert und energieeffizienter macht, soll dafür künftig eine höhere staatliche Förderung erhalten. Neubausiedlungen sollten möglichst dezentral aus Blockheizkraftwerken versorgt werden, schlägt das Papier vor. Der Einbau von Solar- und Photovoltaikanlagen auf Hausdächern soll gefördert werden.
Obwohl Hamburg im "Energiemix" mittelfristig auf einen höheren Anteil erneuerbarer Energien setzt, soll an zwei umstrittenen Technologien festgehalten werden: die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken und der Bau des von Vattenfall geplanten Steinkohlekraftwerks im Hamburger Hafen. In Bremen hingegen hatte der lokale Energieversorger SWB vorige Woche entsprechende Pläne zurückgezogen. Eine Fortführung des Projekts sei, so erklärte das Unternehmen, "wirtschaftlich nicht verantwortbar".
Die rot-grüne Opposition im Stadtstaat reagierte mit Skepsis. "Späte Einsicht nach jahrelangem Klimaschlaf" attestierte die grüne Fraktionschefin Christa Goetsch dem Senat. Allerdings bleibe das Papier in weiten Teilen noch "zu vage". SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann sieht die Ideensammlung "in krassem Widerspruch" zur bisherigen Politik des CDU-Senats. "Dieses Sammelsurium", hofft Naumann, "wird die Grünen nicht betören."
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